1:0 gegen Union Berlin

Wie ein typischer Aufsteiger: Das Kleeblatt erkämpft sich den ersten Heimsieg

12.12.2021, 20:25 Uhr
Ein Bild für die Ewigkeit: Das Kleeblatt hat tatsächlich ein Heimspiel in der Bundesliga gewonnen.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink Ein Bild für die Ewigkeit: Das Kleeblatt hat tatsächlich ein Heimspiel in der Bundesliga gewonnen.

Der Moment, an dem das vermeintlich Unmögliche möglich wurde, war ein überraschend stiller. Als der Schiedsrichter am späten Sonntagnachmittag zum letzten Mal pfiff und die Spielvereinigung endlich diesen ersten Heimsieg in der Fürther Bundesliga-Geschichte feiern durfte, da konnte mancher nicht mehr feiern. Zu anstrengend waren die vorangegangenen 93 Minuten, zu hoch war der Aufwand, den die Männer in Weiß-Grün gegangen waren, um sich diesen Moment zu verdienen.

Auf der Ersatzbank lagen sich Spieler, Betreuer und Physiotherapeuten in den Armen, oben auf der Tribüne jubelten die Verantwortlichen des Kleeblatts ausgelassen – doch auf dem Rasen war es still. Wie im gesamten, menschenleeren Stadion. Es war ein auf den ersten Blick seltsames Bild angesichts der Größe dieses Moments, auf den die Menschen in Fürth 118 Jahre lang gewartet hatten.

Mit den Tugenden eines Aufsteigers

Doch wer dieses Spiel gegen Union Berlin gesehen hatte, der war nicht mehr verwundert. Denn das Kleeblatt hatte sich dieses 1:0 (0:0) gegen Union Berlin nicht erspielt, sondern erkämpft. Mit einem leidenschaftlichen Auftritt. Mit viel Einsatz und enormem Aufwand. Mit den typischen Tugenden eines Aufsteigers, der das Kleeblatt lange nicht sein wollte in dieser Saison.

"Der Ansatz war klar", sagte Trainer Stefan Leitl, "wir wollten nicht so offen sein und nicht so hoch attackieren." Es war eine nachvollziehbare Herangehensweise nach den Ergebnissen der vergangenen Wochen, die dieser ohnehin schon verunsicherten Mannschaft auch den letzten Rest an Selbstvertrauen zu rauben schienen. 0:4. 3:6. 1:7. 17 Gegentore in drei Spielen.

Für das Spiel gegen die auch in dieser Saison so konstanten Unioner wählte Stefan Leitl deshalb eine andere Herangehensweise. Eine, die ihm als Freund des schönen Fußballs, des Fürther Flachpass‘, mit dem sie in die Bundesliga aufgestiegen waren, eigentlich zuwider ist. Seine Fürther sollten "über defensive Kompaktheit kommen, ohne das Spielerische zu vernachlässigen", betonte Leitl nach dem Abpfiff. Diese Übung gelang dem Kleeblatt im ersten Durchgang nicht so recht, defensiv stand das Kleeblatt zwar meist kompakt, spielerisch lief dafür aber nicht viel.

Weil auch Union nach dem Europapokalspiel am Donnerstag ziemlich uninspiriert auftrat, ging es nach 45 Minuten mit einem wenig ansehnlichen 0:0 in die Pause. Bedanken konnten sich die Fürther in der Kabine bei Sascha Burchert, der bei seiner Rückkehr ins Fürther Tor ein starkes Spiel ablieferte und in der Anfangsphase den bösen Fehler von Sebastian Griesbeck ausbügelte, der Max Kruse den Ball wegen eines technischen Fehlers vorgelegt hatte.

Nach Wiederanpfiff wurden die Spielvereinigung mit jeder Minute ein bisschen passiver, die Angst vor dem erneuten Scheitern schien die Spieler zu lähmen. Dann aber trat Kapitän Branimir Hrgota eine Ecke in den Berliner Strafraum, Havard Nielsen verschaffte sich mit viel Körpereinsatz ein bisschen Platz und drückte den Ball irgendwie über die Linie. 1:0 nach 56 Minuten.

Oder doch nicht? Die Unioner reklamierten sofort vehement und belagerten den Schiedsrichter, weil sie ein Foul des Fürther Torschützen gesehen hatten. Die Tormusik verstummte wieder – und alles schien erneut gegen das Kleeblatt zu laufen. "Ich hatte ein bisschen Angst", gestand Nielsen hinterher, "für mich war es aber kein Foul. Es ist normal, dass man im Strafraum mit den Händen arbeitet, die Verteidiger machen das auch. Deswegen war ich mir sehr sicher, dass das Tor zählt."

Es zählte tatsächlich, die Spielvereinigung führte, musste sich nun aber 35 Minuten lang den Angriffen der Berliner erwehren. Gleich der erste hätte beinahe zum Ausgleich geführt. Doch an diesem Nachmittag schien alles, was sonst gegen die Fürther lief, auf einmal für sie zu laufen.

Kurz nach dem Führungstreffer wehrte der starke Burchert einen Kopfball von Behrens sehenswert ab, auch danach hatten die Gäste viele Chancen, den Fürthern den Sieg zu klauen. Minuten wirkten in diesen Momenten für alle Fürther wie Stunden. Wie eine halbe Ewigkeit. Doch dann wurden sie erlöst – und konnten sich erstmal nicht so recht freuen. "Ein Sieg ist durch nichts zu ersetzen", sagte Stefan Leitl. "Es ist ein historischer Tag heute, aber es ist auch der 15. Spieltag und wir haben vier Punkte." Deshalb wollte auch der Fürther Trainer "nicht in Ekstase" verfallen, "ich kann das gut einschätzen".

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