Stufenplan: Große Breitensportvereine wollen öffnen

10.2.2021, 05:55 Uhr

Seniorensport, Gesundheitsfitness oder wie hier die Ballschule für Kinder beim TV 48 Erlangen: Das Angebot großer Breitensportverene geht oft weit über die klassischen Abteilungsangebote wie Fußball oder Volleyball hinaus.   © Foto: Roland Huber

Wenn Andreas Neugebauer über Zahlen spricht, wird einem schnell schwindlig. Knapp 3000 Mitglieder hat sein Post SV Nürnberg im Vergleich zum Vorjahr verloren, aus 18.000 wurden 15.000 Mitglieder. 600.000 Euro fehlen dem größten Breitensportverein Süddeutschlands allein dadurch. Nimmt man ausbleibende Eintritte wegen des Lockdowns und ausgefallene Kurse und Angebote hinzu, "kommen wir auf einen Einnahmeausfall von knapp einer Million Euro".

Düstere Aussichten also für den Verein, doch der Gedanke an die wärmeren Jahreszeiten treibt Neugebauer genauso wie viele andere Funktionäre an. Ideen für das Frühjahr und den Sommer gibt es viele. Beim TV 48 Erlangen hat man sich bereits überlegt, große Sonnensegel auf dem Vereinsgelände zu installieren, damit im Freien Sport getrieben werden kann, egal ob es regnet oder die Sonne herunterknallt. Der Post SV will alle freien Grünflächen nutzen, um dort Sport anzubieten.

18.000 statt 200.000 Euro

Werbung
Werbung

Nur wann diese Ideen zum Tragen kommen, weiß niemand. Nach monatelangem Lockdown fehlt es den Sportvereinen an einer Perspektive – und gerade für die großen wie den Post SV oder den TV 48 mit seinen einst 7000 Mitgliedern (inzwischen sind es 520 weniger) wird das zunehmend ein Problem.

Ihre Infrastruktur mit zahlreichen Sportanlagen muss finanziert werden – ob Sport stattfindet oder nicht. Die Einnahmen sind aber auf ein Minimum gesunken. Im Januar 2020 verzeichnete der TV laut Geschäftsführer Jörg Bergner noch Einnahmen in Höhe von 200.000 Euro, ein Jahr später waren es nur noch 18.000 Euro.

Überproportional viele Austritte

"Wenn wir in wirtschaftliche Schieflage kommen, sind Strukturen in Jugend- und Sozialarbeit gefährdet", sagt Bergner. "Wenn wir ums Überleben kämpfen, sind das die Dinge, an denen wir sparen müssen. Hinterher wird man das nicht mehr aufbauen können." Fürths zweitgrößter Verein nach der Sektion des Deutschen Alpenvereins ist der TV Fürth 1860. Während Erstgenannter 2020 keinen Mitgliederschwund zu verschmerzen hatte, schrillen bei den "60ern" die Alarmglocken. 243 verlorene Mitglieder von 3500 klingen nicht viel.

Doch dem Vorsitzenden Stefan Conrad macht vor allem die jüngste Entwicklung Angst: "Der jetzt nochmal verlängerte Lockdown hat dazu geführt, dass wir überproportional viele Austritte hatten: 35 allein im Januar. Man spürt, die Leute kommen an ihre Grenzen." Und der Verein auch. Nicht nur die Fixkosten für die Anlagen laufen weiter. Auch Einnahmen über Vermietungen an Schulen, Zoll und Polizei brachen ein.

240 Euro pro verlorenes Mitglied?

Wegen ihres "immensen gesellschaftlichen Nutzens" bräuchten die Großsportvereine "dringend Perspektive und Planungssicherheit". Um eine solche Perspektive zu bekommen, haben 14 große bayerische Sportvereine, darunter auch der ATV 1873 Frankonia aus Nürnberg, nun ein Papier vorgelegt. Es enthält zwei konkrete Forderungen: eine nach einer Corona-Sonderhilfe und eine nach einer konkreten Perspektive auf eine Öffnung der Sportstätten.

Als Förderung schlagen die Vereine eine Pauschale von 240 Euro für jedes verlorene und jedes nicht neu hinzugewonnene Mitglied vor. Denn das ist eines der Hauptprobleme: ohne Sportangebot gibt es kaum Eintritte in die Vereine. Andere Unterstützung wie etwa die November-Hilfen des Bundes greifen nicht richtig, weil dadurch etwa entgangene Mitgliedsbeiträge nicht ersetzt werden.

Kinder an erster Stelle

Doch das finanzielle Überleben der Vereine ist nur eine Seite. "Es wird in der Debatte zu wenig berücksichtigt, dass es nicht nur wirtschaftliche Schäden gibt, sondern massive persönliche gesundheitliche Schäden vor allem bei Kindern, Jugendlichen und Senioren", sagt Bergner. "Wir züchten eine Generation von bewegungsfremden Kindern heran."

Im Positionspapier steht deshalb das Ermöglichen von Outdoor-Sport für Kinder und Jugendliche an erster Stelle. Ab 1. März solle das bei einem Inzidenzwert unter 150 wieder erlaubt werden, fordern die Vereine. Die Größe der Gruppen solle sich daran orientieren, wie gut damit in der jeweiligen Sportstätte der Mindestabstand gewahrt bleiben könne.

Spätestens ab 12. April fordern die Vereine eine Rückkehr zum Breitensport, egal ob innen oder außen. Was möglich sein soll, bestimmt der Inzidenzwert, ab einem von unter 35 solle Sport ohne Einschränkungen möglich sein. Bei einem Wert zwischen 50 und 100 soll Sport in festen Trainingsgruppen kontaktlos und bei ausreichend Abstand möglich sein.