Geldhäuser ohne Berührungsängste: Sind Fintechs die Zukunft?

23.10.2018, 08:10 Uhr
Die Nürnberger Versicherungsgruppe will sich mit ihrer Ideenschmiede in Gostenhof für die digitale Zukunft rüsten.

© CodeCamp:N Die Nürnberger Versicherungsgruppe will sich mit ihrer Ideenschmiede in Gostenhof für die digitale Zukunft rüsten.

Einen Hinweis darauf, wer hinter der Firma CodeCamp:N steckt, gibt der Tisch-Kicker: "Nürnberger Versicherung" prangt auf der Seite des Spielgeräts, das zwischen Leder-Sitzecke, langer Holztafel und Küche steht. Ansonsten deutet wenig darauf hin, dass die junge Firma im Nürnberger Stadtteil Gostenhof eine 100-prozentige Tochter der traditionsreichen Nürnberger Assekuranzgesellschaft ist. Eine Mischung aus Wohnraum und Arbeitsplatz soll der große Raum gleich hinter der Eingangstür zum Fintech-Unternehmen – zusammengesetzt aus den Worten Finanzen und Technologie – sein.

"Wie kommen wir an digital affine Kunden heran?" Diese Frage hat die Nürnberger Versicherungsgruppe umgetrieben. Auch deswegen hat sie die Tochter CodeCamp:N gegründet. Die soll nicht nur die Antwort auf diese Frage liefern, berichtet Martin Seibold, im Vorstand der Nürnberger für Informatik, Betriebsorganisation und Digitalisierung zuständig. Zugleich löst CodeCamp:N ein anderes, ebenso drängendes Problem: Gerade eine traditionsreiche Versicherung gilt bei Nachwuchskräften nicht unbedingt als hip. Wie also lassen sich Entwickler rekrutieren? Eine Möglichkeit: Mit Hilfe einer Tochterfirma.

Ein junges Team

Im September 2017 ging CodeCamp:N an den Start. Die aktuell rund 30 Beschäftigten - die wenigsten von ihnen älter als 30 Jahre - sollen zum einen über Produkte nachdenken, die die Nürnberger Versicherung einführen kann und ist als Softwaredienstleister unterwegs. Zum anderen entwickelt das Fintech-Unternehmen Angebote für Finanzdienstleister jenseits des Mutterkonzerns. Derzeit arbeite sein Team an insgesamt fünf Projekten, berichtet Geschäftsführer Martin Pluschke, der mit seinen 45 Jahren fast als Firmen-Methusalem durchgeht. Dabei dreht es sich zum Beispiel darum, Kunden den Überblick über ihre Finanzen zu ermöglichen und ihnen zu zeigen, wie ein vergleichbarer Personenkreis mit Geld umgeht. Auch die umfassende Regelung des Nachlasses sei ein Thema.

Stefan Schindler, Vorstandschef der Sparda-Bank Nürnberg, setzt schon lange auf Kooperation mit Fintechs. Berührungsängste zu den jungen Firmen kennt er nicht. Und er sieht sie auch nicht als Bedrohung. Denn er ist überzeugt: Sein Geldhaus kann von der Innovation der Fintechs profitieren. Die wiederum brauchen alteingesessene Banken. Denn diese hätten Zugang zu vielen Kunden - und genössen deren Vertrauen.

Innovationen und neue Wege

Was hat die Kooperation der Sparda-Bank bisher gebracht? Die Fintechs haben die Legitimationsüberprüfung bei dem genossenschaftlichen Institut erleichtert. Die digitale Unterschrift wurde eingeführt. Es gibt eine App, mit deren Hilfe sich Kunden im Handel mit Bargeld versorgen können. Außerdem sind Überweisungen per Foto möglich. Und dann gibt es noch den Robo-Advisor: Die Maschine übernimmt die Anlageberatung.

Die Liste der Felder, auf denen Banken - die Sparda-Bank ist hier nicht alleine unterwegs - neue Wege beschreiten, lässt keinen Zweifel: Die Digitalisierung verändert die Finanzbranche ganz massiv. Ob dabei die Fintechs tatsächlich die "Game Changer" sind, wie es der Filmtitel des Branchenbeobachters Armin Bieser suggeriert, dessen Dokumentation die Diskutanten vorher angesehen hatten? Bankchef Schindler geht einen Schritt weiter. Denn hinter den Fintechs verberge sich ein grundlegender Strukturwandel. Dieser wiederum lässt ihn die Frage stellen: "Wie viel Bank sind wir eigentlich noch in fünf bis zehn Jahren?"

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