Wut und Enttäuschung: H&M-Mitarbeiter demonstrieren gegen Stellenabbau

5.2.2021, 17:46 Uhr
Unter dem Motto "Händeweg von unseren Arbeitsplätzen" demonstrierten einige Mitarbeiter und Vertreter der Gewerkschaft Verdi Mittelfranken vor dem Nürnberger Geschäft in der Karolinenstraße.

© Eduard Weigert, NNZ Unter dem Motto "Händeweg von unseren Arbeitsplätzen" demonstrierten einige Mitarbeiter und Vertreter der Gewerkschaft Verdi Mittelfranken vor dem Nürnberger Geschäft in der Karolinenstraße.

Der Unmut unter den Beschäftigten des H&M-Geschäfts in der Nürnberger Innenstadt über den Stellenabbau ist groß: "Man fühlt sich minderwertig und alleingelassen mit seiner Existenzangst", beschreibt es eine der Verkäuferinnen. Seit 20 Jahren arbeite sie bereits für das Unternehmen. Früher sei die Stimmung im Team noch wesentlich besser gewesen. "Als die 400. Filiale eröffnet hatte, gab es zum Beispiel ein großes Fest. Man fühlte sich wie eine Familie. Mittlerweile werden wir nur noch auf Umsatzzahlen reduziert."

Ihrem Ärger und der Enttäuschung machten die Mitarbeiter des Geschäfts in der Karolinenstraße am Freitagvormittag Luft: Unter dem Motto "Hände weg von unseren Arbeitsplätzen" demonstrierten sie gegen den geplanten Stellenabbau, an ihrer Seite Vertreter der Gewerkschaft Verdi. Um das Motto zu unterstreichen, zierten Blätter mit Handabdrücken und Sprüchen eine Leine, die vor dem Geschäft aufgespannt war. "Mit der Aktion wollen wir aber nicht nur zeigen, dass H&M unsere Arbeitsplätze erhalten soll, sondern auch, dass diese Hände den Erfolg des Konzerns überhaupt möglich gemacht haben", erklärte eine Mitarbeiterin des Betriebsrats die Symbolik.

Selbst vor Ort waren wegen der aktuellen Corona-Situation nur wenige der insgesamt 87 Mitarbeiter. Laut Verdi Mittelfranken will H&M in dem Geschäft 2404 Stunden abbauen, das komme einem Abbau von rund 28 Prozent der Gesamtarbeitszeit in der Filiale gleich. Wie viele Mitarbeiter das sind, könne man wegen der unterschiedlichen Verträge und Wochenarbeitszeiten allerdings nicht sagen, so eine Vertreterin der Gewerkschaft vor Ort. Der Konzern selbst wollte sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht zu den von Verdi genannten Zahlen äußern.

Bereits bekannt ist allerdings, dass H&M bundesweit 800 Stellen abbauen und zudem 12 der 393 Geschäfte schließen will. Von dem Aus bleiben die Filialen in der Region zwar verschont, vom Stellenabbau allerdings nicht. Laut Verdi trifft es neben der Filiale in der Nürnberger Karolinenstraße auch H&M-Geschäfte in Würzburg, Weiden, Aschaffenburg, Ingolstadt und Schweinfurt.

Warum in Nürnberg ausgerechnet die Filiale in bester Innenstadtlage betroffen ist, dazu hat die Gewerkschaft eine Vermutung: "Der Konzern hat sich alle Filialen, die dortigen Mitarbeiter und deren Stunden angeschaut. Und in diesem Geschäft gibt es im Vergleich viele Mütter, Väter und ältere Beschäftigte, die eben nur zu bestimmten Zeiten arbeiten können." Eben die würden nun auch von H&M gezielt angesprochen, so die Gewerkschaftsvertreterin weiter.

Sorgen macht den Mitarbeitern auch das Alltagsgeschäft nach dem Stellenabbau. "Ich weiß nicht, wie wir das durchhalten sollen. Wenn jemand krank wird, haben wir praktisch keinen Ersatz mehr." Deswegen treffe das Sparprogramm auch nicht nur die, die gehen würden, sondern die ganze Belegschaft.

Umsatzeinbruch durch Corona

Wie der Konzern selbst bestätigt, will er zunächst versuchen, das Personal über ein Freiwilligenprogramm abzubauen. Sollten sich nicht genügend Angestellte melden, werde es betriebsbedingte Kündigungen geben, schreibt H&M auf Anfrage. Der Nettoumsatz der H&M-Gruppe sank im Geschäftsjahr von Dezember 2019 bis November 2020 um rund 18 Prozent auf rund 18,3 Milliarden Euro.


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Die Modekette macht dafür vor allem die beiden Lockdowns im Zuge der Corona-Maßnahmen verantwortlich, verweist aber auch auf das veränderte Kundenverhalten. So treibt der Konzern bereits seit einiger Zeit einen Umbau zu mehr Online-Geschäft massiv voran. Im Herbst 2020 hatte Helena Helmersson, Geschäftsführerin des schwedischen Mode-Riesen, angekündigt, weltweit 250 Filialen zu schließen.

Für die hiesigen Angestellten hatten Gewerkschaft und Betriebsrat den Konzern bereits zuvor zu Verhandlungen über einen Digitalisierungstarifvertrag aufgefordert. In dem sollte festgelegt werden, Mitarbeiter bei Bedarf umzuschulen, anstatt zu entlassen. "Also Digitalisierung mit uns anstatt ohne uns", sagte ein Mitglied des Betriebsrats. H&M hat laut Gewerkschaft und Betriebsrat Gespräche zu dem Vorschlag ausgeschlagen.

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