Zeitpunkt, Pflichten, Bußgeld

So läuft der Wechsel auf Winterreifen rund

23.11.2022, 15:55 Uhr

In diesem Artikel:

Sicher, sparsam, langlebig: Diese Eigenschaften wünschen wir uns von Autoreifen. Damit die Reifen lange halten, müssen Fahrerinnen und Fahrer sie allerdings gut behandeln.

Wichtig ist auch, den richtigen Zeitpunkt für den Reifenwechsel oder einen kompletten Tausch zu erkennen. Marcel Mühlich, Fachmann beim Auto Club Europa (ACE) erklärt, was Sie dabei beachten müssen.

Das hängt von folgenden Punkten ab:

  • Reifenart
  • Jahreszeit
  • Alter des Reifens
  • Profiltiefe

Autofahrer haben die Wahl zwischen:

  • Sommerreifen
  • Winterreifen
  • Ganzjahresreifen oder Allwetterreifen

Das Gute an Ganzjahresreifen: Sie können sich das Wechseln der Reifen im Frühling und Herbst sparen. Allerdings sind Ganzjahresreifen laut Stiftung Warentest in der Anschaffung teurer, verbrauchen mehr Sprit, halten nicht so lange und sind nicht so sicher wie Winterreifen.

Langfristig gesehen werden die Mehrkosten für Ganzjahresreifen aber durch die anfallenden Kosten für die häufigeren Reifenwechsel in einer Werkstatt locker wieder ausgeglichen.

Dennoch wurden im Jahr 2021 in Deutschland am meisten Winterreifen verkauft (41 Prozent), so der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). Allerdings gewinnen Ganzjahresreifen an Bedeutung. Im Vergleich zum Vorjahr 2020 ist ihr Anteil noch einmal gestiegen - von rund 25 auf 27 Prozent.

Die BRV-Zahlen beziehen sich auf das Gesamtsegment Consumer - also auf Pkw-, SUV- und Leicht-Lkw-Reifen im Durchschnitt sowie auf die Produktgruppe Pkw-Reifen. Aber gebe es große regionale Unterschiede.

Das zeigen auch Zahlen des Vergleichsportals Check24 für das Jahr 2021: Im Norden waren Ganzjahresreifen demnach beliebter als im Süden. So lag der Anteil der verkauften Ganzjahresreifen in Bayern und Thüringen etwa bei 18 Prozent. In Hamburg war hingegen mehr als jeder zweite verkaufte Reifen ein Allwetterreifen (61 Prozent).

Die alte Faustregel für den Reifenwechsel lautet "O bis O" - an Ostern die Winterreifen runter und im Oktober wieder rauf. Doch das gilt nur noch ganz grob.

"Das war vor den Zeiten des Klimawandels", sagt Mühlich. "Zumal manchmal Ostern recht früh im Jahr liegt und es noch zu winterlich sein kann für einen Wechsel auf Sommerreifen. Dann sollten die Winterreifen drauf bleiben."

Auch regional kann es Temperaturunterschiede geben oder Schwankungen beim Wetter: "Ein plötzlicher Wintereinbruch ist im Herbst und im Frühjahr denkbar. Deshalb ist es schwierig, einen genauen Zeitpunkt für den Wechsel zu nennen", sagt Mühlich.

Der technische Hintergrund: Winterreifen haben eine weichere Gummimischung, da mehr Kautschuk beigefügt wird. "Somit bleiben sie auch bei kälteren Temperaturen geschmeidig und haften besser auf der Fahrbahn", erklärt Mühlich. "Das Mischungsverhältnis der Gummimischung ist von den Herstellern in der Regel so gewählt, dass Winterreifen unter 7 Grad Celsius und Sommerreifen über 7 Grad Celsius optimal sind."

Daher lautet der Experten-Tipp: Liegen die Temperaturen bei über 7 Grad, brauchen Sie Sommerreifen. Fallen die Temperaturen unter 7 Grad, ist es Zeit für Winterreifen.

Ein Wechsel der vier Räder in der Werkstatt ist schon ab 20 Euro möglich. Zum Teil können Kosten für das Material sowie das Auswuchten der Räder hinzukommen - etwa 12 bis 32 Euro für vier Räder.

Natürlich müssen Sie Ausgaben für das Einlagern der Räder einplanen, wenn Sie diese nicht in der eigenen Garage aufbewahren. Die Preise sind unterschiedlich. Fragen Sie direkt in der Werkstatt nach.

Generell besteht in Deutschland eine situative Pflicht für Winterreifen. Das heißt, der Gesetzgeber legt kein genaues Datum für den Wechsel auf Winterreifen fest.

Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) beschreibt vielmehr die Witterungsbedingungen, bei denen Sie wintertaugliche Reifen brauchen:

  • Glatteis
  • Schneeglätte
  • Schneematsch
  • Eisglätte
  • Reifglätte

Wintertaugliche Reifen können Winterreifen, Allwetterreifen oder runderneuerte Reifen mit Alpine-Symbol sein - also dem Piktogramm mit Schneeflocke und Berg.

Bis zum 30. September 2024 sind außerdem noch Reifen mit der Kennzeichnung "M+S" für den Winter zugelassen, sofern die Pneus bis Ende 2017 produziert wurden.

Übrigens: Sind die Reifen nicht an die Wetterlage angepasst, dürfen Autofahrer das Fahrzeug nicht benutzen. "Es ist aber durchaus erlaubt, sein Fahrzeug mit Sommerreifen irgendwo zu parken", sagt Mühlich.

Hat ihr Fahrzeug bei einem Wintereinbruch keine Winterreifen drauf, lassen Sie das Auto lieber stehen. Sonst droht ein Bußgeld.

Das kann übrigens auch der Halter bekommen, wenn er die Fahrt mit Sommerreifen bei Schnee angeordnet oder zugelassen hat, erklärt Mühlich. Dann sind ein Bußgeld von 75 Euro und ein Punkt möglich.

Sollten die Reifen abgefahren sein, dann gilt nach Angaben des ACE-Experten: "Das Bußgeld beträgt etwa 60 Euro und der Fahrer bekommt einen Punkt in Flensburg."

Das können Sie ganz einfach an zwei Punkten erkennen:

Reifenalter

  • 6 Jahre: Ab sechs Jahren sollten Autofahrer Sommer- und Winterreifen jährlich überprüfen lassen, rät Mühlich vom ACE.
  • 8 Jahre: Winterreifen sollten laut ADAC nicht älter als acht Jahre sein.
  • 8 bis 10 Jahre: Der Kauf neuer Sommerreifen ist nach acht bis zehn Jahren nötig. Sollte die Überprüfung aber bereits nach sechs Jahren zeigen, dass die Reifen spröde sind, müssen Sie diese logischerweise früher austauschen, so Mühlich.
  • 10 Jahre und älter: "Sind Reifen älter als zehn Jahre, ist Schluss", sagt der ACE-Fachmann. Grund: Das Material eines Reifens kann mit der Zeit aushärten. Dadurch können sich der Grip und die Bremseigenschaften verschlechtern. Daher sollten Sie die Reifen austauschen - auch, wenn das Profil noch in Ordnung ist.

Übrigens: Das Alter des Reifens erkennen Sie an der DOT-Nummer. Die finden Sie am Reifen selbst.

Profiltiefe

In Deutschland ist ein Restprofil von mindestens 1,6 Millimetern vorgeschrieben. Weniger ist gesetzlich nicht erlaubt.

Allerdings sind die empfohlenen Werte aus Sicherheitsgründen höher: "Reifen sollten eine Profiltiefe von mindestens 4 Millimetern haben, insbesondere bei winterlichen Verhältnissen. Bei starkem Regen können sie bei unter drei Millimetern ins Aquaplaning geraten", so Mühlich.

Wichtig hierbei: Die Tiefe immer im Hauptprofil messen - nicht wie oft üblich außen am Reifen.

Dabei hilft ein Trick: Nehmen Sie eine Ein-Euro-Münze. Der Goldrand der Münze ist genau drei Millimeter breit. Verschwindet er im Profil, reicht dieses noch aus. Ist der Goldrand sichtbar, sollten Sie den Reifen austauschen. Noch genauer messen Sie mit einem Trick, den Fachmann Mühlich verrät: Stecken Sie ein Reifenprofil-Messer in mehreren Rillen bis auf den Grund und lesen Sie die Werte ab.

Es gibt verschiedene denkbare Varianten. Nicht alle sind sinnvoll.

  • Sommer- und Winterreifen: "Ein Mix zwischen Sommer-, Winter- und Ganzjahresreifen ist zwar nicht verboten, allerdings ist davon dringend abzuraten", sagt Mühlich.

Dadurch könnte es etwa Probleme beim Bremsen geben. Mühlich erklärt: "Sommer- und Winterreifen haben bei gleichen Umweltbedingungen eine unterschiedlich gute Haftung auf der Fahrbahn. Somit kann bei einer Gefahrenbremsung beispielsweise das Fahrzeug nach links oder rechts ziehen." Denn Mischbereifung verändert immer den Bremsweg.

  • Alte und neue Reifen: Werden nur zwei alte Reifen ausgetauscht, rät Mühlich: "Die neuen Reifen gehören immer hinten drauf!"
  • Stahl- und Alu-Felgen: Unterschiedliche Felgen sind zwar möglich, etwa aus Stahl und Alu. Aber auch hier ist es für das Fahrverhalten besser, wenn Sie einen einheitlichen Satz Felgen kaufen. Denn: "Unter Umständen können unterschiedlich schwere Felgen das Fahrverhalten negativ beeinflussen", erläutert Mühlich.

