Geplante Umstrukturierung

Schock für Mitarbeiter: Vitesco streicht 800 Stellen in Nürnberg

29.6.2022, 10:38 Uhr

Das Gebäude von Vitesco Technologies am Standort Nürnberg: Rund 800 Angestellte stehen vor einer ungewissen Zukunft.  © Vitesco Technologies, NNZ

Die gute Nachricht kommt zuerst: In der Forschung und Entwicklung sieht Vitesco Technologies großes Potenzial am Standort Nürnberg. Gemeint ist laut einer Pressemitteilung vor allem die Entwicklung von elektronischen Steuergeräten sowie Hybrid- und Elektroantriebstechnologien. "Dies beinhaltet unter anderem auch ein Kompetenz-Zentrum für Leistungsmodule und die dazu notwendigen Aufbau- und Verbindungstechnologien zur kostengünstigen und effizienten Fertigung", heißt es.

Um seine Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit nachhaltig zu sichern, habe Vitesco Technologies bereits im August 2019 die notwendigen strategischen Weichen gestellt und das Unternehmen ganz klar auf Elektrifizierung und E-Mobilität ausgerichtet, erklärt Pressesprecherin Emerenz Magerl-Ziegler. "Für Vitesco Technologies Nürnberg als wichtiges Kompetenzzentrum für Forschung und Entwicklung im Bereich der E-Mobilität hat das Unternehmen auf dieser Basis nun ein Zukunftskonzept entwickelt, um diesen Standort langfristig wettbewerbsfähig zu machen und dort auch Produktion halten zu können."

Das Unternehmen müsse sich jedoch auch dem internationalen Preisdruck stellen, heißt es weiter - und das hat bittere Folgen für die Belegschaft. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und für die Jahre 2025 bis 2030 ein stabiles Umsatzniveau zu erreichen, sehe das Zukunftskonzept für den Standort Nürnberg auch "Restrukturierungsmaßnahmen" vor, so das Unternehmen.

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"Geplant ist, die Mitarbeitendenzahl im Werk von derzeit rund 1160 auf rund 350 Ende 2026 zu reduzieren. Betroffen davon sind vor allem Mitarbeitende in Produktlinien mit hohem Personalbedarf, die sich im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig aufstellen müssen", heißt es in der Pressemitteilung. Rund 800 Menschen werden damit offenbar ihren Job verlieren.

Chance auf Weiterqualifizierung

Die geplanten Maßnahmen erstrecken sich laut Emerenz Magerl-Ziegler über einen Zeitraum von vier Jahren, um den Mitarbeitenden, die davon betroffen sind, die Chance zu geben, sich auf die Veränderung vorzubereiten, weiter- oder umzuqualifizieren. Vitesco Technologies sei sich seiner Verantwortung bewusst und arbeite aktiv daran, intern zu vermitteln, neue Konzepte zu entwickeln und gemeinsam mit Partnerunternehmen Beschäftigungsalternativen zu schaffen, "wie es bereits an anderen Standorten gelungen ist".

Der Gesamtbetriebsrat verurteilte das Vorgehen. Nürnberg sei das einzige deutsche Vitesco-Werk, das nicht aufgrund technologischer Phase-Out-Szenarien von der Schließung bedroht sei, sagte der Vorsitzende Torsten Buske. „So bitter es ist, aber es sieht leider stark danach aus, als sei Vitesco Technologies auf der Flucht aus Deutschland. Bekenntnisse zum Industriestandort Deutschland sucht man bei unserem Vorstand vergeblich.“

Weltweit rund 37.000 Mitarbeiter

Seit 2021 bildet der Standort Nürnberg bereits einen Werkverbund, ein sogenanntes Cluster, mit dem Standort Limbach-Oberfrohna. In Nürnberg liegt der Schwerpunkt bei der Elektronik, in Limbach-Oberfrohna bei der Mechanik. "Durch den verstärkten Austausch und die intensivere Zusammenarbeit bilden sie ein schlagkräftiges Mechatronik-Cluster", heißt es. Um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben, will das Unternehmen dort künftig einzelne Produkte (z.B. Getriebesteuerungen) auslaufen lassen und sukzessive ein neues Produktportfolio mit höherem Automatisierungsgrad und optimierten Fixkosten einführen, hieß es von Vitesco, einer ehemaligen Continental-Tochter mit weltweit rund 37.000 Mitarbeitern.