Gut vorbereitet

So schützen Sie Ihr Haus vor Überflutung

1.11.2022, 12:31 Uhr

In diesem Artikel:

Starkregen kann überall vorkommen. Er flutet selbst Häuser, die nicht an Flüssen oder Hängen stehen. Mit Faktenwissen und einer guten Vorbereitung sind Sie und Ihr Haus für den Ernstfall gewappnet.

Hochwasser kommt an vielen Flüssen regelmäßig vor. Die Häuser in der Nähe von Überflutungsgebieten sind daher oft besser geschützt als andere.

Wer dazu nähere Informationen sucht, kann den Hochwasser-Check des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) machen: Man gibt seine Wohnadresse ein und erhält eine Gefahrenbewertung basierend auf Ereignissen der Vergangenheit vor Ort.

Wo Flüsse aktuell Hochwasser führen oder Sturmfluten an den Küsten drohen, zeigen regionale Seiten der Bundesländer und das länderübergreifende Hochwasserportal mit einer interaktiven Deutschlandkarte.

Doch Überflutungen kommen nicht allein durch hohe Pegelstände von Gewässern zustande. Es reicht schon ein heftiges Sommergewitter, und Wassermassen pressen sich urplötzlich durch die Straßen. Sie laufen in Häuser, die noch nie zuvor geflutet wurden - selbst am Hang und auf dem Berg. Das Problem hat einen Namen: Starkregen.

Dabei fällt in kurzer Zeit so viel Regen, dass weder der Boden noch die Kanalisation den Regen aufnehmen kann. Das Wasser sucht sich andere Wege - durch Straßen oder aus der überfüllten Kanalisation hoch über Abflüsse in Keller und Erdgeschosse. Mancherorts schwellen eigentlich harmlose Bäche zu reißenden Flüssen an.

Wie stark eine einzelne Immobilie betroffen ist, hängt entscheidend von ihrer Lage ab. Zwar zeigt eine DWD-Studie mit Niederschlagsdaten von 2001 bis 2020, dass Starkregen überall in Deutschland auftreten kann. Von den Folgen besonders betroffen sind aber vor allem Städte und Siedlungen wegen der vielen bebauten Flächen.

Auch hierfür bietet der GDV online eine Gefahrenbewertung an: den Naturgefahren-Check. Diese Analyse enthält Angaben zu den betroffenen Gebäuden der Region im vergangenen Jahr und gibt Aufschluss über die Summe der teuersten Schäden.

Das Jahr 2021 war ein Ausnahmejahr. Bundesweit entstanden 12,7 Milliarden Euro an versicherten Naturkatastrophenschäden, etwa an Häusern, Hausrat, Betrieben und Kraftfahrzeugen. Das zeigen die Zahlen des GDV. Für die Versicherer war 2021 damit das Jahr mit den bislang teuersten Naturkatastrophenschäden in Deutschland.

Vier Bundesländer traf es besonders schwer: Mehr als 90 Prozent der Schäden fielen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg an. Verantwortlich für die Schäden waren das verheerende Sturmtief "Bernd", Hagel und andere Unwetter.

Zum Vergleich: Das langjährige Mittel liegt bei 3,8 Milliarden Euro pro Jahr. Im Jahr 2020 haben die Versicherer für Beschädigungen durch Sturm, Hagel und weitere Naturgefahren wie Starkregen in Deutschland rund 2,5 Milliarden Euro geleistet. Damit war 2020 ein Jahr mit vergleichsweise wenigen Vorfällen.

Am besten ist es, schon beim Neubau oder bei Sanierungen einen entsprechenden Schutz zu integrieren. Auf moderate Starkregenfälle und die daraus entstehenden Überflutungen kann man sein Haus aber auch noch kurzfristig vorbereiten - und somit besser schützen.

Das raten Experten bei entsprechenden Wettervorhersagen:

  • Strom abschalten

In den Räumen, die am ehesten geflutet werden können - etwa im Kellergeschoss - sollten elektrische Geräte und auch die Heizung vom Stromnetz genommen werden. Wenn der Ernstfall eintritt, den Sicherungsschalter für das gesamte Haus umlegen.

Denn wenn es im Wasser zu einem Kurzschluss kommt, ist das später beim Aufräumen eine tödliche Gefahr. Und hindert einen daran, schnell reagieren zu können. Bevor die überfluteten Räume betreten und wenigstens ein paar Sachen gerettet werden können, müssen dann erst Feuerwehr oder Energieversorger gerufen werden.

Wichtig zu wissen: Selbst Sicherungen, die normalerweise vor elektrischen Schlägen schützen, sind meist nicht mehr wirksam, nachdem sie mit Wasser in Berührung gekommen sind. Darauf weist die Initiative Elektro+ hin, ein Zusammenschluss der Elektrobranche.

