Menschenverachtend

Judenhass und Witze über Vergewaltigung: Böhmermann veröffentlicht rechtsextreme Polizeichats

Anton Dietzfelbinger

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Isabel Pogner

Online-Redaktion

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30.9.2023, 11:05 Uhr
Jan Böhmermann hat rechtsextreme und rassistische Chats von Polizisten veröffentlicht.

© IMAGO/Future Image Jan Böhmermann hat rechtsextreme und rassistische Chats von Polizisten veröffentlicht.

In der jüngsten Ausgabe des TV-Magazins "ZDF Magazin Royale" hat Jan Böhmermann Chatausschnitte der Frankfurter Polizei veröffentlicht, die rassistisch, behindertenfeindlich, rechtsextrem, misogyn und schlicht menschenverachtend sind. Neu sind die zwar nicht, allerdings gab es für die Beamten bislang kaum Konsequenzen.

Dem Team des "ZDF Magazin Royale" liege der komplette Chat vor, sagt Böhmermann. Der fängt vermeintlich harmlos an, mit "Happy Birthday"-Nachrichten am 20. April. Doch niemand aus der Gruppe hat an diesem Tag Geburtstag. Bilder danach machen deutlich, wen die Gruppe meinte: Adolf Hitler.

Judenhass und Vergewaltigungsfantasien

Darauf folgen Memes, also Bilder mit einer Bemerkung dazu, die sich über den Holocaust lustig machen. Beispielsweise ein Foto, das getötete Juden vor einem Konzentrationslager liegend zeigt, mit der Beschriftung: "Das war wohl zu viel des Juden". Einige weitere Beispiele verharmlosen ebenfalls den Holocaust und machen sich über die getöteten Menschen lustig. Und Bömermann fragt: "Ist das nun Kunst, oder ist das strafbar?"

Dann präsentiert Böhmermann rassistische "Memes", allerdings zensiert. Sie reproduzieren rassistische Beschimpfungen und spielen mit dem N-Wort. Über Trisomie 21, eine Behinderung, machen sich die Polizisten lustig, indem sie ein Bild verschicken, auf dem ein kleines, behindertes Kind zu sehen ist, das ertrinkt. "Help! I'm downing!" steht dabei. Auch das Thema Flucht greift die Gruppe auf. Etwa mit einem Bild mit bewaffneten Soldaten, unter dem steht: "So sollten Asylanträge begrüsst werden".

Der Text über einem Foto von Klebeband-Rollen schlägt vor: "Macht aus einem 'NEIN, NEIN, NEIN' ein sinnliches 'MMM, MMM, MMM'" - damit verharmlost der Polizist Vergewaltigungen. Auch andere Bildchen zeigen deutlich, dass die Chatmitglieder das Thema Vergewaltigung eher lustig als problematisch finden. Woraufhin Böhmermann die Frage aufwirft: Was, wenn ein Vergewaltigungsopfer zum Polizeirevier 1 in Frankfurt kommt und einem dieser Beamten gegenübersteht?

Konsequenzen für die Chatter?

Das Landeskriminalamt Hessen stufte 211 der 1619 Nachrichten als strafrechtlich relevant ein, erklärt das "ZDF Magazin Royale". Die Staatsanwaltschaft wirft den Chatteilnehmern zahlreiche Straftaten vor: "Volksverhetzung, das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, die Beschimpfung religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse, der Besitz sowie die Verbreitung pornografischer Schriften und Darstellungen von Gewalt." Trotzdem ließ das Landgericht Frankfurt die Anklage im Februar 2023 nicht zu. Die Inhalte seien nicht verbreitet worden, außerdem handele es sich um Meinungs- und Kunstfreiheit. Dagegen hat die Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt und ein Hauptverfahren gegen die Chatmitglieder gefordert. Ob es zu einem Prozess kommt, ist unklar.

"Bis heute stand kein Mitglied der Chatgruppe deswegen vor Gericht", erklärt das "ZDF Magazin Royale". Nachdem die Chats bekannt wurden, wurden fünf besonders aktive Polizistinnen und Polizisten vom Dienst freigestellt. Bezahlt werden sie laut "ZDF Magazin Royale" aber weiterhin - seit fünf Jahren. "Das macht rund eine Million Euro bedingungsloses Grundeinkommen", rechnet Böhmermann vor.

Das "ZDF Magazin Royale" hat gemeinsam mit "FragDenStaat" den gesamten Chatverlauf rekonstruiert. Nachlesen kann man ihn hier.