Fake-Fleisch

Genuss ohne Tierleid: Ist das Labor-Fleisch eine echte Alternative?

Michelle Schreiber

8.5.2022, 17:30 Uhr
Fleisch ohne Tierleid - sind Hühnermuskelfasern aus der Petrischale die Lösung?

© Tobias Hase/dpa/dpa-tmn Fleisch ohne Tierleid - sind Hühnermuskelfasern aus der Petrischale die Lösung?

In Singapur kann man schon seit Januar vergangenen Jahres Chicken Nuggets aus der Petrischale kaufen. Das Produkt soll sich laut Hersteller geschmacklich nicht vom herkömmlichem Fleisch unterscheiden. Das US-Unternehmen Eat Just, von denen die Chicken Nuggets stammen, spricht von einem Durchbruch in der Lebensmittelindustrie. Aber ist das Labor-Fleisch von Rind, Schwein, Huhn und Co. tatsächlich eine gute Alternative zur vorherrschenden Massentierhaltung?

Weniger Massentierhaltung

Der große Vorteil von in-vitro-Fleisch liegt darin, dass Fleischgenuss ganz ohne die vielen Nachteile der Massentierhaltung erzeugt werden können. Kein Tier müsste mehr direkt leiden, um später auf dem Teller zu landen. Nicht nur die Schlachtung könnte vermieden werden, sondern auch die katastrophalen Lebensbedingungen von Nutztieren.

Aber auch fürs Klima kann das Labor-Fleisch Erleichterung bringen: In Deutschland gehört die Massentierhaltung neben Klärwerken und Mülldeponien zu einem der größten Methangasproduzenten. Das Treibhausgas stoßen unter anderem Kühe in großer Menge bei der Verdauung aus. In der Atmosphäre sorgt das Gas dann dafür, dass sich die Erde weiter aufheizt.

Hoher CO2-Ausstoß

Allerdings lässt sich durch in-vitro-Fleisch nur der Methangasausstoß verringern - das noch klimaschädlichere CO2 wird sogar vermehrt produziert. Das liegt daran, dass die Herstellung von Fake-Fleisch Unmengen an Energie verschlingt. Das macht es nicht nur teuer für den Verbraucher, sondern lässt auch den CO2-Ausstoß steigen. Forscher der Universität in Oxford haben untersucht, wie klimafreundlich der Konsum von Labor-Fleisch gegenüber Fleisch aus der konventionellen Massentierhaltung ist.

Sie kamen unter anderem zu dem Ergebnis, dass ein Energiemix von entscheidender Bedeutung ist: Wird bei der Stromgewinnung vor allem auf fossile Brennstoffe wie Kohle und Gas gesetzt, dann weist das Labor-Fleisch einen enormen CO2-Fußabdruck auf. Erschwerend hinzu kommt laut den Forschern, dass Methangas sich bereits nach zwölf Jahren vollständig abbaut. Kohlenstoffdioxid sammelt sich dagegen Jahrtausende in der Luft an.

Durch die Reduzierung von Massentierhaltung ließe sich aber nicht nur die Produktion von Treibhausgasen reduzieren. Bei der Haltung von Nutztieren auf extrem engen Raum kommt es häufig zur Wasserverschmutzung und Versauerung der Böden, verursacht durch die Ausscheidungen der Tiere. Dieser Umweltverschmutzung kann mit dem vermehrten Einsatz von in-vitro-Fleisch entgegengewirkt werden.

Pflanzliche Ernährung schneidet besser ab

Nun steckt die Entwicklung von Labor-Fleisch noch in seinen Kinderschuhen und in Deutschland gibt es einige Stimmen, die gegen die Einführung von in-vitro-Fleisch sind. Aus Sicht des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (Bund) ist es nicht angebracht, die Probleme in der industriellen Massentierhaltung einfach durch eine andere Methode abzulösen. "Wir müssen das Problem an der Wurzel packen: Unser zu hoher Fleischkonsum. Im Vergleich zu pflanzlicher Erzeugung schneidet auch Laborfleisch im Hinblick auf Energie- und Ressourcenbedarf definitiv schlechter ab", sagte Landesgeschäftsführer Martin Bachhofer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem gibt es bereits Fleischalternativen, bei denen man in Geschmack und Textur kaum Einbußen hinnehmen muss.

In den USA, Japan, Niederlande, Israel und auch in Deutschland wird weiter an der leidlosen Alternative geforscht. Es bleibt aber abzuwarten, wann das Fake-Hühnchen tatsächlich in den deutschen Kühlregalen zu finden ist.

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