Der lange Weg zur Verkehrswende

12.3.2019, 19:47 Uhr
Der lange Weg zur Verkehrswende

© Foto: ZB-Funkregio

 Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist eine Erfolgsgeschichte. Seit zwei Jahrzehnten wächst die Zahl der Fahrgäste kontinuierlich. 2018 stiegen hierzulande 10,4 Mrd. Menschen in Busse, Tram- und U-Bahnen.

Für die Mobilitätskonzepte der Zukunft mit weiter wachsenden Städten und zunehmenden Pendlerströmen spielt der ÖPNV damit eine zentrale Rolle, mit Blick auf die Klimaschutzziele und die Diskussion um die Luftreinhaltung soll er auf Basis regenerativer Energien elektrifiziert und ausgebaut werden.

In den Augen von Professor Arnd Stephan ist dieses Ziel zwar längst gesellschaftlich akzeptiert und wird auch von der Politik stark propagiert, die tatsächlichen Herausforderungen an elektrische Verkehrskonzepte aber übersehen. "Die Menschen glauben, Batterien erzeugen Strom", so der Inhaber des Lehrstuhls für elektrische Bahnen an der TU Dresden. Der Ausbau des Elektroverkehrs "ist jedoch kein Fahrzeug-, sondern ein Infrastrukturthema", das in die Stadtplanung mit eingebunden werden müsse.

Konzepte für einen Energienetz-Ausbau in den Städten, ohne die eine umfassende ÖPNV-Erweiterung in den Kommunen nicht möglich ist, fehlten aber immer noch. Ebenso wie ein Plan für die engere Abstimmung und Verzahnung der Sektoren Verkehr und Energie. "Zentrales Thema ist die elektrische Infrastruktur, mit der sich aber keine Gewinne erzielen lassen werden", so Stephan. Dazu kommen langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue U- und Straßenbahnstrecken oder auch Oberleitungs-Buslinien und vor allem eine ungenügende Finanzausstattung. "Für mehr Elektroverkehr brauchen wir eine langfristige Planung mit langem Finanzierungsvorlauf."

Dass am Ende alles am Geld hängt, um aus hochfliegenden Visionen für die Mobilitätswende in Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen, weiß man auch bei den Verkehrsbetrieben.

Absage an kostenlosen ÖPNV

Mit Blick auf die schon jetzt dringend notwendigen Kapazitätserweiterungen mit entsprechender Umrüstung von Betriebshöfen und zusätzlichem Personal sei deshalb eine Diskussion um ein 365-Euro-Jahresticket oder sogar den kostenlosen ÖPNV nur wenig hilfreich, so der VAG-Technikvorstand Tim Dahlmann-Resing auf dem 8. Forum Bahntechnik, das vom CNA (Center for Transportation & Logistics Neuer Adler) und dem Verband der Elektrotechnik (VDE) in Nürnberg veranstaltet wurde. Zumal bislang nicht geklärt worden sei, wie eine Gegenfinanzierung aussehen soll, wenn die zuletzt rund 13 Mrd. Ã an Fahrgeldeinnahmen im deutschen ÖPNV ganz oder teilweise für den Betrieb fehlen.

Zuerst gelte es, das Angebot gezielt zu erweitern, um mehr Menschen transportieren zu können und dabei eine entsprechende Qualität sicherzustellen, so Dahlmann-Resing. Ebenso warnte Michael Rüffer als Geschäftsführer Technik und Betrieb bei der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main davor, das Pferd von hinten aufzuzäumen und die Herausforderungen des täglichen Betriebs zu vernachlässigen. Die Zeitenwende im ÖPNV wird kommen, aber wohl nicht so schnell, wie es sich viele wünschen, sagten sowohl Rüffer als auch Dahlmann-Resing.

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