Sanierung bei Wöhrl: Für drei Filialen in der Region wird es eng

5.10.2016, 06:45 Uhr
Wie aus Finanzkreisen zu erfahren war, stehen zehn Häuser auf der Prüf­liste, darunter auch die Filiale in Nürnberg-Langwasser und die Tradi­tionsstandorte Roth und Fürth.

© dpa Wie aus Finanzkreisen zu erfahren war, stehen zehn Häuser auf der Prüf­liste, darunter auch die Filiale in Nürnberg-Langwasser und die Tradi­tionsstandorte Roth und Fürth.

Etwas pikant dabei: Mit den Filialschließungen würde auch die Immobiliengesellschaft der Wöhrl-Familien bislang zuverlässige Mieter verlieren. Seit 29 Tagen sitzen die rund 2000 Mitarbeiter der Mode­haus- Kette Wöhrl auf heißen Kohlen. Dass "sechs bis zehn Filialen" geschlossen werden sollen, hatte der neue Vorstandssprecher Andreas Mach gleich am Tag des Antrags auf Gläubigerschutz angekündigt. Und versprochen, den Mitarbeitern binnen vier Wochen Klarheit darüber zu ver­schaffen, wer in Zukunft mutmaßlich noch einen Arbeitsplatz bei dem Unternehmen haben wird.

Die Frist ist abgelaufen, und das neue Manage­ment will voraussichtlich noch in die­ser Woche die ersten Entscheidungen bekanntgeben. Wie aus Finanzkreisen zu erfahren war, stehen zehn Häuser auf der Prüf­liste, darunter auch die Filiale in Nürnberg-Langwasser und der Tradi­tionsstandort Roth. Auch das Haus im Neuen Markt in Neu­markt stehe zur Disposition. Zudem die ostdeutschen Standorte Dresden, Plauen, Leipzig, Magdeburg sowie die Hauptstadt-Repräsentanz der Nürn­berger. "Wir tun uns schwer in Groß­städten, in denen alle Marken auch bei anderen zu finden sind", hatte Mach die Richtung bereits vorgege­ben. Damit würden auch Standorte geschlossen werden, in die in den ver­gangenen Jahren für Neueröffnungen und Renovierungen viel Geld geflos­sen ist.

Da mit Ulm auch das einzige Haus in Baden-Württemberg auf der Streichliste steht, würden 24 Stand­orte in Bayern gemäß dem Ziel verblei­ben, das das neue Management ausge­geben hatte: Wöhrl soll wieder zu einem reinen "fränkisch-bayerischen Unternehmen" werden. Ob der Schrumpfkurs damit schon sein Ende erreicht hat, ist unklar. Auch, wie vie­le Arbeitsplätze dieser Kahlschlag kos­ten wird. Zumal auch die Nürnberger Zentrale mit gut 250 Beschäftigten deutlich abgespeckt werden soll. Über die Aufhebung der Mietverträ­ge für einige der betroffenen Filialen muss die Wöhrl AG, die der Familie von Gerhard Wöhrl gehört, mit der Firma Tetris Grundbesitz verhandeln, die wiederum allen Nachkommen von Unternehmensgründer Rudolf Wöhrl gehört. Dort hat die Familie Gerhard Wöhrl zwar Einfluss.

Elf Standorte in Nürnberg 

Gleichwohl ver­fügt sein Bruder Hans Rudolf mit sei­nen Kindern über die Mehrheit der Stimmen. So gehören der Tetris unter ande­rem die Immobilien der Wöhrl-Stand­orte in Langwasser, Plauen, Dresden, Roth und Ulm. Auch das Nürnberger Stammhaus sowie die Gebäude der Filialen in Amberg, Ansbach und Bay­reuth sind Teile des Wöhrl-Immobili­en- Imperiums. Für die Häuser, die geschlossen werden sollen, muss die Wöhrl AG also mit der Wöhrl-eigenen Tetris über ein Ende der Mietverträge ver­handeln, für die ande­ren über neue Miet­konditionen. Bereits vor mehr als 20 Jahren hatte die Wöhrl-Familie in der Tetris mit Sitz in Reichenschwand das immobile Vermögen gebündelt. Heute gehören insgesamt 46 Handels­, Gewerbe- und Hotelimmobilien an 17 Standorten von Berlin über Hamburg bis nach Leipzig zum Portfolio. Allein elf Standorte in Nürnberg – unter anderem die beiden Parkhäuser in der Innenstadt und in Langwasser – sowie sieben Immobilien in Reichen­schwand stehen in den Büchern.

