In Kriegszeiten bot die Kirchenburg Zuflucht

17.9.2015, 19:09 Uhr
In Kriegszeiten bot die Kirchenburg Zuflucht

© Foto: Günter Distler

1. Station: Herrensitz Neunhof

Vom Ausgangspunkt an der U-Bahnhofstation am Flughafen geht es parallel zur Flugfeldumzäunung bis nach Kraftshof. Hinter dem Friedhof folgen wir den Wegen durch die Felder bis zur Feldseite des Neunhofer Herrensitzes.

Zum Schutz ihrer Liegenschaften vor den Toren der Reichsstadt errichteten Nürnberger Bürger Kleinstburgen, die als Herrensitze bezeichnet werden. Den Angriff kleinerer Gruppen konnte ein Herrensitz abwehren, bei größeren Verbänden hatte er keine Chance. Nur das Zusammenwirken nahestehender Sitze hatte hier Aussicht auf Erfolg. Die städtische Strategie der Vorfeldverteidigung mittels der Herrensitze ist im 1. Markgrafenkrieg 1449/50 weitestgehend aufgegangen, jedoch gingen im 2. Markgrafenkrieg 1552/53 viele der Sitze verloren, da man versäumte, sie baulich an die Waffentechnik anzupassen.

Zu den wenigen, die den Krieg ohne größere Schäden überstanden haben, zählt der Herrensitz in Neunhof, den Hans Kreß 1479 errichtete. Auf einem zweigeschossigen Fuß aus Sandstein mit Schießscharten ruhen ein auskragendes Fachwerkgeschoss und ein Satteldach, das zu den Giebelseiten mit einem Zwerchhaus abschließt. Zur Erneuerung der Verteidigungsanlage kam es 1503, die bis dahin nur aus einem Palisadenzaun bestand. Entstanden sind eine Zwingermauer und ein mit Sandstein verkleideter Wassergraben, über den eine hölzerne Brücke mit Torhaus in den benachbarten Wirtschaftshof führt. Die Fachwerkfassaden wurden 1599 verputzt und im Farbton des Nürnberger Sandsteins bemalt, um den Herrensitz als Massivbau erscheinen zu lassen. Das Gebäude wird seit 1956 als Museum genutzt, ist aber in diesem Jahr wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.

In Kriegszeiten bot die Kirchenburg Zuflucht

© Foto: Günter Distler

2. Station: Kirchenburg Kraftshof

Auf dem gleichen Weg zurück nach Kraftshof können wir schon einmal das sich nahende Kirchenburg-Ensemble genießen, zu dem wir vom Friedhof aus nach rechts abbiegen.

Ein Krieg in reichsstädtischer Zeit brachte für die ländliche Bevölkerung meist großes Leid mit sich. Wer konnte, floh hinter die Mauern der Reichsstadt. Den Bewohnern weiter entfernt liegender Dörfer blieb nur die Flucht in den Wald oder in eine Kirchenburg. Eine der besterhaltenen Bauten dieser Art in unserer Region steht in Kraftshof. In seiner Mitte befindet sich die St. Georgskirche, die heuer ihr 700jähriges Weihejubiläum feiert. Die drei unteren Kirchturmgeschosse aus dem 14. Jahrhundert gehören zu den ältesten Bauteilen. Ihre massiven
Mauern, die Schießscharten und der hoch gelegene Zugang künden von einer möglichen Funktion als Wehrkirche. Das Langhaus aus der Bauzeit musste um 1438/40 einem Neubau weichen. Im Jahr 1556 erhielt die Kirche ihr heutiges Erscheinungsbild.

Zur Kirchenburg wurde das Kirchenareal 1507/12 mit dem Bau einer Wehrmauer und einem gedeckten hölzernen Wehrgang. Zum Schutz der Flanken entstanden zeitgleich fünf Rundtürme in den Mauerecken. Darüber hinaus sorgte die Lage am Dorfrand für ein freies Schussfeld und die Anordnung des Tores zur Dorfseite ermöglichte den Bewohnern ein schnelles Erreichen der Kirchenburg. Beachtenswert sind neben den vielfältigen Schießscharten die Farbfassungen auf der Wehrmauer, die dem Nürnberger Sandstein entsprechen und der gesamten Ensemble ein einheitliches Aussehen verliehen.

3. Station: „Goldener Stern“ in Buch

Unsere Route geht auf der Kraftshofer Hauptstraße weiter. An der Straßengabelung nach links, die Erlanger Straße queren und kurz darauf ist der „Goldene Stern“ erreicht.

In einem Dorf war es früher ein Leichtes, das Wirtshaus anhand der traufseitigen Ausrichtung zur Straße und der zweigeschossigen Bauweise von den erdgeschossigen und giebelständigen Bauernhäusern zu unterscheiden. Übereinstimmung bestand hingegen bei der Konstruktion, wobei Neuerungen wie der Dreiecksgiebel und Sandsteinfassaden bei einem Wirtshaus schon weitaus früher zur Ausführung kamen.

