Kommentar: Umsetzung der Energiewende hat kein Konzept

6.9.2019, 10:56 Uhr

Eigentlich wollen wir doch alle die Energiewende. Schon, um eines Tages nicht ganz so nackt dazustehen, wenn unsere Kinder und Enkel fragen: "Opa, habt ihr damals auch wirklich alles versucht gegen den Klimawandel?" Die Energieversorgung des ganzen Landes frühzeitig auf CO2-neutral getrimmt zu haben, wäre da schon was.

Aber klar, so ein Windrad ist hässlich, also darf es auf keinen Fall in meinem Blickfeld stehen. Große Offshore-Anlagen sind allerdings auch doof. Wegen des noch massiveren Eingriffs in die Umwelt. Vor allem aber, weil es dann ja diese Fernleitungen von der Küste bis zu uns in den Süden braucht – und die will erst recht keiner über oder unter seiner Heimaterde haben.

Solche Sorgen sind verständlich. Und wir dürfen dankbar sein, in einem Land zu leben, in dem auch das kleine Privatinteresse gehört und nicht im Namen des großen gesellschaftlichen Interesses rüde übergangen wird. Anders als, sagen wir, in China. Nur darf das freilich nicht dazu führen, dass ein Prozess fast ganz zum Erliegen kommt – wie aktuell der Ausbau der Windkraft.

Klare Regelung fehlt

Und wieder einmal rächt sich, dass es von der Bundesregierung bis heute kein wirkliches Konzept gibt, wie die Energiewende umgesetzt werden soll. Ein solches Jahrhundertprojekt braucht ständige Moderation, Kommunikation, Diskussion. Ein eigenes Ministerium wäre das Mindeste, um überhaupt Aussicht zu haben, die mannigfaltigen Einzelinteressen zu versöhnen. Eines, das die Kompetenzen klar regelt, damit es irgendwann auch Entscheidungen gibt – und nicht alles wieder und wieder zerredet werden kann.

So, wie es zurzeit läuft, wird das nix mit der Energiewende. Dazu muss man kein Prophet sein. Und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass wir auf die anklagenden Fragen unserer Nachkommen einmal keine guten Antworten wissen werden.

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