Zwei Kriterien identifiziert

Bamberger Forscher: So schaffen es Konzerne, langfristig zu überleben

6.7.2022, 12:37 Uhr
Apple ist einer der 500 untersuchten US-Konzerne.

© IMAGO/Thomas Trutschel/photothek.de, IMAGO/photothek Apple ist einer der 500 untersuchten US-Konzerne.

Zwei Forscher aus Bamberg wollen gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus dem spanischen Castellón de la Plana herausgefunden haben, was zumindest US-Konzernen ihr langfristiges Überleben sichert.

"Bisher haben Forschende ausschließlich Firmen aller Altersstufen untersucht, angefangen bei Start-ups. Sie betonten, dass für den Unternehmenserfolg individuelle Merkmale wie Unternehmensgröße oder Wachstumspotenzial entscheidend seien", erläutert Studienleiter und Professor Mishael Milaković in einer Pressemitteilung der Uni Bamberg. "Wir haben zum ersten Mal bewusst einen Fokus auf langlebige Firmen gelegt. Und langfristig kommt es überraschenderweise gar nicht auf Individualität, sondern auf zwei Gemeinsamkeiten an", so der Lehrstuhlinhaber für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Internationale Wirtschaft.

Zwei branchenübergreifende Kennwerte

Laut der Studie haben die untersuchten Unternehmen einerseits eine langfristige Gesamtkapitalrendite von durchschnittlich rund neun Prozent. Andererseits beträgt ihre langfristige Profitabilitäts-Schwankungsbreite nicht mehr als sechs Prozent jährlich - und zwar branchenübergreifend, außer im Bankwesen.

Was bedeuten diese beiden Kennwerte? Die Kapitalrendite gibt Auskunft, wie effizient ein Unternehmen sein Kapital einsetzt, um Gewinn zu erzielen, heißt es in der Mitteilung der Uni Bamberg. Eine Firma, der 100 Millionen Euro Kapital zur Verfügung stehen und die damit neun Millionen Euro Gewinn pro Jahr erzielt, erwirtschaftet eine Kapitalrendite von neun Prozent.

Die zweite entscheidende Kennzahl ist die Schwankungsbreite, die besagt, wie stark die Kapitalrendite eines Unternehmens schwankt. Beträgt sie langfristig nicht mehr als sechs Prozent im Jahr, scheint dies bei entsprechender Kapitalrendite von neun Prozent ausreichend zu sein, um langfristig am US-Markt zu bestehen.

Andere Zahlen für Deutschland

"In dieser Studie haben wir uns auf die USA konzentriert", wird der Bamberger Lehrstuhlinhaber Milaković zitiert. Mit Methoden der statistischen Physik hat das Forschungsteam die 500 langlebigsten US-Konzerne untersucht, darunter Apple, Procter & Gamble und Johnson & Johnson. Die Firmen sind alle mindestens 25 Jahre alt.

"Mittlerweile haben wir auch erste Zahlen aus Deutschland, Frankreich und Japan ausgewertet, die deutlich niedriger als in den USA ausfallen", so Milaković. Warum die Durchschnittswerte in diesen drei Ländern geringer sind, ist noch nicht erforscht. In Deutschland liegen die Kapitalrendite und deren Schwankungsbreite bei langlebigen Konzernen wie VW, Siemens oder Bayer circa ein Drittel unter denen in den USA, in Japan sogar unter der Hälfte der US-Werte.

Somit können es sich langlebige deutsche oder japanische Konzerne scheinbar zwar erlauben, langfristig eine geringere Kapitalrendite zu erwirtschaften, dafür darf ihre Profitabilität weniger stark schwanken als bei US-Konzernen.

Historischer Blick

Momentan untersucht der Lehrstuhl von Milaković, ob die gewonnenen Erkenntnisse auf die Vergangenheit zutreffen. "Nach unseren vorläufigen Auswertungen kann man unsere Ergebnisse auf sehr lange Zeiträume übertragen – sowohl in den USA als auch in Deutschland", sagt der Professor. "Die Kapitalrendite und deren Schwankungen bleiben für langlebige Konzerne sogar in globalen Krisenzeiten sehr stabil, beispielsweise in der ‚Langen Depression‘ der 1870er Jahre oder in der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2009."

Einzig während der "Großen Depression" der 1930er habe es deutliche negative Abweichungen in der Kapitalrendite großer Konzerne gegeben, die ansonsten historisch überraschend stabil geblieben sei. Die Forschenden rechnen damit, weitere Ergebnisse voraussichtlich 2023 veröffentlichen.

Info: Die Studie mit dem Titel "Survival and the Ergodicity of Corporate Profitability" (Mishael Milaković, Philipp Mundt, Simone Alfarano) wurde im Mai 2022 in der Fachzeitschrift "Management Science" veröffentlicht.

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