Assistent von Marc Schneider

Mit dem Ohr an der Mannschaft: So tickt Fürths Co-Trainer Rainer Widmayer

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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21.6.2022, 17:40 Uhr
"Das macht mir richtig Spaß": Rainer Widmayer (rechts) gibt auf dem Trainingsplatz des Kleeblatts die Richtung vor.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink "Das macht mir richtig Spaß": Rainer Widmayer (rechts) gibt auf dem Trainingsplatz des Kleeblatts die Richtung vor.

Auf dem Trainingsplatz ist Rainer Widmayer nicht zu überhören. Mit deutlich vernehmbarem schwäbischem Idiom leitet der neue Co-Trainer des Kleeblatts viele Übungen an, dirigiert, kontrolliert und korrigiert. Immer wieder spricht der 55-Jährige mit den Spielern, lobt sie lautstark und macht auch mal Liegestützen, wenn die Mannschaft seine Erwartungen übertrifft.

An manchen Tagen redet er sogar mehr als Cheftrainer Marc Schneider, der sehr viel Zeit mit Beobachtungen verbringt. Abseits des Platzes aber ist Rainer Widmayer keiner, der das Rampenlicht sucht, keiner, der viel Wert darauf legt, öffentlich erwähnt zu werden. "Wichtig ist, dass die Jungs in den Schlagzeilen stehen", betont Widmayer, der ganz bewusst seit vielen Jahren Assistent ist - und nicht Cheftrainer.

"Loyalität ist das Wichtigste"

Nach seiner aktiven Karriere, an deren Ende er mit dem SSV Ulm unter Ralf Rangnick in die zweite Liga aufstieg, wurde er 2000 Co-Trainer bei der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart. Später war er mit Krassimir Balakov in der Schweiz beim FC St. Gallen, trainierte die Grashoppers Zürich, die TSG Hoffenheim sowie je zweimal Hertha BSC und den VfB Stuttgart. Zuletzt war er beim FC Schalke - und ist nach einer kurzen Auszeit seit Anfang Juni in Fürth.

"Ich bin jetzt seit 22 Jahren in dem Trainerberuf", sagt Widmayer, für den einen guten Assistenten vor allem eines auszeichnet: "Loyalität. Das ist das Wichtigste." Die Rolle als Chef hat ihn nie wirklich gereizt, auch wenn er natürlich vor vielen Jahren abgewogen hat, wohin ihn sein weiterer Weg führen soll. Er hat sich für die Rolle im Hintergrund entschieden, dafür, mit den Spielern zu arbeiten statt öffentlich vor vielen Kameras über sie zu sprechen. "Das macht mir richtig Spaß", sagt er. Und das sieht man auch jeden Tag wieder.

Auffällig ist, dass der 55-Jährige sehr positiv mit der Mannschaft spricht und sehr viel lobt, wenn etwas gut läuft. Rainer Widmayer hat schon viel erlebt und gesehen im Fußball, auch Trainer, die Spieler eher hart angepackt haben. Das aber ist nicht seine Art. "Wenn du immer negativ beäugt wirst, machst du als Spieler automatisch zu", sagt er. "Wenn du zu extrem bist, sind sie unsicher und haben Angst. Das ist nicht gut im Sport. Der Spieler muss mutig sein und soll auch mal risikoreich spielen, um den Unterschied auszumachen."

Deshalb sucht er ganz bewusst die Nähe zu den Spielern, um jeden einzelnen zu fördern. "Als Assistenztrainer bist du immer eher auf der Seite der Jungs", betont Widmayer. "Man muss reinhören, die Stimmung wahrnehmen, das Ohr an der Mannschaft haben und vertrauliche Dinge filtern. Das schaffst du nur, wenn du du selbst bist." Ein reiner Freund will er aber auch nicht sein. "Es gibt immer eine Linie", sagt er. "Wenn die überschritten wird, musst du eingreifen. Das gefällt einem nicht, denn es tut weh, einzuschränken. Um Erfolg zu haben, brauchst du aber Regeln, an die sich jeder halten muss."

Widmayer schwärmt vom Team

Mit der Erfahrung von mehr als zwei Jahrzehnten kann er den Charakter der Spieler schnell einschätzen. Nach zweieinhalb Wochen in Fürth schwärmt Rainer Widmayer außerordentlich von seinen Spielern. "Diese Mannschaft ist außergewöhnlich", sagt er, ähnlich hatte zuletzt auch Marc Schneider über seine Gruppe gesprochen. Die Arbeitsmoral ist hoch, auch derzeit im Trainingslager in Saalfelden - was Widmayer aber nicht verwundert. "Der Verein gibt solch ehrgeizigen Spielern eine Plattform", betont der Assistent, der sich als "zuverlässiger Zuarbeiter" bezeichnet. "Die Spielvereinigung wird auch nur Spieler verpflichten, die diese Mentalität von Haus aus mitbringen."

Diesen Spielern soll er auch vermitteln, wie es in der zweiten Bundesliga läuft. "Ich bin mit Hertha 2011 aufgestiegen, mit Stuttgart 2020 und als Spieler 1999 mit Ulm" erinnert er sich. "Ich hab schon ein gutes Gefühl für die zweite Bundesliga." Ein Aufstiegstrainer fürs Kleeblatt? Nein. "Für uns geht es darum, nach dem Abstieg anzukommen in der Liga, einen guten Flow reinzubringen und von Spiel zu spiel stabiler werden", sagt er. "Wir müssen uns erstmal neu beweisen, denn die anderen jagen dich jetzt, auch den einzelnen Spieler."

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