Laut Insolvenzverwalter

Nächste Wende um Galeria Kaufhof: Mehr als 70 Filialen sollen fortgeführt werden

10.4.2024, 08:44 Uhr
Ein Handelsexperte zeichnet eine düstere Prognose für die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof.

© Jörg Carstensen/Jörg Carstensen/dpa Ein Handelsexperte zeichnet eine düstere Prognose für die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof.

Die neuen Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof werden voraussichtlich mehr als 70 der 92 Filialen fortführen. Das teilte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Mittwoch in Essen mit. Diese Zahl ist demnach Teil der Investorenvereinbarung, die am Dienstag notariell beurkundet wurde. Bei den neuen Eigentümern handelt es sich um ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz. Dies war bereits am Dienstag bekannt geworden.

Die unterzeichnete Vereinbarung über die Übernahme tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn das Amtsgericht Essen und die Gläubigerversammlung dem von Denkhaus erstellten Insolvenzplan zustimmen. Wenn sie das nicht tun, kommt der Verkauf nicht zustande. Denkhaus will den Insolvenzplan bis Ende April vorlegen. Die Gläubiger kommen am 28. Mai in der Messe Essen zusammen, um darüber abzustimmen.

Das Insolvenzverfahren war in der vergangenen Woche eröffnet worden. Galeria hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Der bislang zur Signa-Gruppe des Österreichers René Benko gehörende Konzern beschäftigt rund 12 800 Menschen. Durch eine weitere Reduzierung der Anzahl der Filialen dürften Stellen wegfallen. Wie viele das sein werden, ist noch offen.

Handelsexperte mit düsterer Prognose

Der Handelsexperte Jörg Funder rechnet dagegen nicht damit, dass die neuen Eigentümer der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof einen Großteil der 92 Filialen mittelfristig weiterbetreiben. "Ich halte 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt und die Häuser für eine gewisse Zeit weiterbetreibt", sagte der Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms.

Nach einer Übergangszeit sei davon auszugehen, dass die Investoren weitere Filialen dichtmachten und nur die wirklich profitablen Standorte weiterbetrieben, sagte Funder. Aus seiner Sicht könnte es bei den Schließungen vor allem kleinere Städte treffen. "Warum sollte man in einer Mittelstadt mit 100 000 und weniger Einwohnern ein Warenhaus betreiben? Ich glaube, das wird zunehmend schwierig."

Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus strebt eine Übernahme von mindestens 60 Filialen an. Am Mittwoch möchte er am Konzernsitz in Essen den neuen Investor vorstellen. Bereits am Dienstag war bekanntgeworden, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz Galeria übernehmen will. NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker, der auch die Mehrheit am kanadischen Warenhausunternehmen Hudson’s Bay Company (HBC) besitzt. Über HBC war er zwischen 2015 und 2019 bereits Eigentümer von Kaufhof. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" will das Konsortium gut 70 der 92 Filialen erhalten.

"Scheint eine Glücksritternummer zu sein"

Funder erwartet nicht, dass die neuen Eigentümer das Warenhausunternehmen zurück in die Erfolgsspur führen können. "Wir wissen noch nichts über ihr Konzept, aber es scheint mir eher so eine Glücksritternummer zu sein. HBC hat sich damals nicht mit Ruhm bekleckert und ist mit der reinen Übernahme von Marken aus dem Ausland gescheitert."

Funder zufolge benötigt Galeria einen Umbau der Filialen und ein neues Konzept. Ein zentrales Warenhausmodell mit 50 bis 60 Standorten sei schwierig umzusetzen. "Dafür braucht es mehr Personal, mehr Service, mehr Marken und mehr Erlebnis. Das gibt es nicht per Handauflegen. Man muss viel Geld investieren. Ich bin aber nicht sicher, ob die neuen Eigentümer das wollen."

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