Grünes Geld: Gut für das Gewissen

2.5.2020, 11:47 Uhr
Grünes Geld: Gut für das Gewissen

© Frank Rumpenhorst, dpa-tmn

Jetzt ist also auch der Dax, der deutsche Aktienindex, nachhaltig. Zumindest ein Teil von ihm. Anfang März hat die Deutsche Börse in Frankfurt den neuen Index Dax 50 ESG aus der Taufe gehoben. ESG steht für Environment, Social und Governance. In dem Index enthalten sind demnach Unternehmen, denen Umweltschutz, soziale Verantwortung und eine nachhaltige Unternehmensführung wichtig sind. Einen Schub für das Thema "Nachhaltige Geldanlage" verspricht sich von dem Dax 50 ESG nicht zuletzt das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Der Dachverband für nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz hofft auf eine "große Lenkungswirkung hin zu nachhaltigeren Wirtschaftsaktivitäten". Doch es gibt auch Zweifel daran, wie nachhaltig der neue Index tatsächlich ist. Allein 23 der im Dax 30 gelisteten Unternehmen - das sind Aktiengesellschaften, die vor allem durch ihre Größe und weniger durch ihre ökologische Vorreiterrolle auffallen - haben in den neuen Dax 50 ESG Einzug gehalten. Eine stattliche Anzahl.


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Vielleicht zu stattlich? Das FNG jedenfalls sieht die Glaubwürdigkeit "durch einige im Index inkludierte Unternehmen" infrage gestellt.
Und genau hier liegt ein Grundproblem der nachhaltigen Geldanlage: Eine eindeutige Definition des Begriffes gibt es nicht. Die Vorstellungen darüber, wie diese "grüne" Form der Vermögensbildung aussehen muss, sind äußerst unterschiedlich. Worum aber geht es im Grundsatz? Die Verbraucherzentrale Bremen verweist zunächst einmal auf die ursprüngliche Definition von Nachhaltigkeit: Natürliche Ressourcen wie Wasser, Böden oder Wälder sollen nur so genutzt werden, dass sie sich wieder erholen können. Später kam dann der soziale Aspekt dazu. Und um diese Nachhaltigkeit in die Finanzwelt zu übertragen, dazu gibt es verschiedene Ansätze.

Waffen und Kernenergie tabu

Da sind zum einen die Negativkriterien. Hier werden Investitionen in bestimmte Bereiche ausgeschlossen. Als tabu gelten oft Waffen, Kohle, Öl oder auch Kernenergie.
Genau umgekehrt funktioniert der Ansatz mit Positivkriterien. Hier werden Branchen und Unternehmen ausgewählt, die als besonders nachhaltig gelten. Das kann der Bereich der Erneuerbaren Energien sein. Die Verbraucherzentrale Bremen warnt jedoch: "Das Geld kann, je nach Ansatz, auch in ein Unternehmen investiert werden, bei dem Erneuerbare Energien nur einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes ausmachen, während das Unternehmen gleichzeitig hohe Gewinne in den Bereichen Atomkraft, Kohle oder Öl erwirtschaftet."
Darüberhinaus gibt es den Best-In-Class-Ansatz. Das Prinzip: Anleger investieren in die Unternehmen, die in ihrer Branche zum Beispiel am umweltfreundlichsten agieren oder besonders hohe Standards im sozialen Bereich erfüllen. Dabei werden grundsätzlich alle Branchen berücksichtigt. Möglich sind also zum Beispiel auch Investitionen in ein Rüstungsunternehmen.

Pragmatisch oder streng?

Was tun angesichts dieser Vielfalt? Anlegern bleibt nur eines: Sie sollten sich in jedem Fall vorher genau ansehen, auf was sie bei der nachhaltigen Anlage setzen, rät Karin Baur, Finanzexpertin der Berliner Stiftung Warentest. Viele Anleger nutzen bei der nachhaltigen Anlage Investmentfonds. Und wer die Nachhaltigkeit sehr eng definiert, sollte besser zu einem Fonds mit strengen Ausschlusskriterien greifen. Andere wiederum sehen die grüne Anlage vielleicht pragmatischer, so Baur. Zum Beispiel Menschen, die selbst Auto fahren, daher tanken müssen und bei ihrer Geldanlage dann jene Ölkonzerne fördern möchten, die nicht ausgerechnet zu den schmutzigsten gehören. Für diese Sparer kommt der Best-In-Class-Ansatz infrage. Denn auch wer die fortschrittlichsten Unternehmen in der jeweiligen Branche fördert, sorgt letztlich für die Entwicklung zum Besseren.
Die Auswahl an gemanagten offenen Investmentfonds im ethisch-ökologischen Bereich ist mittlerweile groß. Als Vorreiter und Klassiker gilt der Ökoworld Ökovision Classic. Der Fonds verfahre nach strengen Kriterien, die von einem Anlageausschuss kontrolliert werden, erklärt Baur. Wer lieber auf kostengünstigere ETFs (Exchange Traded Funds) setzt, kann sich zum Beispiel am MSCI World SRI Index orientieren. Unterdessen haben auch etliche Banken Gremien etabliert, die über nachhaltige Geldanlage wachen. Dazu zählt die Frankfurter Bethmann Bank, die auf vermögende Kunden spezialisiert ist und in Nürnberg eine Niederlassung unterhält. "Immer mehr Kunden schwenken auf Nachhaltigkeit um und wollen sich damit positionieren", berichtet Niederlassungsleiter Manfred Richtarsky. Zugleich steige der Druck auf die Unternehmen, die ESG-Kriterien zu beachten.

Nicht frei von Risiken

Grundsätzlich ist die Nachhaltigkeit in allen Finanzbereichen angekommen. Auch wer mit seinem Geld komplett auf "Grün" umsteigen möchte, wird fündig. Einige Banken bieten selbst das Girokonto in der nachhaltigen Variante. Doch auch dies müssen Sparer beachten: Nachhaltige Geldanlage ist nicht frei von Risiken. Vielmehr gelten hier die gleichen Regeln wie bei der herkömmlichen Anlage. Wer also beispielsweise auf einen Branchenfonds setzt, riskiert mehr als ein Anleger, der breit gestreut investiert. Und geschlossene Fonds - nicht zuletzt bei Windkraft und Sonnenenergie verbreitet - sind immer mit höheren Risiken verbunden.

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