Am nördlichen Rand von Buch entstand 1647/48 das Wirtshaus „Goldener Stern“, in dem auch Familienfeiern und die Beherbergung von Gästen erlaubt waren. Von diesem Privileg künden noch heute im 1. Stock der Tanzsaal und die „Gute Stube“ für die betuchten Gäste. Auf den Namen „Goldener Stern“ weist auch der Ausleger hin, der einst Bestandteil eines jeden Wirtshauses war. Neben den zu erwarteten Fachwerkfassaden, die zur Bauzeit sichtbar waren, wurden die Erdgeschossfassaden bereits aus Sandstein und die Giebel dreiecksförmig errichtet. Konrad Ehmann schuf 1947 auf der Straßenseite das weit über das Knoblauchsland hinaus bekannte Gemälde. Im Heimatstil stellte er die verschiedenen Standesgruppen dar, die im „Goldenen Stern“ einst verkehrten.

4. Station: Schloss Almoshof

Die Radtour führt weiter über die Baststraße, den Hofwiesenweg sowie den Georg-Ziegler-Weg. Unter der Erlanger Straße geht es hindurch und dann gleich rechts zum Wellenweg. Über die Hugo-Sperl-Straße erreicht man die Almoshofer Hauptstraße und das dortige Barockschloss.

Ihren militärischen Wert hatten die Herrensitze spätestens nach dem Dreißigjährigen Krieg verloren. Neben den Verwaltungsaufgaben stand nun die Nutzung als Sommerfrische im Vordergrund.

Vielleicht hatte Sigmund Elias Holzschuher die barocken Schlösser im Blick, als er sich 1692 dazu entschloss ein Schlösschen in Almoshof zu bauen. Im Jahr darauf entstand ein zweigeschossiges, hufeisenförmiges Sandsteingebäude um einen kleinen Ehrenhof, dessen Mittelbau gegenüber den Seitenflügeln durch ein doppelt so hohes Satteldach betont wird. Typische Merkmale für die Barockzeit sind die symmetrische Errichtung der Baukörper und deren axiale Anordnung. Das Schlösschen und die U-förmigen Wirtschaftsgebäude sind hier ein Lehrbeispiel. Die Familie Holzschuher verkaufte das Schlösschen 1941 an die Stadt. Seit 1986 befindet sich darin ein städtischer Kulturladen, der die Möglichkeit bietet, die hochwertige bauliche Innenausstattung zu besichtigen.

In Lohe in die Lohestraße stadteinwärts einbiegen und auf dieser bis nach Kleinreuth h.d.V. bleiben. Dort nach links in die Mittelstraße. An ihrem Ende rechts in einen Feldweg der direkt nach Großreuth hinter der Veste (h. d. V.)führt.

In Kriegszeiten bot die Kirchenburg Zuflucht

© Foto: Bauernhausfreunde

5. Station: Schwedenhaus Großreuth

Es geht weiter nach Lohe und dort rechts in die Lohestraße. In Kleinreuth h. d. V. geht es links in die Mittelstraße. An ihrem Ende führt uns ein Feldweg rechts direkt nach Großreuth h.d.V. und zu unserem Ziel in der Großreuther Straße 98.

Die Urform der bäuerlichen Hausform im Nürnberger Umland bestand aus einem Erdgeschoss in Fachwerkbauweise und einem Walmdach. Die Walmsparren verliefen hierbei radial, was konstruktiv das dreieckige Rauchloch bedingte und den Häusern das markante Aussehen bescherte. Der Stadel unterschied sich vom Bauernhaus in der Außenansicht nur durch die hohen Tore für die Erntewagen, die das ungedroschene Getreide transportierten. Das Korn wurde hingegen im Bauernhaus gelagert, in dem die Familie mit ihrem Vieh unter einem Dach lebte, was zu der Bezeichnung Wohnstallhaus führte. Zu ihnen zählt auch die Großreuther Straße 98. Für wen es 1557 errichtet wurde, ist nicht bekannt. Möglicherweise wurde es von einem Kleinbauern genutzt, oder ein Altbauer hatte hier sein Hofhäuslein.

Die Bevölkerung gab diesen Häusern im 19. Jahrhundert den Namen „Schwedenhaus“, da sie die Bauzeit vor dem Dreißigjährigen Krieg als Schwedenzeit einordneten. Gebaut wurden die Schwedenhäuser tatsächlich nur bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Heute ist die Großreuther Straße 98 das letzte Schwedenhaus und eines der ältesten Bauernhäuser im Stadtgebiet. Zurzeit wird es von den Nürnberger Bauernhausfreunden instand gesetzt.

Vom Endpunkt unserer Route sind der Flughafen und die Altstadt wieder leicht zu erreichen.

Erich Mulzer: Vor den Mauern Nürnbergs. Nürnberg 1961.

Der Reichswald. Holz für Nürnberg und seine Dörfer. Hrsg. von Herbert May und Markus Rodenberg, Bad Windsheim 2013, Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums, Band 66.

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