Leeres Paketfach, beschädigte Sendungen: Ärger über Post nimmt zu

27.4.2021, 05:55 Uhr
Das Prinzip Hoffnung ist beim Paketbestellen allgegenwärtig. Die Hoffnung, dass die Sendung zuverlässig ankommt - und dass der Zusteller klingelt, wenn man selbst oder zumindest der Nachbar daheim ist. Doch nicht immer ist das so. 

© Jan Woitas Das Prinzip Hoffnung ist beim Paketbestellen allgegenwärtig. Die Hoffnung, dass die Sendung zuverlässig ankommt - und dass der Zusteller klingelt, wenn man selbst oder zumindest der Nachbar daheim ist. Doch nicht immer ist das so. 

Rainer Michel aus Erlangen ärgerte sich über die Post: Mehrere Wochen war ein Paket unterwegs, bis es endlich bei ihm ankam. Weil er nicht zu Hause war, als der Zusteller das Paket liefern wollte, landete dies in einer Packstation. Für Michel unverständlich. "Als älterer Bürger ohne App-Tick und technischem Können war es mir gar nicht möglich, dies abzuholen“, erklärt Michel.

Ein junger Kollege half ihm schließlich. „Er hat mit seinem Handy den Strichcode eingescannt und plötzlich ging ein Fach auf“, berichtet der Erlanger. Doch: Das Fach war leer.

Acht Tage später brachte ihm schließlich der Zusteller sein Paket. Die Post erklärt: "Vermutlich wurde die Sendung an der Packstation 159 in Erlangen versehentlich in ein falsches Fach eingelegt. Nach Ablauf der Lagerfrist wurde die Sendung entnommen. Das Paket wurde danach in einem neuen Zustellversuch an den Empfänger zugestellt.“

Erstmal zum Nachbarn

Dass wegen der hohen Sendungsmengen häufiger Pakete einfach in Packstationen abgelegt werden, dies ist laut Post jedoch nicht der Fall. "Wird der Kunde nicht angetroffen, dann wird in der Regel die Zustellung beim Nachbarn versucht", erklärt Post-Sprecherin Sonja Radojicic und fügt hinzu: "Erst wenn dies ebenfalls erfolglos ist, wird das Paket in einer Packstation oder einer Filiale hinterlegt.“

Die Kunden werden dann benachrichtigt. Werden Packstationen genutzt, muss sich der Kunde normalerweise anmelden. Grundsätzlich gibt es laut Post zwei Arten von Packstationen: eine mit Display und Strichcode-Funktion und eine App-gesteuerte über das Handy ohne Display.

Was, wenn der Kunde kein Smartphone hat?

Doch wie kommt der Kunde an sein Paket, wenn er kein Handy besitzt? "Dann kann der Kunde alternativ über den Kundeservice eine Zweitzustellung beantragen", erklärt die Post.

"Werden Pakete aus den Packstationen nicht abgeholt, dann werden diese sieben Tage aufbewahrt und gehen dann zurück zum Empfänger", erklärt Simone Bueb, von der Verbraucherzentrale in Bayern. Dies bestätigt auch die Post.

Bei der Verbraucherzentrale Bayern häufen sich aktuell die Beschwerden über die Post. „Teilweise werden Pakete vor der Haustüre abgelegt und verschwinden“, weiß Bueb. Die Post will dies nicht abstreiten, erklärt jedoch, dass es nur wenige Haftungs- und Regressansprüche gebe. "Die liegen in einem nicht messbaren Bereich“, sagt Sprecherin Sonja Radojicic.

Laut Verbraucherzentrale bleiben aber auch Haftungsfragen oft lange ungeklärt. Immer wieder melden sich Kunden deshalb bei der Verbraucherzentrale und auch bei unserer Redaktion. Ein Mann aus Nürnberg hatte eine Bauernlampe verschickt, trotz ordentlicher Verpackung und eines Hinweises „Achtung Glas, zerbrechlich“ kam die Lampe beschädigt an. Er forderte von der Post Schadensersatz für die Lampe, immer wieder wurden Unterlagen angefordert. "Sechs bis acht Mal habe ich bei der Kundenhotline angerufen“, berichtet der Leser. Mittlerweile - nach einer Anfrage unserer Zeitung - hat der Konzern den Schaden ersetzt.

"Der Inhalt von Paketen ist bis zu einem Sachwert von 500 Euro versichert", erklärt Verbraucherschützerin Bueb. Sie rät, dran zu bleiben. "Irgendwann muss auch die Post reagieren."

1,6 Milliarden Pakete jährlich

"Die Zahl der Beschwerden beziehungsweise Regressansprüche ist im Verhältnis zu den durch DHL täglich beförderten Paketsendungen äußerst gering", erklärt die Post. Seit der Corona-Pandemie werde jedoch wesentlich mehr verschickt. 1,6 Milliarden Pakete waren es 2020, im Vorjahr waren es nur 1,5 Milliarden.

„Wir haben auch viele Zusteller eingestellt“, erklärt Radojicic. 2020 waren im Vergleich zum Voriahr laut Angaben des Konzerns mehr als 10.000 zusätzliche Aushilfskräfte in allen Bereichen der Produktion beschäftigt, insbesondere in der Paketsortierung und -zustellung, tätig. 118.600 Menschen arbeiten aktuell bundesweit als Postbote.

Aufgrund der Pandemie seien auch Menschen, die aktuell keinen Job haben, zur Post gewechselt: "Wir haben als Zusteller Ingenieure, Sänger, Flugbegleiter, Leute aus der Tourismusbranche, Piloten“, sagt Radojicic. "Viele wollen auch bleiben.“

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