Mit.Menschen-Podcast

Trailrunner Marcel Höche über die Faszination der Berge, hartes Training und mentale Stärke

20.1.2022, 05:25 Uhr
Flach? Ist ihm zu langweilig. Trailrunner Marcel Höche bevorzugt technisch schwierigen Untergrund. 

© Ian Corless Flach? Ist ihm zu langweilig. Trailrunner Marcel Höche bevorzugt technisch schwierigen Untergrund. 

3500 Kilometer ist er im letzten Jahr gelaufen, "gar nicht so viel, wenn man es mit einem Marathonläufer vergleicht", findet Marcel Höche. Er spult seine Kilometer jedoch nicht nur im Flachen ab, es geht sprichwörtlich über Stock und Stein, Berge hoch und wieder runter. 35, 50 oder gar über 100 Kilometer.

Das erste Mal schnürte Höche seine Laufschuhe für seinen ersten Berufswunsch: Er wollte Berufsfeuerwehrmann werden. Der damals 14-Jährige, geboren in Bad Lauterberg im Harz, trainierte für den Aufnahmetest über zehn Kilometer. Doch das langte ihm schnell nicht mehr, es sollte weiter gehen, weg von der Straße, raus in die Natur. "Sich schnell in technischem Gelände zu bewegen, da, wo kein Verkehrsmittel, kein Fahrrad hinkommt, das fasziniert mich", sagt Höche.

Nur zwei Jahre später, mit 16 Jahren, startete er bei einem 100 Kilometer Benefizlauf in seiner Heimat. Bei 17 Stunden und 42 Minuten stoppte damals die Zeit. "Das hat zwar ganz schön lang gedauert, aber bei diesem Rennen habe ich Laufluft geschnuppert", erzählt er im Podcast Mit.Menschen. Von da an sammelte er Gipfel, Kilometer, Höhenmeter.

Nach seinem Umzug nach Nürnberg steckte er sich ambitioniertere Ziele, erhöhte sein Trainingspensum und startete bei Wettbewerben. Seitdem trainiert er bis zu zwölf Mal in der Woche, zwei Mal am Tag für mehrere Stunden, bei Wind und Wetter. Das A und O sei die Grundlagenausdauer, also "ewige Stunden bei relativ niedriger Belastung" zu laufen. Dazu kommen noch die Höhenmeter - die man in der Metropolregion nur an vereinzelten Stellen findet.

Die Konsequenz: Nach acht Jahren wechselte Höche seinen Job und zog in Alpennähe. Seitdem bestimmen steile Anstiege, sein bisheriges Manko wie er verrät, den Großteil seines Trainingsplans. Wie er neben einer 40-Stunden-Woche in einer Marketing-Agentur noch 20 Stunden Training auf die Reihe kriegt? "Ich frage mich eher, wie man so lange arbeiten kann, ohne so lang zu laufen" sagt er und lacht. Für ihn geht Arbeit und Training Hand in Hand. "Manchmal brauche ich das Laufen, um abzuschalten und an gar nichts zu denken, manchmal nehme ich mir eine Fragestellung aus der Arbeit mit und komme mit neuen Ideen und Lösungen zurück", sagt er.

Der Kopf, die mentale Stärke, spielt für Höche eine wesentliche Rolle beim Trailrunning. "Letzten Sommer war ich in einem richtigen Loch, konnte meine Leistung nicht abrufen, wie ich wollte, und musste mich da erst wieder rauskämpfen", erzählt er. Pünktlich zu seinem Saison-Highlight, dem Ultra-Trailrun in Kapstadt, platzte schließlich der Knoten. "Der Kopf war frei und die Beine fühlten sich genau so an, wie sie sein sollen", erinnert er sich. Und er wurde belohnt. Nach 35 Kilometern, 2000 Höhenmetern, drei Stunden, 34 Minuten und 25 Sekunden kam er als erster Läufer ins Ziel. "Das war ein unglaublich emotionaler Moment", wie er sagt.

Der Rennkalender für 2022 ist bereits gefüllt, in wenigen Wochen steht schon der erste Wettkampf an. An ehrgeizigen Zielen fehlt es Höche nicht: Beim OCC-Trail über 55 Kilometer am Fuße des Mont Blancs möchte er im August in die Top 20 laufen. "Wenn man dort mit der Weltelite an der Startlinie steht, weiß man, warum man das eigentlich macht. Dann zieht man auch diese eine Trainingseinheit durch, auf die man gar keine Lust hat."

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