Kolumne zum Kleeblatt

Laubenweg 60: Letzte Worte zum Abschied von Marc Schneider

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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18.10.2022, 11:00 Uhr
Fast immer gut gelaunt: Marc Schneider während einer Pressekonferenz.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, NN Fast immer gut gelaunt: Marc Schneider während einer Pressekonferenz.

Lieber Herr Schneider,

es fing so gut an. Nach dem ersten Training im Juni erzählten Sie sehr lange von sich, von Ihrer Familie, die natürlich auch nach Fürth kommen müsse. Vom Fußballverein, den Sie für Ihren Sohn suchen werden. Davon, dass Sie Ihre Tochter bislang nicht für dieses Spiel begeistern konnten.

In einer kleinen Sofa-Ecke am Trainingszentrum sprachen wir über Ihre Anfänge als Cheftrainer, damals wie heute. Sie erzählten, dass es Ihnen bei Ihrer Arbeit wichtig sei, jeden Spieler „wirklich als Menschen kennenzulernen“, herauszufinden, „welchen Rucksack sie aufhaben“, weil jeder Einzelne „seine Vergangenheit, die einen prägt“ habe.


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Es war ein äußerst harmonisches Gespräch, was nicht die schlechteste Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit zwischen Fußballtrainer und Journalist ist. Diese Beziehung ist im Profifußball ja doch oft eine angespannte und teils sogar von gegenseitiger Skepsis geprägte, weil Reporter manchmal seltsame Fragen stellen, weil sie nicht mal ansatzweise so viel von den taktischen wie sportlichen Feinheiten verstehen wie die Menschen, die tagtäglich auf dem Platz stehen.

In den Wochen danach sprachen wir trotzdem viel über Fußball, über Ihre Prinzipien, über das, was Sie verändern und wie Sie mit dem Kleeblatt erfolgreich sein wollen. Nach jedem Testspiel wieder, im Trainingslager auch noch mal sehr lange. Auch da immer wieder ein Gedanke: Das könnte wirklich gut werden.

Wurde es zunächst ja auch, gegen Basel, in Bern, bis auf das Ergebnis auch beim ersten Heimspiel gegen Kiel. Doch dann kam das Derby in Nürnberg. Was danach passierte, ist eines der unerklärlichen Mysterien des Fürther Fußballs. Denn anschließend wurde nur noch wenig gut – und vieles schlecht. Deshalb stand vor einem Monat in der Zeitung, dass es besser wäre, sich vom Trainer Marc Schneider zu trennen.


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Sie haben diesen Kommentar gelesen, wussten also, dass da jemand Ihre Entlassung gefordert hatte – und waren trotzdem noch sehr freundlich. Grüßten. Diskutierten. Erzählten nach dem Sieg gegen Paderborn, dass Sie sich ein Raclette (natürlich nur mit Schweizer Käse!) und einen guten Wein gönnen werden.

Doch weitere Feiertage gab es danach nicht mehr, weshalb es nun auch für die sportliche Führung des Kleeblatts unausweichlich war, sich zu trennen. So nachvollziehbar das sportlich ist, so schade, ja fast traurig ist es menschlich. Das Schöne am Leben als Kleeblatt-Reporter ist ja (auch), dass man sehr viele nette Menschen kennenlernen darf. Sie gehörten auf jeden Fall dazu. Deshalb wünsche ich Ihnen privat und beruflich alles Gute, lieber Herr Schneider.

Ihr Michael Fischer

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