Soziale Wohnungsunternehmen erteilen Mietenstopp Absage

11.3.2020, 12:08 Uhr
Soziale Wohnungsunternehmen erteilen Mietenstopp Absage

© Foto: Lino Mirgeler/dpa

Frank Thyroff weiß um die Nöte von Menschen, die nicht viel Geld haben, dafür aber Angst, sich ihre Wohnung nicht mehr leisten zu können. Thyroff ist Geschäftsführer der wbg Nürnberg GmbH, einer der großen Vermieter vor Ort. Was ihm und seinen Kollegen in weiteren sozial orientierten Wohnungsunternehmen sauer aufstößt: In der öffentlichen Diskussion werden oft und gern alle Vermieter über einen Kamm geschoren – Grundtenor: alles Abzocker. Oder wie es Hans Maier, Chef des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern), im Rahmen einer Tagung der Vereinigung der Wohnungsunternehmen in Mittelfranken in Nürnberg formuliert: "Vermieter werden angeschwärzt."

Schwarze Schafe auf dem Wohnungsmarkt

Nicht, dass er und Thyroff alle Vermieter für Engel hielten. Beide wissen, dass auch schwarze Schafe und auf Gewinnmaximierung fokussierte Akteure auf dem Wohnungsmarkt unterwegs sind. Aber es gebe eben auch viele Vermieter, die sich nicht auf Kosten ihrer Mieter eine goldene Nase verdienen wollen.

Wobei: Dass Vermieter etwas verdienen müssen, steht für Thyroff und die gut 480 im VdW Bayern organisierten Wohnungsunternehmen, zu denen auch die Nürnberger wbg zählt, außer Frage. Denn nur so könnten neue Wohnungen gebaut und bestehende instandgehalten sowie – was auch politisch gewollt ist – energetisch saniert werden.

"Dann geht uns die Puste aus"

"Es gibt den Irrglauben, dass in der Wohnungswirtschaft alle auf Rosen gebettet sind", umreißt Thyroff das Dilemma, in dem sich gerade auch die sozial orientierten Unternehmen sehen. Solche also, deren Kernaufgabe nach eigenem Verständnis die Versorgung der Bevölkerung mit gutem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum ist.


Volksbegehren "Mietenstopp": 52.000 Unterschriften gesammelt


Ein Ziel, das in Zeiten von knappen und deshalb teuren Grundstücken, hohen Baukosten und Standards, langwierigen Genehmigungsverfahren – in denen sich die Baukosten weiter erhöhen – sowie nicht zuletzt steigenden Ansprüchen der Mieter immer schwerer zu erreichen ist. Oder sogar zur Quadratur des Kreises mutiert. Initiativen wie "Volksbegehren #6 Jahre Mietenstopp" in Bayern sorgen beim VdW, zu dem zum Beispiel aus der Region auch das St. Gundekar-Werk, das Evangelische Siedlungswerk und die Wohnungsgenossenschaft Gartenstadt Nürnberg zählen, denn auch für Kopfschütteln. "Wenn die Mieter eine Atempause brauchen, dann geht uns die Puste aus", beschreibt Thyroff bildhaft die Lage, die sich aus einem mehrjährigen Einfrieren der Mieten ergäbe.

Wem nutzt ein Mietenstopp?

"Ein Mietenstopp", sagt Johannes Soellner, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Gartenstadt Nürnberg, "nutzt nur denjenigen, die eine Wohnung haben" – und die würden dann auch kaum mehr ausziehen. Sprich: Wer eine Wohnung sucht, stößt auf ein noch knapperes Angebot, weil die Fluktuation sinkt.

Für Thyroff und seine Mitstreiter steht fest: Aus der Bredouille hilft nur mehr Neubau. Womit wir wieder bei den grundsätzlichen Stolpersteinen sind, die dem "Mehr" im Weg liegen. Zwar hat die Politik einige Weichen in die richtige Richtung gestellt, etwa bei Fördermitteln, wie VdW-Chef Maier betont – wobei gerade mit Blick auf die energetische Sanierung der Staat aber noch stärker gefragt sei.

Fördermittel allein lösen die Probleme, angefangen bei zu wenigen bezahlbaren Grundstücken bis hin zu fehlenden Kapazitäten bei Bauunternehmen, aber nicht. "Wir haben in Ingolstadt Fliesenarbeiten für über 40 Studenten-Appartments ausgeschrieben. Gerade einmal eine Firma hat sich beteiligt", berichtet Peter-Stephan Englert, Geschäftsführer des St. Gundekar-Werks Eichstätt.

Grundstück in Nürnberg ergattert

Englert stand etliche Jahre an der Spitze der Vereinigung der Wohnungsunternehmen in Mittelfranken e.V., der 49 Unternehmen angehören. Jetzt hat Hannes B. Erhardt, Geschäftsführer des Evangelischen Siedlungswerks (ESW), das Amt übernommen. Er konnte kürzlich eine für sein Unternehmen erfreuliche Mitteilung machen: Das ESW hat ein gut 10 000 Quadratmeter großes Grundstück gegenüber dem ehemaligen Quelle-Versandzentrum in Nürnberg erworben. Platz für geförderten Wohnungsbau.