Das Unternehmen investiert nach eigenen Angaben "im Sinne einer Familienstiftung und ein dauerhafter Werterhalt steht damit vor schnellen und hohen Renditen". Und die Erträ­ge können sich nach Aussagen aus Finanzkreisen sehen lassen: Sie liegen Jahr für Jahr deutlich im Millionenbe­reich. Wer als Zeichner der Unternehmens­anleihe darauf gehofft hatte, dass bei Filialschließungen vielleicht ein Ver­kauf von Immobilien Geld in die Kas­se spülen könnte, muss enttäuscht wer­den: "Es befindet sich keine einzige Immobilie im Eigentum der Wöhrl AG", bestätigen Unternehmenskreise. Im Jahr 2013 hatte die Wöhrl AG bei Anlegern 30 Millionen Euro eingesam­melt. Zerschlagen hatte sich bereits die Hoffnung, aus einem möglichen Ver­kauf der Modehauskette Sinn Leffers für die AG und damit für die Anleihe­käufer Kapital schlagen zu können.

Denn Sinn Leffers gehört nicht zur Aktiengesellschaft, sondern der Fami­lie Gerhard Wöhrl. Im Vorfeld der Ausgabe der Anleihe wurde zwar hauptsächlich damit geworben, mit dem Geld aus der Emission den etwa gleich großen Filialisten übernehmen zu wollen. Stattdessen kam Sinn Lef­fers ins Portfolio der Familie. Diese habe sehr schnell festgestellt, dass sie einen Sanierungsfall gekauft hat. Angeblich um die Aktiengesellschaft zu schützen, sei Sinn Leffers deswegen nicht wie geplant an diese weiterge­reicht worden, heißt es in Finanzkrei­sen. Aus heutiger Sicht vielleicht sogar ein Glück für die Anleihekäu­fer. Denn Sinn Leffers folgte mittler­weile der Wöhrl AG in die Insolvenz.

Verzicht auf Rückzahlung des Darlehens 

Die Millionen aus der Anleiheemission wurden in der AG anderweitig verwen­det – "etwa zur Hälf­te zur Schuldentil­gung", heißt es in Unternehmenskrei­sen. Der Rest floss in die Modernisierung der bestehenden Modehäuser, in Neu­eröffnungen oder die Erneuerung der IT-Infrastruktur.

Die wiederum war auch dadurch nötig geworden, dass die Wöhrl AG zentrale Funktionen wie Controlling und Marketing für Sinn Leffers im Rahmen eines Dienst­leistungsvertrags übernommen hat. Gesellschafterdarlehen, also Kredi­te, die die Familie Wöhrl dem Unter­nehmen gegeben hatte, wurden nach Aussagen aus Unternehmenskreisen aber nicht mit der Anleihe getilgt. Es wurde also kein Geld der Gläubiger verwendet, um die Kredite der Fami­lie zu retten.

Im Gegenteil: Wie es heißt, habe die Familie Gerhard Wöhrl im vergangenen Jahr sogar gänzlich auf die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 4,2 Millionen Euro verzichtet. Doch auch das reich­te nicht, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Nun sind noch einmal Millionen Euro nötig, um zumindest einer geschrumpften Wöhrl AG das Überle­ben zu sichern. Ob die Familie diese Mittel aufbringen kann und will, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen.

Der Artikel wurde am 5. Oktober 2016 um 11.41 Uhr aktualisiert. Zuvor war auch die Filiale in Fürth im Artikel erwähnt, die zur Disposition stehe. Die Hinweise verdichten sich, dass die Filiale nun doch nicht betroffen ist.

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