Ein Franke auf dem Norisring
Von der Konsole ins Auto: Dieser Forchheimer lebt den Motorsport-Traum
11.10.2021, 06:00 Uhr
Ein Auto? Hat Moritz Löhner nicht. Bis vor einem Dreivierteljahr fuhr der 22-Jährige einen Mazda 2, dann gab es einen kleinen Unfall. An diesem Wochenende saß Löhner dennoch mal wieder hinter einem Lenkrad und für den Forchheimer war das nicht weniger als der vorläufige Höhepunkt einer Laufbahn, die moderner nicht hätte verlaufen können. Die es so früher nie gegeben hätte. Die aber eigentlich viel ehrlicher, viel direkter, viel demokratischer ist, als es viele klassische Karrieren im Motorsport sind.
Löhner ist Pilot in der DTM Trophy, der Nachwuchsserie der großen DTM, obwohl er erst vor einem halben Jahr zum ersten Mal überhaupt in einem Rennauto saß. Angefangen hat alles auf einem Dachboden in Forchheim, wo Löhner nach der Schule seine Zeit damit verbracht hat, an der Konsole Rennspiele zu spielen. Gran Tourismo, Formel 1, solche Dinge. "Was mich aber am meisten fasziniert hat, waren die Simracer-Spiele", erzählt der 22-Jährige. Simulationen, die möglichst realistisch Autos und Strecken nachbilden. Auch den Norisring in Nürnberg, den er als Fünfjähriger mit seinem Papa zum ersten Mal besucht hatte, ist Löhner schon zigmal gefahren. Virtuell.
Aus Spaß wurde Ernst, als Löhner irgendwann an eSports-Meisterschaften teilnahm. "Ich habe dann gemerkt, ich bin ganz schnell und ganz gut." Er begann Geld zu verdienen mit seinen virtuellen Erfolgen, viel Geld. Bis ein Formel1-Rennstall auf ihn aufmerksam wurde. Williams eSports nahm Löhner vor drei Jahren unter Vertrag. "Da ging es dann richtig professionell los, mit monatlichem Gehalt und Bonuszahlungen und so weiter."
Als die DTM letztes Jahr eine eSports-Meisterschaft ausgeschrieben hat, war Löhner zur Stelle. Er nahm teil, er gewann, er durfte zur Belohnung eine Rennlizenz machen und eine Testfahrt im April. Dabei überzeugte er restlos, die DTM erkannte: Der Mann kanns nicht nur auf dem Dachboden in Forchheim, der Mann kann auch Auto fahren. Dann ging alles ganz schnell: FK Performance wurde auf ihn aufmerksam, wenig später fuhr er in der Trophy in seinem ersten Rennen auf Platz drei in Monza. "Das war
meine allererste Erfahrung im Rennbetrieb", betont Löhner und findet das im Nachhinein noch immer "ganz schön krass."
Auf dem Norisring lief es am Samstag zunächst ähnlich gut: Von Platz acht gestartet, hatte sich Löhner schnell auf Platz zwei vorgearbeitet - bis ihn ein Konkurrent an die Wand drückte. "Das Auto war kaputt und ich musste es abstellen. Ich war sehr traurig", sagt der 22-Jährige, der auch am Sonntag nicht ins Ziel kam. Und trotzdem: Den Norisring "zum ersten Mal auf der anderen Seite" zu erleben, "das ist ein krasses Gefühl."
Warum das alles so gut klappt? "Die Simulation bringt dir alles bei, was du wissen musst im Racing", so Löhner. "Du bist mental dabei, du weißt, dass du performen musst, dass du Druck hast." Lediglich wegen der im echten Auto wirkenden G-Kräfte muss der Forchheimer nun auch körperlich ein wenig trainieren, ansonsten seien 85 Prozent der Anforderungen identisch. Virtuell wie real. Den virtuellen Motorsport sieht Löhner als Job an, den realen als Hobby. "Du steckst Geld rein und bekommst nix raus." Noch nicht, denn natürlich hat Löhner das große Ziel, irgendwann als Werksfahrer für BMW, Mercedes oder Audi sein Geld zu verdienen. "Aber gut, das ist noch weit weg", sagt er noch. Erst einmal hat er sich ein neues Auto bestellt. "Etwas Sportliches."
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