N-Ergie, Stadtwerke & Co. unter Strom

Verena Litz

Leiterin Redaktion Politik und Wirtschaft

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3.12.2009, 00:00 Uhr
N-Ergie, Stadtwerke & Co. unter Strom

© André de Geare

Was sich die Beteiligten von dem gemeinsamen kommunalen Energiekonzern versprechen, erklärten sie in Berlin. Wilde Versprechungen sind nicht das Ding von Ulrich Maly. Hoffnungen, dass Strom und Gas für die Verbraucher im Zuge des Thüga-Deals billiger werden, schürt der Nürnberger Oberbürgermeister und Chef des N-Ergie-Aufsichtsrats denn auch nicht. Auf mittlere Sicht sei jedoch mehr "Tarifstabilität" möglich. Und das wäre nicht wenig angesichts der Tatsache, dass der Kostentrend bei Energie grundsätzlich nach oben zeigt.

Obwohl der SPD-Mann nicht zu Übertreibungen neigt, gerät er bei der Bewertung des Erwerbs der Thüga, die an rund 90 Stadtwerken und Regionalversorgern Minderheitsbeteiligungen hält, fast ins Schwärmen. Der Grundgedanke der neuen Thüga sei "fast ein genossenschaftlicher", so Maly: Die Gesellschafter sind bei sich weiter Herr im Haus, können aber über das gemeinsame Unternehmen Synergieeffekte realisieren.

Eigenproduktion macht unabhängiger

Ganz oben auf der Liste der Vorteile stehen günstigere Konditionen beim Strom- und Gaseinkauf, die sich durch die größere Abnahmemengen ergeben. Die frühere Thüga-Mutter E.on - der Konzern steht zusammen mit RWE, EnBW und Vattenfall für rund 80 Prozent der deutschen Stromerzeugung - hatte als großer Energieproduzent an einer solchen Bündelung naturgemäß kein Interesse.

Womit wir bei Punkt zwei wären: Die eigenen Erzeugungskapazitäten auszubauen, steht auf der Agenda der neuen Thüga-Eigentümer ganz oben. Denn mit der Eigenproduktion lässt sich mehr Geld verdienen als mit dem Energievertrieb - und sie macht unabhängiger vom Platzhirsch-Quartett. Über das Thüga-Netzwerk mit seinen derzeit 50 Partnern lassen sich die teuren Kraftwerksprojekte leichter stemmen. Nach den Worten von Michael Feist, Chef der Stadtwerke Hannover AG, können die Thüga-Gesellschafter in den nächsten Jahren für Investitionen "einen hohen dreistelligen Millionenbetrag" bereitstellen.

Kredite nach zwölf Jahren getilgt

An der Thüga Holding GmbH&Co. KGaA, über die die E.on-Tochter Thüga AG erworben wurde, sind die Stadtwerke Hannover wie auch die N-Ergie und die Frankfurter Mainova AG mit je 20,53 Prozent beteiligt, die übrigen Anteile liegen bei der Kom9– Gruppe, der 47 Versorger aus ganz Deutschland angehören. Für ihren Anteil haben die Nürnberger rund 462 Mio. € bezahlt. 320 Mio. € davon sind fremdfinanziert über neun Banken unter der Konsortialführung der BayernLB. Nach heutigem Stand sind die Kredite nach zwölf Jahren getilgt, so N-Ergie-Chef Herbert Dombrowsky. Der Kapitaldienst selbst sei durch die Gewinne aus der Thüga-Beteiligung mehr als gedeckt.

Dass die neuen Thüga-Eigentümer zur Pressekonferenz in die Bundeshauptstadt eingeladen hatten, könnte man fast schon als symbolischen Akt deuten: Als Regierungssitz ist Berlin ein Machtzentrum - und mächtig mitmischen auf dem Energiemarkt wollen die 50 kommunalen Versorgungsunternehmen. Petra Roth, Aufsichtsratschefin der Thüga-Holding und Oberbürgermeisterin von Frankfurt, gefiel Berlin als Veranstaltungsort mit Blick auf die "ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung": Um diese zu erreichen, brauche die Politik die Kommunen, die nun in der Thüga eine neue Plattformen haben.

Ökologie spielt eine wichtige Rolle

Das Bündnis selbst ist erklärtermaßen offen für weitere Partner. Bis zu 25,1 Prozent könnte ein finanzstarker Mitstreiter sofort übernehmen: Die aktuellen Eigentümer würden ihre Beteiligung entsprechend senken. Um schiere Größe gehe es der Thüga aber nicht, betont Maly: "Wenn wir als fünfte Kraft nur eine Kopie der großen Vier - E.on, RWE, EnBW und Vattenfall - werden, haben wir etwas falsch gemacht." Er unterstreicht, dass die Ökologie, "grüne" Energie also, in dem Netzwerk eine wichtige Rolle spiele. Freilich unter Berücksichtigung der Ökonomie.

Einen "Meilenstein für die Kommunalwirtschaft" nannte der OB von Hannover und Präsident des Verbands Kommunaler Unternehmen, Stephan Weil, den Thüga–Erwerb. Vor zehn Jahren noch wäre ein solcher kommunaler Energiekonzern nicht denkbar gewesen: Bei der Liberalisierung des Energiemarktes habe man noch gefragt, "welches Stadtwerk macht als letztes das Licht aus?". Nun stehe man vor einer "Rekommunalisierung des Energiemarkts".