Schieber: Der neue Leihstürmer aus der Baumschule

9.7.2010, 00:00 Uhr
Schieber: Der neue Leihstürmer aus der Baumschule

© Zink

Vor knapp einem Jahr waren sie beim VfB Stuttgart alle sehr stolz auf sich. Man hatte sich gerade die fast schon traditionelle Vorrunden-Krise genommen, die teuren Stürmer Pogrebnjak, Cacau und Marica trafen das Tor nicht, Trainer Markus Babbel stand in der Kritik - und dann kam Hilfe aus der Baumschule.

Julian Schieber, gerade erst zum Twen geworden, traf beim Pokalspiel in Lübeck zwei Minuten nach seiner Einwechslung, in der Bundesliga-Partie in Frankfurt gelangen ihm zwei Tore, sein Smart parkte fortan neben den Limousinen der Stars. »Baumschule Schieber« stand auf den Türen, seine Eltern haben ihren Betrieb in Weissach im Tal - Unterweissach, Schieber selbst hat eine Ausbildung als Landschaftsgärtner begonnen, aber abgebrochen: Der Zeitaufwand wurde zu groß.

Der Erbe von Gomez und Kuranyi

Die Entscheidung schien im September 2009 goldrichtig: Stuttgart hatte nach Mario Gomez und Kevin Kuranyi sein nächstes Angriffstalent gefunden. Ob man nun wohl schon den dritten Stürmer in Folge in der Nationalelf unterbringen würde, fragte sich damals die Stuttgarter Zeitung.

Nun ja, Schieber hat es immerhin zum 1. FC Nürnberg geschafft, woran man erkennen kann, dass es nicht mehr ganz so schön weiterging für den Bundesliga-Anfänger. Babbel wurde irgendwann doch rausgeschmissen, es kam Christian Gross, die großen Stürmer trafen wieder. »Es gab für den Trainer keinen Grund, etwas zu ändern«, sagt Schieber. Für ihn selbst schon.

Ein Jahr hat ihn Stuttgart nach Nürnberg verliehen, danach soll ein erwachsen gewordener Schieber wieder zurück an den Neckar. Eine zu kurze Zeit, um sich an seine neue Umgebung zu gewöhnen, man wird in Nürnberg schnell argwöhnisch, wenn man das Gefühl hat, da würde sich einer nicht so recht mit seinem neuen Arbeitgeber identifizieren können? Keine Angst, sagt Schieber, »man kann auch in einem Jahr ein Gefühl für einen Verein entwickeln«.

Keine falsche Bescheidenheit

Er hat ja auch schon damit begonnen. »Ich sehe sportlich hier große Chancen«, sagt Schieber, um dann doch konkreter zu werden. Der Platz in der Sturmmitte dürfte es schon sein, bitte, notfalls könne man auch über einen Einsatz auf den Außenpositionen sprechen. Übermäßig bescheiden will er erst gar nicht wirken.

»Ausgeliehene Spieler dürfen hier spielen«, weiß Schieber unter anderem von Choupo-Moting, der in der vergangenen Spielzeit als ausgeliehener Spieler hier spielen durfte. Dass er in Nürnberg in einer Mannschaft spielt, die eher ganzjährig an den Vorrunden-VfB 2009 erinnert, ist dem 21-Jährigen egal: »Mein Ziel ist es 1. Bundesliga zu spielen, Nürnberg ist 1. Bundesliga« - also ist alles in Ordnung.

Baum pflanzen, Tore schießen

Noch mehr in Ordnung wäre es, wenn er irgendwann tatsächlich Stuttgarts nächster Nationalstürmer wird. »Ich bin erst einmal froh, dass ich den Sprung aus der Jugend zu den Profis geschafft habe, weiter denke ich nicht«, sagt Schieber. Falls es nicht klappt, hat Schieber immer noch die Möglichkeit, wieder heimzukehren nach Weissach im Tal - Unterweissach.

»Natürlich kann ich einen Baum pflanzen«, sagt Schieber. Er will es nur nicht mehr, das Leben als Fußball-Profi ist angenehmer. Man fährt dann zum Beispiel keinen Smart mehr, Schieber ist längst auf eine der Limousinen umgestiegen, wie man sie auf dem Parkplatz der VfB-Profis vornehmlich antrifft - ohne Werbeaufdruck.