„Homeoffice darf kein Privileg für Wenige bleiben“
17.07.2020, 19:18 UhrFür Christiane Benner, Vizechefin der IG Metall Deutschland, ist die Zeit reif für mehr Souveränität auf Seiten der Arbeitnehmer. Für dauerhaftes Arbeiten von zu Hause oder anderswo aus muss laut Gewerkschaft bei den Rahmenbedingungen noch an vielen Stellschrauben nachjustiert werden.
Wie hat sich die Arbeitswelt durch Corona aus Sicht der IG Metall verändert?
Die Corona-Krise hat sich als Turbo für die Digitalisierung erwiesen. Ich würde sagen: Das war ein spontaner, globaler, digitaler Feldversuch. Wir haben gelernt, dass auf einmal ganz viel geht, was vorher unmöglich schien. Das hat dazu geführt, dass es plötzlich Vertrauen statt Kontrolle gab – aus Mangel an Alternativen. Deshalb ist unsere Quintessenz: Es geht doch. Lasst uns also die positiven Konsequenzen daraus ziehen.
Welche Voraussetzungen müssen seitens der Arbeitgeber für mehr Homeoffice geschaffen werden?
Allem voran braucht es eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen basiert. Es braucht Führungskräfte, die Mitarbeitern ihre Souveränität lassen. Aber es braucht auch Verbindlichkeit und feste Regeln – zum Beispiel in Tarifverträgen.
Aber man kann ja mehr Vertrauen durch Vorgesetzte nicht verordnen. Das ist ja auch immer eine Typfrage …
Moderne Führungskräfte sollten eigentlich gelernt haben, Mitarbeiter über Motivation und Ergebnisse zu lenken, verbindliche Absprachen zu treffen, Feedback zu geben. Nur weil ein Mitarbeiter im Büro sitzt, weiß der Chef ja auch nicht immer im Detail, was dieser gerade macht. Es ist eine Illusion zu denken, nur weil jemand präsent ist, lässt er sich auch kontrollieren. Aber die Versuchung ist groß.
Ist mobiles Arbeiten nur ein Thema für Büro-Jobs?
Durch die Corona-Krise haben wir gemerkt, dass es mehr Arbeitsplätze gibt, bei denen mobil gearbeitet werden kann, als wir vorher dachten. Das darf kein Privileg für Wenige bleiben. So könnte man in der Produktion für mehr Menschen die Möglichkeit schaffen, ortssouveräner zu arbeiten.
Lässt sich das Recht auf mobiles Arbeiten künftig leichter einfordern?
Ich halte ein Anrecht auf mobiles Arbeiten für angebracht. Den Beschäftigten steht aus meiner Sicht neben der Zeitsouveränität auch eine Souveränität über den Arbeitsort zu. Ich glaube, jetzt ist die Zeit reif, das Thema weiterzudrehen.
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