TV Altdorf: Obenauf beim Bodenkampf

29.9.2009, 00:00 Uhr
TV Altdorf: Obenauf beim Bodenkampf

© Karlheinz Daut

Der große Tag begann für Natalie Sußner mit einer kleinen Katastrophe. 800 Gramm zu viel hatte sie auf der Waage. Also schlüpfte Sußner in drei Pullover, ging eine Runde Joggen und setzte sich ins Auto ihrer Trainerin Petra Pfaffl – bei eingeschalteter Sitzheizung. Nur, um Gramm für Gramm irgendwie noch herauszuschwitzen. Sie schaffte es und konnte beim ersten Zweitliga-Heimkampf der Altdorfer Judo-Frauen in ihrer Gewichtsklasse dabei sein.

Umzug in die Halle des Förderkreises

Aus Platzgründen waren die Altdorferinnen dafür in die Halle des Förderkreises umgezogen. Die Mannschaft und starke Helfer transportierten 196 Judomatten, fleißige Mütter hatten etliche Kuchen gebacken. Nur das Bild von Jigoro Kano, dem «Erfinder» des Judo, blieb im heimischen Dojo zurück: «Der ist da fest angeklebt, einen zum Transportieren haben wir noch nicht», verriet Herbert Eberlein, der Abteilungsleiter.

Also ging es für die 17 Kämpferinnen ohne Segen von Kano auf die Matten, dafür mit lautstarker Unterstützung der eigenen Mitkämpferinnen – und der rund einhundert Zuschauer. «Die meisten sind selbst Judoka, kennen sich also aus», sagte Eberlein. «Ippon», «Waza-ari», «Yuko» – nein, Japanisch spreche er nicht. «Ich kann nur diese Fachausdrücke.»

Im Bodenkampf wird geklammert, gezogen, gedrückt, gewürgt, gehebelt

Der Laie, der nicht mal die Fachausdrücke kann, ist etwas verloren: In sieben Gewichtsklassen wird gekämpft, viel öfter aber geht es an diesem Tag in den Ne-Waza, den Bodenkampf. Hier wird geklammert, gezogen, gedrückt, gewürgt, gehebelt. Da wird es undurchsichtig. Nicht für Eberlein: «Oben a bissla enger nehmen», ruft er nervös. Petra Pfaffl benötigt eine Minute für den ersten Sieg. Eberlein klatscht begeistert. «Die Petra hat als kleines Mädchen bei mir angefangen», sagt er stolz. Ein bisschen ein «Weichei» sei sie anfangs gewesen. Heute ist sie Vize-Weltmeisterin ihrer Altersklasse und trainiert mit ihrem Mann Klaus und viel Leidenschaft die Mannschaft.

Tränen der Enttäuschung fließen beim Verlierer

Die Gegner aus Oberhaid, die trotz zweier deutlicher Niederlagen (3:4, 2:5) am Ende gerade noch dem Abstieg entkommen, und die Gäste aus Ludwigshafen, denen Altdorf durch ein überraschendes 6:1 die Vizemeisterschaft vermasselt, sind am Ende die Verlierer. Es fließen Tränen der Enttäuschung. «Judo ist die härteste Kampfsportart», findet Eberlein.

Judo tut weh, manchmal noch nach dem Kampf. Die Sanitäter müssen trotzdem nur einmal eingreifen: Ein kleines Zuschauermädchen braucht ein Pflaster am Zeigefinger. «Die Mannschaft ist mit der tollen Unterstützung über sich hinausgewachsen», strahlt Petra Pfaffl, während sich ihre Schützlinge vor Freude über den erreichten vierten Ligaplatz in einem Jubelpulk verknäulen, der wieder ein bisschen aussieht wie Ne-Waza. Herbert Eberlein ist da längst am Hinterausgang, die Judomatten wieder in den Lkw einladen.