Arbeitgeber wissen nichts davon

Kein Scherz: 22-Jähriger führt im Homeoffice zwei Vollzeitjobs gleichzeitig aus

Eva Orttenburger

Redakteurin

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22.5.2023, 15:11 Uhr
Das Phänomen des "Overemployments" - also das Verrichten zweier Jobs gleichzeitig im Homeoffice - wird in den USA immer beliebter. (Symbolfoto)

© Fabian Strauch/dpa/Symbolbild Das Phänomen des "Overemployments" - also das Verrichten zweier Jobs gleichzeitig im Homeoffice - wird in den USA immer beliebter. (Symbolfoto)

Ein Software-Ingenieur aus den USA wollte nach einem Jahr in seinem Vollzeitjob sein Jahresgehalt von 75.000 US-Dollar (ca. 69.000 Euro) aufstocken und entschied sich dazu, einen weiteren Job anzunehmen. Zuerst hatte "Business Insider" über den Fall berichtet und mit dem Arbeitnehmer gesprochen. Dieser wollte jedoch zum Schutz anonym bleiben.

Der 22-Jährige kann vollständig im Homeoffice arbeiten. Er stellte nach einem Jahr im Beruf fest, dass er sein Arbeitspensum in 10 bis 15 Stunden pro Woche schafft, obwohl es sich um eine Vollzeitstelle handelt. Weil er die restliche Zeit nicht ungenutzt lassen und gleichzeitig sein Gehalt aufstocken wollte, dachte er über Nebenjobs wie Gärtnern oder eine freiberufliche Tätigkeit als Programmierer nach.

Doch letztendlich entschied er sich, eine zweite Vollzeitstelle anzunehmen. Eigenen Angaben zufolge verdient er mit beiden Jobs 144.000 US-Dollar (rund 133.000 Euro) im Jahr und arbeitet dafür etwa 20 bis 30 Stunden pro Woche. Als Beweis legte er "Business Insider" entsprechende Dokumente vor. Seine beiden Arbeitgeber würden nichts von der jeweils anderen, geheimen Nebentätigkeit wissen.

Zwei Jobs gleichzeitig - fünf Tipps für effektives Zeitmanagement

Doch wie jongliert der 22-Jährige beide Jobs, ohne dass er auffliegt? Dafür hat sich der Software-Ingenieur eine ausgeklügelte Taktik zurechtgelegt. Zum Einen tut er so, als brauche er für eine Aufgabe mehr Zeit als sie wirklich in Anspruch nimmt. Hat er beispielsweise einen Auftrag abgeschlossen, behält er das Resultat noch eine Weile für sich, bevor er es beim Arbeitgeber einreicht. Zum Anderen versucht er, nicht zu fleißig und kompetent zu wirken, damit er nicht mehr oder schwierigere Aufgaben zugeteilt bekommt.

Manche Arbeiten erledigt der Ingenieur auch einfach nicht, zum Beispiel das Überprüfen der Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen. Dies lässt er einfach weg oder kontrolliert es nur stichprobenhaft. Zusätzlich lehnt er auch Projekte mit der Begründung ab, er hätte schon genug Arbeit oder weist darauf hin, dass andere ihn bei seiner Arbeit gebremst hätten.

Das Phänomen des "Overemployments" - wie das Annehmen zweier Jobs gleichzeitig in den USA genannt wird - ist seit der Corona-Pandemie übrigens weit verbreitet. Durch die Inflation versuchen zahlreiche Arbeitnehmer, die im Homeoffice tätig sein können, ihr Gehalt dadurch aufzubessern. Rein rechtlich ist das Vorgehen in den USA erlaubt - zumindest stellt es keinen Verstoß gegen Bundes- oder Landesgesetze dar. Allerdings können Unternehmen in ihren Arbeitsverträgen das Ausüben weiterer beruflicher Tätigkeiten untersagen. Damit wäre das Annehmen einer zweiten Stelle rechtswidrig und kann im schlimmsten Fall zur fristlosen Kündigung führen. Um gegen Overemployment präventiv vorzugehen, verringern viele Arbeitgeber in den USA mittlerweile wieder die Homeoffice-Arbeitszeit für ihre Angestellten.

Overemployment in Deutschland: Was Arbeitnehmer beachten müssen

Auch in Deutschland ist es nicht verboten, mehrere Jobs gleichzeitig zu haben. Viele Arbeitnehmer führen beispielsweise zusätzlich noch einen Mini- oder Midi-Job zu einer Vollzeitstelle aus. Allerdings wollen Arbeitgeber meist über Nebentätigkeiten informiert werden und verankern diesen Informationsanspruch in ihren Arbeitsverträgen. Ein größeres Problem könnte die Arbeitszeit darstellen. Denn hierzulande dürfen Menschen normalerweise nur acht Stunden am Stück arbeiten. Nur unter gewissen Voraussetzungen kann diese Vorgabe auf maximal zehn Stunden verlängert werden.

Zudem eignen sich viele Tätigkeiten gar nicht für Overemployment, weil Mitarbeitende entweder vor Ort sein oder im Homeoffice ständig erreichbar sein müssen. Lediglich in der Tech-Branche tritt das Phänomen gehäuft auf. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" gibt ein Arbeitnehmer, der ebenso zwei Jobs gleichzeitig hat, den Firmen einen wichtigen Tipp, was sie gegen Overemployment tun können: "Bezahlt ihnen so viel, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, sich einen zweiten Job zu suchen."

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