Wer Reifen richtig behandelt, hat länger Freude daran - und kann Geld sparen und Sicherheitsrisiken minimieren. Zeigen Reifen Risse, Beulen oder Wölbungen, sollten Sie damit auf keinen Fall mehr fahren.

Noch Tipp vom ADAC: Räder spätestens alle 10 000 Kilometer achsweise tauschen!

Damit die Reifen möglichst lange halten und Sie Verschleiß vermeiden, sollten Sie auf ein paar Dinge achten:

1. Fahrverhalten:

Der Reifenabrieb hängt laut BRV mehr von diesen Faktoren ab als von der Fahrgeschwindigkeit:

  • Brems- beziehungsweise Beschleunigungsanteil
  • Topographie der Strecke
  • Kurven-Anteil der Strecke
  • Fahrbahnoberfläche

Das Fahrverhalten des Einzelnen hat also einen maßgeblichen Einfluss auf den Reifenverschleiß.

Michael Schwämmlein, Geschäftsführer Technik beim BRV, erklärt: "Werden Reifen beispielsweise nur auf der Autobahn mit konstanter, auch hoher Geschwindigkeit und auf guter Fahrbahn gefahren, halten sie viel länger als bei Fahrten in Mittelgebirgen mit Steigungen und Gefälle sowie vielen Kurven und rauer Fahrbahnoberfläche."

2. Hindernisse: Autofahrer sollten sie möglichst umfahren. "Auf die Bordsteinkante sollten Sie langsam und in einem stumpfen Winkel hochfahren - idealerweise im 90-Grad-Winkel", empfiehlt Mühlich.

3. Reifendruck: Der Reifendruck sollte nicht zu hoch sein. Pralle Reifen verschlechtern den Fahrkomfort. Schlappe Reifen erhöhen wiederum den Spritverbrauch, außerdem verschleißen sie schneller und unregelmäßig, warnt die Stiftung Warentest.

Tipp: Laut BRV sollten Fahrer regelmäßig den Reifenfülldruck überprüfen und auf die Anzeige der Reifendruckkontrollsysteme (RDKS) achten. Diese überwachen während der Fahrt den Reifendruck und warnen Fahrer über eine Leuchte im Armaturenbrett, wenn der Luftdruck abfällt. "Allerdings liegt die Warnschwelle hier bei 20 Prozent Unterluftdruck, weshalb eine regelmäßige Reifendruckprüfung in der Werkstatt nicht entfällt", sagt Schwämmlein.

Anders als die Reifen können Autofahrer die Räder durchaus selbst montieren. Dafür brauchen sie aber das richtige Werkzeug: einen Drehmomentschlüssel, ein Radkreuz und einen sogenannten Rangierwagenheber. Denn der Wagenheber aus dem Bordwerkzeug ist nur ein Notbehelf, erklärt der ACE.

Was müssen Sie beim Radwechsel beachten?

  • Sie brauchen genügend Platz und der Untergrund muss eben sein.
  • Handbremse anziehen.
  • Bei Automatik den Hebel auf "P" stellen.
  • Beim Schaltgetriebe den ersten Gang einlegen.
  • Alle Schrauben eines Rads mit dem Radkreuz erstmal nur lockern, aber dabei niemals fetten oder ölen.
  • Den Wagenheber richtig ansetzen (siehe Bordbuch des Autos).
  • Das Auto anheben, bis die Räder den Boden nicht mehr berühren.

Der ACE gibt dann folgende Tipps:

  • Die Schrauben ganz lösen.
  • Nun das Rad von der Achse nehmen.
  • Position mit Kreide markieren, etwa "HR" für "hinten rechts".
  • Das neue Rad auf die Achse heben.
  • Die Schrauben per Hand leicht andrehen.
  • Erst dann mit dem Radkreuz fester drehen - am besten über Kreuz, damit sich das Rad dabei nicht verkantet.
  • Ist ein Rad getauscht, den Wagen wieder runterlassen.
  • Am Boden das Rad am besten mit dem Drehmomentschlüssel festschrauben. So wenden Sie exakt die erforderliche Kraft auf. Im Bordbuch steht, mit wie viel Drehmoment Sie anziehen dürfen.
  • Am Ende den Reifendruck überprüfen.
  • Nach 50 bis 100 Kilometern Fahrt die Schrauben überprüfen und mit dem Drehmomentschlüssel nachziehen.

ACHTUNG: Ist der Wagen aufgebockt, niemals Arme, Beine oder den ganzen Körper unter das Auto legen - selbst dann nicht, wenn es zusätzlich gesichert ist. Die Sicherheit sollte immer vorgehen. Im Zweifel lieber die Fachwerkstatt beauftragen.