  • Rückstauklappen kontrollieren

    Wenn zu viel Regen fällt, kann die Straßenkanalisation die Wassermassen nicht mehr aufnehmen. In der Folge drückt das Wasser durch die Abflüsse von unten ins Haus. Eine Rückstauklappe, die mancherorts sogar vorgeschrieben ist, verschließt dann schützend die Rohre. Die Funktionsfähigkeit der Klappen sollte man bei einer entsprechenden Wetterwarnung noch mal überprüfen, rät das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Übrigens: Die Klappe lässt sich in vielen Fällen nachrüsten.

  • Gefahrstoffe zuerst wegräumen

Auch wenn man sich verständlicherweise auf das konzentrieren möchte, was einem am Herzen liegt - etwa die geliebten Fotoalben zu retten -, sollte man sich zuerst um potenzielle Gefahrenherde kümmern.

So sollte man in den am meisten bedrohten Räumen alles herausräumen, was möglich ist. Das gilt besonders für Gefahrstoffe wie Benzin und Öl, Pflanzenschutzmittel, aber auch Farben, so das BBK. Diese sollten nicht ins Wasser gelangen. Passiert das doch, muss die Feuerwehr zur Beseitigung anrücken.

Dazu gehört auch, dass der Tank für Heizöl gegen Auftrieb gesichert sein muss. Notfalls sollte er an der Wand verankert oder mit Ballast beschwert werden.

Ein einfacher Tipp ist auch das grundsätzliche Umräumen des Kellers: Viele Gegenstände können ein paar Zentimeter Wasser durchaus überleben. Sie sollten aber nicht direkt auf dem Boden, sondern auf höher gelegenen Regalen stehen. Das gilt auch für Elektrogeräte, die etwa auf Podesten stehen können.

  • Das Haus von außen absichern

Sandsäcke schützen das Haus bei geringen Überschwemmungen der Straßen. Sie kommen vor Türen, Fenster und Schächte. Auch Schalbretter, wasserfeste Sperrholzplatten und Silikon zum Abdichten tun gute Dienste. In Orten mit einer Überflutungsgefahr etwa durch Flüsse und Bachläufe ist es sinnvoll, diese Dinge im Haus zu haben.

Wirkungsvoller sind mobile Schutzwände, die ohne größere Vorlaufzeiten vor die Eingänge eines Gebäudes gesetzt werden.

Prof. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, empfiehlt sie Menschen in Regionen, die häufiger von Hochwasser betroffen sind. Sie werden im Idealfall bis zum ersten Stockwerk an allen Öffnungen angebracht.

Das wichtigste ist die eigene Sicherheit. Sind alle Menschen außer Gefahr, sollte man – so schwer es auch fällt – abwarten. Das heißt schweren Herzens auch nicht mehr zu versuchen, lieb gewonnene Habseligkeiten aus Räumen voller Wasser zu retten.

"Wenn dann das Wasser gegen eine zugefallene Tür drückt, kommt man nicht mehr heraus und kann im eigenen Keller ertrinken", warnt Alexander Küsel, Leiter der Schadenverhütung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Auf gar keinen Fall darf man mit Wasser gefüllte Räume betreten, bevor nicht klar ist, dass die Hauptsicherung der Stromversorgung ausgeschaltet ist. Die Initiative Elektro+ warnt: In der Nähe überfluteter elektrischer Anlagen kann Lebensgefahr bestehen.

  • Strom ausschalten

Hier gilt noch mal: Erst den Strom abstellen - und damit das Leben der Bewohner und der Helfer retten.

  • Schäden dokumentieren und begutachten lassen

Nicht direkt mit dem Aufräumen anfangen, denn die Schäden müssen für die Versicherung dokumentiert werden, bevor man sie beseitigt. Häufig ist es sogar besser, vor oder bei der Schadensbeseitigung Experten wie Statiker und Bausachverständige um Rat zu fragen.

Manchmal vergrößert man den Schaden durch das Abpumpen des Wassers sogar. Wenn Wasser und Schlamm zum Beispiel durch die Bodenplatte eingedrungen sind, kann diese dabei beschädigt worden sein und die Standsicherheit des gesamten Gebäudes gefährden.

Gegebenenfalls ist es dann sogar ratsam, den Keller zu fluten, erklärt Gebbeken. Wobei der Sachverständige beruhigt: Nicht jeder Riss im Boden oder in den Wänden gefährdet gleich die Standsicherheit.

