Zorbing: In der Plastikkugel die Hänge hinunter

25.8.2007, 00:00 Uhr
Zorbing: In der Plastikkugel die Hänge hinunter

© Schafnitzl

Auf der Suche nach dem ultimativen Kick gilt nun also das Zorbing als letzter Schrei unter Outdoor-Aktivitäten wie Bungeejumping, Canyoning oder Rafting. Mit einem neuen Zorb-Parcours in der Nähe von Waischenfeld reagierte die «Aktiv Reisen GmbH» aus Muggendorf auf die Wünsche ihrer spaßbedürftigen Klientel. Das sanft abfallende Wiesengrundstück eignet sich hervorragend für Zorbonauten.

Diese müssen, so wollen es die strengen Vorschriften, mindestens 14 Jahre alt, über 1,60 Meter groß und gesund sein. Eine kleine Gruppe junger Leute, die diese Voraussetzungen augenscheinlich erfüllen, wartet bei steigenden Temperaturen am Start. Gerade wurde der in der Sonne schillernde, etwa 90 Kilogramm schwere Zorb vom Wiesengrund nach oben befördert. Die futuristisch anmutende Kugel wirkt hinter dem tuckernden Traktor merkwürdig fehl am Platz.

Tausend bunte Seile

Guckt man den überdimensionalen Ball genauer an, sieht man zwei Kugeln - eine Außen- und eine Innenkugel. In die gelangt man durch eine schmale Schleuse. Die Innenzelle ist etwa mannshoch. Der Raum zwischen den Kugeln ist prall mit Luft aufgepumpt. Er puffert wie ein Rundum-Airbag die Stöße des Hügellaufs ab. Zwischen Außen- und Innenhaut spannen sich etwa tausend farbige Seile. Sie verleihen der Innenkugel ein so stacheliges wie buntes Aussehen und halten sie genau in der Mitte.

Die Erfinder des Zorbs, Dwane van der Sluis und Andrew Akers, hatten in den neunziger Jahren nach einer Möglichkeit gesucht, auf dem Meer in einem aufblasbaren Ball zu treiben. Er sollte beim Ausstieg jedoch nicht die Luft verlieren. Vom Neuseeländer Strand aus trat der Zorb seinen Siegeszug um die Welt an.

In Waischenfeld wird der Zorb nach dem letzten Lauf gerade noch einmal an die Pumpe angeschlossen. Über kleine Blessuren der Außenhaut verliert die Kugel bei jedem Lauf etwas Luft. Prall steht sie wieder in Startposition. Zwei junge Männer sind die nächsten Kandidaten. Wer es auf Anhieb schafft, über die schmale Schleuse ins Innere zu hechten, hat den ersten Tauglichkeitstest bereits bestanden. Schuhe und spitzer Modeschmuck sind in der Vinylzelle tabu. Idealerweise schlüpfen zwei Passagiere in die gegenüberliegenden Ganzkörpergurte.

Wie vorgeburtliche Zwillinge liegen die beiden Zorbpiloten in ihrer Zelle und grinsen erwartungsvoll. Sie haben sich festgezurrt und sind jetzt startklar. «Eins, zwei und los!» Drei Mitarbeiter geben dem Zorb und seiner Fracht den entscheidenden Startschub. Die Kugel rollt über die Kante und gewinnt an Tempo. Immer schneller wechseln Himmel und Gras im Blickfeld der Zorbonauten. Gedämpftes Kichern und Kreischen dringen vom Hang nach oben zu den Schaulustigen. Die beiden Männer kämpfen mit Flieh- und Schwerkräften; empfindliche Fahrgäste oft auch mit der Übelkeit. Markus Herbst von «Aktiv Reisen» grinst: «Das kommt schon vor, dass jemand mehr verliert als er möchte. Aber dazu gebe ich keine Zahlen bekannt.»

Vorher besser nicht viel essen

«Den Magen sollte man sich vor einem Zorb-Abenteuer lieber nicht voll schlagen», rät auch der Kollege Xaver Kirch. Die Geschwindigkeit auf dem Parcours bei Waischenfeld liegt im unteren Bereich. Auf Zorb-Stationen mit geführten Bahnen saust der Ball jedoch mit einem Tempo von bis zu 50 Stundenkilometern zu Tal. Dabei überschlagen sich die Passagiere wie beim Schleudergang einer Waschmaschine. Zum Schutz der Wirbelsäule müssen die Fahrgäste vor dem Start eine Halskrause anlegen. So mancher würde sich da wohl eher die Kugel geben, als sich in dieselbe zu begeben.

Damit es nicht zu schweren Unfällen kommt, verknüpfen die neuseeländischen Erfinder des Zorbings ihre Lizenzen mit strengen Auflagen. Der Nürnberger Michael Stemp, er ist der Geschäftsführer von Zorb Europe, berät die lokalen Anbieter zu Sicherheitsstandards bei Aufbau und Betrieb der Stationen. Das Gelände darf zum Beispiel ein bestimmtes Gefälle nicht überschreiten und muss am Ende einen Auslauf haben, wo der Ball sanft zum Stehen kommt. Die Anbieter von Zorb-Runs müssen zudem eine Trainerlizenz bei Zorb Neuseeland erwerben. Auch die Kugeln selbst gibt es nur dort, das Stück für 25 000 (!) Euro. Etwa 2000 Zorbs kullern mittlerweile über den Globus.

Michael Stemp bietet auch Firmen und Privatkunden individuell zugeschnitte Zorb-Runs an. Zorbs sind Hingucker und erfreuen sich bei Großveranstaltungen wie der Blauen Nacht 2006, aber auch als Werbeträger großer Firmen zunehmender Beliebtheit. Sogar die renommierte British Shakespeare Company ging im vergangenen Sommer mit einem schillernden Zorb als Requisit auf Tournee.

Aus dem Ball Nr. 1145 in Waischenfeld krabbeln mittlerweile zwei frisch gekürte Zorbonauten. In Socken wandern sie noch etwas wackelig den Hang hinauf. Ob der minutenkurze Spaß die 35 Euro pro Person wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Wer nicht so gern kopfüber purzelt, kann sich für die «Nass-Variante» entscheiden, den so genannten HydroZorb. Dabei werden einige Liter Wasser in die Kabine geschüttet, um die Reibung zu verringern. Der Passagier gleitet dann im Zorb frei und ohne Sicherheitsgurt wie auf einer Wasserrutsche den Berg hinab.

Zorben kann man nicht zuletzt auch ohne Hang auf einer flachen Ebene. Allein durch die Koordination ihrer Bewegungen können die Zorbonauten einen abgesteckten Parcours entlangrollen und sich gruppenweise Wettkämpfe liefern. Hier wird vor allem Geschicklichkeit benötigt. Dafür ist der Adrenalinausstoß deutlich niedriger.

www.zorb.de

www.aktiv-reisen.com / zorbing.htm

0 91 96 / 99 85 66

Michael Stemp, Zorb Europe

09 11 / 44 45 25

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