Leergut-Notstand: Auch fränkische Firmen haben Probleme

25.7.2018, 05:52 Uhr
Die Flaschen und Kästen sind teuer für die Hersteller, teurer als es das Pfand vermuten lässt.

© Frank Rumpenhorst/dpa Die Flaschen und Kästen sind teuer für die Hersteller, teurer als es das Pfand vermuten lässt.

Die Zeit wird knapp: Es sind nur noch wenige Tage, bis auch in den beiden letzten Bundesländern - Baden-Württemberg und Bayern - die Sommerferien beginnen und die Menschen scharenweise in den Urlaub fahren. In den leeren Wohnungen und Häusern zurück bleiben: leere Flaschen und Kästen. Diese aber fehlen den Brauern. Deshalb appelliert auch der Bayerische Brauerbund an die Bierliebhaber, das Leergut zurückzubringen, noch bevor sie auf Reisen gehen.

Tatsächlich sei die Lage in diesem Sommer besonders angespannt, sagt Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Das hat mehrere Gründe: Zum einen habe der Sommer - in dem der Absatz traditionell besser ist - in diesem Jahr früh begonnen. Seit dem 2. April halte das gute Wetter fast durchgehend an, sagt König. Und mit den Temperaturen wachse schließlich der Durst auf den Gerstensaft.

Zum anderen haben sich viele Fußballfreunde vor der Weltmeisterschaft einen Bier-Vorrat für das Spiele-gucken mit Freunden zugelegt - und haben dabei oft nicht nur einen Kasten gekauft, so König. Denn im Trend liege die Sortenvielfalt, so dass neben dem Hellen oft das Weizen und das Spezialbier stehen: "Wenn nur jeder dritte Kunde statt einem plötzlich drei Kästen kauft, wird es schnell eng."

Die Knappheit werde darüber hinaus dadurch verschärft, dass immer mehr Hersteller auf spezielle Flaschen setzen. Dadurch werde der Austausch komplizierter, sagt König.

Mit dieser Schwierigkeit hat auch Irene Brehmer-Stockum, Geschäftsführerin der Lindenbräu im oberfränkischen Gräfenberg, zu tun. Die Brauerei nutzt die relativ seltene Maurerflasche mit Bügelverschluss. Und die ist auch bei der wachsenden Zahl der privaten Hobby-Braumeister in der Region beliebt, um darin den selbstproduzierten Trunk abzufüllen, weiß Brehmer-Stockum - ein Umstand, der das ohnehin bestehende Leergutdilemma nicht gerade lindert.

Um in der sommerlichen Hochsaison dennoch stets genug Kästen zur Verfügung zu haben, baue sie im Winter einen Vorrat auf - und investiere zudem regelmäßig einen "Haufen Geld" in neues Leergut. Das Problem dabei: Das Pfand ist niedriger als die Beschaffungskosten. Kommt Leergut also nicht zurück, ist das für die Brauerei auch ein finanzieller Verlust. "Wir brauchen eigentlich ein höheres Pfand", schlussfolgert Brehmer-Stockum - und ist mit dieser Forderung in der Branche nicht alleine.

Selbst gebaute Hausbar

Auch die Nürnberger Schanzenbräu klagt darüber, dass sie für neue Kästen viel mehr bezahlen muss, als Kunden beim Einkauf hinterlegen. Gleichzeitig kämen wesentlich weniger Kästen zurück als im Branchendurchschnitt, so Betriebsleiter Robert Stretz. Er habe durchaus eine Ahnung, warum das so ist: Treue Kunden schickten Fotos zum Beispiel von ihrer Hausbar, die sie aus Schanzenbräu-Kästen gebaut haben.

Dazu komme das stete Wachstum der Brauerei, die mittelfristig ihren Jahresausstoß von zuletzt knapp 10.000 auf 13.000 Hektoliter steigern will. Das erfordere ebenfalls Kästen.

Auch Tucher spürt Folgen

Auch der weitaus größere Wettbewerber Tucher - nur wenige hundert Meter entfernt gelegen - spürt, dass Kunden derzeit Kästen und Flaschen zu Hause stapeln. Engpässe gibt es vor allem bei den Marken Grüner und Zirndorfer, berichtet Marketingchef Kai Eschenbacher.

Entspannt zeigt sich die Kaiser Bräu in Neuhaus: Sie kauft jedes Jahr "größere Mengen an Kästen" und vermeide dadurch die Leergutknappheit, so Verkaufsleiter Leo Wagner.

Für alle anderen behält sich die Branche als letzte Maßnahme das Prinzip vor: Vollgut nur noch gegen Leergut. Bislang machten aber nur wenige Brauer davon Gebrauch, so König.

Und von den Leergut-Misslichkeiten einmal abgesehen: Die bayerischen Brauer steuern nach einem Absatzplus von sechs Prozent bis Ende Mai gerade auf ein Halbjahresergebnis zu, von dem sie zuletzt nur träumen konnten - daran hat nicht einmal das frühe Aus für die deutsche Elf bei der WM etwas geändert.

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