Neue Studie

Übergewinnsteuer für Energieunternehmen: Bis zu 100 Milliarden Euro an Einnahmen möglich

Lukas Koschyk

E-Mail zur Autorenseite

16.8.2022, 14:11 Uhr
Sollen außergewöhnlich hohe Gewinne, die Energieunternehmen aus dem Gas-, Öl- und Stromsektor derzeit auf dem Markt erzielen, mit einer Übergewinnsteuer belegt werden?

© IMAGO/Panama Pictures Sollen außergewöhnlich hohe Gewinne, die Energieunternehmen aus dem Gas-, Öl- und Stromsektor derzeit auf dem Markt erzielen, mit einer Übergewinnsteuer belegt werden?

Durch die im Zuge des Krieges gegen die Ukraine gestiegenen Preise machen Öl- und Stromkonzerne derzeit Milliardengewinne. Im ersten Halbjahr 2022 machten allein die sechs Mineralölkonzerne Saudi Aramco, BP, Total, Shell, ExxonMobile und Wintershall Dea ein Plus von 60 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Besteuerung dieser exorbitanten Gewinne in Deutschland ist schwierig, Rufe nach einer Übergewinnsteuer werden lauter. Eine Studie hält Mehreinnahmen von bis zu 100 Milliarden Euro für möglich.

"Übergewinnsteuer verfassungsrechtlich möglich"

Mithilfe dieser Maßnahme könnte die Bundesregierung zusätzliche Kriegseinnahmen abschöpfen. Je nach konkreter Ausgestaltung und Steuersatz würde die Steuer dem deutschen Fiskus zwischen 30 und 100 Milliarden Euro jährlich einbringen. Das zeigt eine neue Studie des Netzwerk Steuergerechtigkeit im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die der Partei Die Linke nahesteht.

Grundlage der Berechnung sind die erwarteten Übergewinne der Konzerne aus der Gas-, Öl- und Strombranche, die sich in Deutschland nach ersten Schätzungen der Autoren Christoph Trautvetter und David Kern-Fehrenbach auf ein Jahr berechnet auf rund 110 Milliarden Euro belaufen.

Linder und Scholz gegen Einführung

Andere europäische Länder wie Italien, Griechenland, Spanien oder Großbritannien haben solche Steuern bereits eingeführt, die EU-Kommission gab für die Ausgestaltung eine Leitlinie heraus. Wie der Spiegel berichtet, lehnen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Einführung bis jetzt ab. Scholz argumentiert mit der schwierigen technischen Umsetzung, Lindner verwies im Gespräch mit der dpa auf den Koalitionsvertrag, der keine weiteren Steuererhöhungen vorsieht.

Die Macher der Studie appellieren hingegen an den politischen Willen und verweisen auf die Notwendigkeit einer solchen Steuer in Zeiten gestiegener finanzieller Not vieler Menschen.

“Eine Übergewinnsteuer ist verfassungsrechtlich möglich und technisch umsetzbar. Deutschland sollte sich ein Beispiel an anderen Staaten nehmen und durch die kurzfristige Einführung dringend benötige Einnahmen generieren“, betonte Studienautor Trautvetter.

Gewinne aus Deutschland in Deutschland versteuern

Der Vorschlag der Autoren: Deutschland solle kurzfristig eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne und Stromproduzenten einführen. Dabei würden die hier zu versteuernden Gewinne anhand des Umsatzes, der in Deutschland anfällt, ermittelt.

Ähnlich waren verschiedene EU-Länder bereits bei der Einführung einer Digitalsteuer vorgegangen. Diese ermöglicht die Besteuerung von Gewinnen aus der Digitalwirtschaft in Ländern, in denen das profitierende Unternehmen keinen klassischen Firmensitz vorweist.

Bisher versteuern die internationalen Mineralölkonzerne einen großen Teil ihrer Gewinne, die sie hierzulande erwirtschaften, nicht in Deutschland, sondern verbuchen sie in Steueroasen.

Die Einführung einer Übergewinnsteuer in Deutschland könnte mittelfristig auch eine angestrebte internationale Steuerreform der OECD beschleunigen. Die Industrieländerorganisation hat Pläne für eine allgemeingültig abgestimmte Übergewinnsteuer vorgelegt.

Für ihre Berechnung potentieller Erträge aus einer Übergewinnsteuer gehen die Autoren beispielhaft von einem Steuersatz von 25, 50 oder 90 Prozent auf 113 Milliarden Euro Übergewinn aus. Das ergäbe Steuermehreinnahmen von 28,3 bzw. 56,5 bzw. 101,7 Milliarden Euro.

Länder wie Griechenland und Spanien besteuern Übergewinne derzeit mit 90 Prozent, in Rumänien sind es 80 Prozent.

Verwandte Themen


Keine Kommentare