Hildegard Müller soll mächtige Autolobby VDA leiten

27.11.2019, 16:23 Uhr
Hildegard Müller im März 2018 - damals noch Vorstandsmitglied von Innogy.

© Rolf Vennenbernd Hildegard Müller im März 2018 - damals noch Vorstandsmitglied von Innogy.

Wenn Politiker in die Wirtschaft wechseln, stehen sie häufig am Ende ihrer Laufbahn. Bei Hildegard Müller war das anders. Als sie 2008 Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wurde, war Müller 41 Jahre alt und galt als Politikerin mit großer Zukunft. Vom BDEW wechselte Müller später in die Strombranche, bei der RWE-Tochter Innogy war sie als Vorstandsmitglied für das Milliardengeschäft mit den Strom- und Gasnetzen zuständig. Jetzt soll sie neue Präsidentin des VDA werden und dem Auto-Branchenverband wieder mehr Gehör bei der Politik in Berlin und Brüssel verschaffen.

Die 1967 im münsterländischen Rheine geborene Müller war Bundesvorsitzende der CDU/CSU-Nachwuchsorganisation Junge Union - bis heute als einzige Frau. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) holte die gelernte Bankkauffrau und studierte Betriebswirtin 2005 als Staatsministerin ins Kanzleramt. Dort gehörte sie zum engsten Machtzirkel der Regierungschefin und galt als Vertraute von Merkel.

Strombranche in die Energiewende geführt

Das Unternehmermagazin "Impulse" setzte Müller 2007 auf seiner Liste der "besten jungen Wirtschaftspolitiker" auf Platz eins und verlieh ihr das Etikett "jung, ehrgeizig, scharf in der Analyse". Die Mutter einer Tochter, nach deren Geburt sie für gut ein Jahr aus der Politik ausgestiegen war, schien für höhere Aufgaben prädestiniert.

Ihr Wechsel auf den Posten der Cheflobbyistin der Energiebranche kam deshalb für viele überraschend. Müller geriet auf ihrem neuen Posten mitten in die beginnende Energiewende und musste die Interessen von Stromriesen wie RWE und Eon mit denen von Stadtwerken auf einen Nenner bringen. Müller habe den BDEW "klar auf die Umsetzung der Energiewende ausgerichtet", lobte sie ihr Arbeitgeber beim Abschied.

Auch auf ihrem Posten in Essen dürften Müller ihre politischen Kontakte zunutze gewesen sein, denn beim Strom redet die Politik auf vielen Ebenen mit. Mit der Elektromobilität, eine ihrer wichtigsten Aufgaben beim VDA, hatte Müller auch in Essen zu tun, denn Innogy ist einer der größten Betreiber von Ladesäulen in Deutschland. Sie selbst sah in der Arbeit für den Energieversorger auch einen höheren Zweck: "Wir wollen dazu beitragen, die Erde jeden Tag ein wenig zu einem besseren Ort zu machen", sagte sie einmal der "taz".

Entscheidung gegen die Politik

Als Herrin der Netze von Innogy legte sich Müller auch schon mal mit Parteifreunden an. So bekam Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu hören, er konzentriere sich beim Ausbau der Stromnetze zu sehr auf die großen Stromautobahnen und zeige kaum Interesse an den für die Energiewende ebenso wichtigen Verteilnetze. "Sehr bedauerlich", fand das Müller, die für 350 000 Kilometer Verteilnetz von Innogy zuständig war.

Beim Essener Stromkonzern musste Müller erfahren, dass in der Wirtschaft Karrieren mindestens so schnell zu Ende sein können wie in der Politik. Sie wurde im März vergangenen Jahres ebenso wie ihre Vorstandskollegen davon überrascht, dass sich die Konzernmutter RWE mit dem langjährigen Rivalen Eon auf eine Zerschlagung von Innogy geeinigt hatte. Eon bekam die Stromnetze, für Müller war in der Eon-Chefetage kein Platz.

Parteifreunde sollen gehofft haben, die joblose Müller für eine Rückkehr in die Politik zu gewinnen. In Düsseldorf, wo Müller ihren Bundestagswahlkreis hatte, machten jedenfalls Spekulationen die Runde, Müller könne bei der Oberbürgermeisterwahl im kommenden Jahr für die CDU antreten. Daraus wird jetzt nichts.

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