Linde, Burchert und Funk

Die Fürther Torhüter kassierten 21 Gegentore mehr als statistisch erwartbar

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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28.5.2022, 09:51 Uhr
Gleich jubelt der Gegner wieder: Auch Winter-Zugang Andreas Linde konnte die Gegentor-Flut nicht immer stoppen.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink Gleich jubelt der Gegner wieder: Auch Winter-Zugang Andreas Linde konnte die Gegentor-Flut nicht immer stoppen.

Ein Ausflug in die Datenwelt ist aus Fürther Sicht sehr ernüchternd. Je tiefer man sich mit Statistiken beschäftigt, desto mehr Dinge fallen einem auf. In 34 Spielen hat das Kleeblatt 82 Tore kassiert, was mit Abstand der höchste Wert der Bundesliga ist. Nach den "expected Goals against" (xGA), den statistisch zu erwartenden Gegentoren, hätte die Spielvereinigung aber "nur" 61 Treffer kassieren müssen.

Den Gegnern gelangen also 21 Tore mehr als statistisch wahrscheinlich. Bei der Erhebung solcher Daten werden unter anderem der Ort des Abschlusses, der Winkel zum Tor oder die Zahl der Gegenspieler zwischen Schütze und Torhüter betrachtet. Eine solch hohe Diskrepanz zwischen Statistik und dem Ist-Wert gibt es bei keinem anderen Verein - im Gegenteil: Bei manch ehemaligem Konkurrenten der Fürther ist es genau andersrum.

Arminia Bielefeld hatte mit 53 Gegentoren die beste Abwehr im Abstiegskampf, nach xGA hätten es aber etwa 70 sein müssen. Der Tabellenvorletzte hat also 17 Treffer weniger kassiert als es statistisch zu erwarten war - was unter anderem auf Torhüter Stefan Ortega zurückzuführen ist, der lange extrem gut und somit die Arminia auch lange im Rennen um den Ligaverbleib hielt. Bei den "abgewehrten Schüssen" ist der Bielefelder zum Ende hin zwar auf Rang acht aller Bundesliga-Torhüter abgerutscht, liegt damit aber noch weit vor allen Fürthern.

Marius Funk, der das Kleeblatt in Richtung Ingolstadt verlassen wird, ist mit weitem Abstand Letzter in dieser Rangliste. Winter-Zugang Andreas Linde hat in seinen zwölf Spielen 39 von 62 Schüssen aufs Tor abgewehrt (62,9 Prozent), Sascha Burchert in seinen 14 Partien 46 von 72 Versuchen (63,9). Damit steht er in der Bundesliga auf Rang 16, dahinter folgen nur noch Hoffenheims Oliver Baumann (der trotzdem in die Nationalmannschaft berufen wurde), Stuttgarts Florian Müller, auf dem vorletzten Platz Andreas Linde und ganz unten Alexander Schwolow von Hertha BSC (58,7).

Diesen Fakt könnte man als gegeben hinnehmen - oder versuchen zu verstehen, warum die Fürther Torhüter weniger Bälle halten als andere. Journalist Sascha Felter, der früher selbst Torhüter war, erstellt auf Twitter regelmäßig eine "Keeperanalyse" der Bundesliga und spricht seit einem Jahr auch im gleichnamigen Podcast über Details des Torwartspiels. Linde habe beim 1:4 gegen Leverkusen vor einigen Wochen beispielsweise "wiederholt keine gute Position" gehabt. "Steht zu weit vorn und kann keinen Zwischenschritt oder sauberen Abdruck mehr machen", was bei "den Fürth-Keepern leider schon öfter in dieser Saison" vorgekommen sei.

Auch die anderen beiden Torhüter, welchen er "große Probleme in der Entscheidungsfindung" attestierte, hat der Experte immer wieder in seinen Analysen kritisiert. "Vielfach machten es sich sowohl Funk als auch Burchert schwerer als nötig", schrieb Felter in einem Beitrag für das Magazin "11 Freunde", "meist, weil sie zu überstürzt das Eins gegen Eins suchten oder bei Fernschüssen zu weit vorne standen und letztlich weniger Reaktionszeit bei den Schüssen zur Verfügung hatten".

Das sorgte dafür, dass das Kleeblatt, natürlich auch wegen schlechter Abwehrleistungen, viel mehr Tore kassierte als die Konkurrenz - und auch weitaus mehr als statistisch zu erwarten. Was ein überragender Torhüter ausmachen kann, zeigte Manuel Riemann. Der Bochumer hielt 73,7 Prozent aller Schüsse auf sein Tor und war einer der Garanten dafür, dass der VfL auch kommende Saison in der Bundesliga spielt.

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