  • Schlamm schnell entfernen

Wenn das Wasser abgepumpt ist, muss es unter Umständen doch schnell gehen. Der restliche Schlamm muss entfernt werden, bevor er trocknet und dann hart wie Beton wird, sagt Gebbeken.

  • Elektrogeräte prüfen

Um Elektroinstallationen wieder sicher nutzen zu können, sollte man diese nach den ersten Aufräumarbeiten überprüfen und wenn nötig reparieren lassen, rät die Initiative Elektro+.

Betroffene können sich dafür an einen Elektrofachbetrieb oder den örtlichen Energieversorger wenden. Erst danach sollte man die Anlage wieder in Betrieb nehmen.

Was man nicht vergessen sollte: Wer eine Solaranlage mit Batteriespeicher betreibt, sollte diesen keinesfalls selbst wieder in Betrieb nehmen, wenn der mit Wasser in Berührung gekommen ist. Auch durchnässte Haushaltsgeräte sollte man ohne vorherige Trocknung, Reinigung und fachgerechte Prüfung nicht wieder einschalten. Auch hier besteht die Gefahr eines elektrischen Schlags.

  • Räume trocknen

Nun gilt es, die Räume zu trocknen. Dafür eignen sich Trocknungsgeräte, die man sich etwa in Baumärkten ausleihen kann. Es handelt sich dabei in der Regel um Lufttrockner. Diese sind durchaus sinnvoll, so die Einschätzung des Sachverständigen Gebbeken.

Die Ingenieurkammer-Bau NRW empfiehlt, zusätzlich normale Ventilatoren einzusetzen, um den Luftaustausch in den Räumen zu erhöhen. Außerdem wird den Trocknungsgeräten immer wieder feuchtere Luft aus anderen Räumen zugeführt. Währenddessen sollten die Fenster geschlossen bleiben.

Bei versteckten Baumaterialien sollte man auf Nummer sicher gehen und Folgeschäden wie Schimmelbildung vermeiden, indem man einen Profi beauftragt. Gerade das Trocknen von Estrich und Trockenbauwänden kann heikel sein. Das gilt auch für die Trittschalldämmung. Hier muss Gebbeken zufolge eventuell ein Experte einen Bohrkern entnehmen, um den Zustand zu beurteilen.

Betroffene sollten dafür sorgen, dass Tragwerke eines abgedeckten Daches und verkleidete Holzdecken vollständig trocknen können, rät Gebekken. Sonst könnten sich schwere Folgeschäden an der Tragekonstruktion bilden.

Materialien mit poröser Struktur wie Pressspan, Gipskartonplatten oder Putz, auf denen sich Schimmel bildet, können nicht ausreichend getrocknet und gereinigt werden. Sie gehören leider auf den Müll.

  • Möbel erhalten

Möbel mit glatter Oberfläche lassen sich nach dem ersten Abwischen gut mit 70-prozentigem Ethylalkohol desinfizieren. Dabei sollte der Raum gelüftet werden. Und man sollte nicht rauchen oder andere Feuer entzünden - sonst herrscht Explosionsgefahr, so die Verbraucherzentrale NRW.

Wächst auf feuchtem Holz sichtbarer, aber nur oberflächlicher Schimmel, kann man versuchen, das betroffene Stück zu retten - indem man es abschleift. Den Staub sollte man dabei nicht einatmen. Daher empfiehlt sich das Tragen einer FFP2-Maske. Eine andere Möglichkeit ist, den Staub direkt abzusaugen.

  • Polster und Kleidung waschen

Polster, Kleidung und andere Textilien lassen sich oft gut in der Waschmaschine reinigen. Am besten wird Vollwaschmittel eingesetzt, weil das eine hohe Waschwirkung bietet. Anschließend sollten die Textilien gut trocknen können.

Manches ist zu viel des Guten: So braucht man etwa kein Desinfektionsmittel für nasse Textilien einsetzen. Diese Mittel töten zwar Pilze und Bakterien ab, entfernen aber keinen Schimmel.

Und selbst abgetötete Keime können weiterhin Geruchsstoffe und gesundheitsschädliche Substanzen freisetzen, heißt es von der Verbraucherzentrale NRW. Außerdem werden beim einfachen Auftragen von Desinfektionsmitteln auf nassen Geweben die Keime gar nicht ausreichend erreicht.

  • Bücher retten

Bücher lassen sich theoretisch retten - allerdings nur mit sehr hohem Aufwand. Die Verbraucherzentrale NRW empfiehlt, jede nasse Seite von oben und unten mit einem dünnen Tuch zu bedecken und mit einem Bügeleisen darüber zu gehen - auf kleiner Hitzestufe und ohne Bedampfung. Eine Methode, um zumindest die liebste Lektüre zu retten.

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