1. Februar 1967: Polizei unter neuem Kommando

1.2.2017, 07:00 Uhr
1. Februar 1967: Polizei unter neuem Kommando

© Gerardi

Bei diesem offiziellen Kommandowechsel, dem die Anwesenheit der beiden Bürgermeister und vieler Stadträte eine besondere Bedeutung verlieh, stellte Präsident Dr. Herold für sich und seine Beamten den Leitsatz auf: „Für den Bürger und um seinetwillen sind wir überhaupt da!“ Erich Hess aber äußerte die Gewißheit, daß sein Nachfolger im hohen Amt auf dem erfolgreichen Wege weitergehen wird.

Lorbeerbäume und Blumenschalen gaben dem nüchternen Lehrsaal im Polizeipräsidium einen Hauch von Festlichkeit, als sich die Referenten, der Ältestenrat des Stadtrats, die Spitzen anderer Polizeiorgane und die leitenden Nürnberger Beamten zu Abschied und Willkomm für den Herrn im Hause Ludwigstraße 36 trafen.

Innenminister lobt Nürnbergs Polizei

Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter, der bisher die Polizei in seinem Amtsbereich geführt hat und sie nun an seinen Kollegen Franz Haas abgibt, würdigte Erich Hess als „eine Persönlichkeit, die viel für den Aufbau der Polizei geleistet hat.“ Wenn Nürnberg mit seiner Aufklärungsquote von Verbrechen an der Spitze aller deutschen Städte steht, wenn den Beamten vom bayerischen Innenministerium immer wieder hervorragende Leistungen bescheinigt werden, wenn das polizeiliche Verhalten in den letzten Jahren nicht wie anderswo heftige Kritik hervorgerufen hat, so sei dies ein Verdienst ihres Präsidenten.

„Vor Ihnen, lieber Herr Kollege, liegt ein reiches, bewegtes Aufgabenfeld“, sagte das Staatsoberhaupt zu Dr. Horst Herold, der von nun an 1321 Beamten der Kriminal- und Schutzpolizei befehligt. Der 43jährige Präsident könne zwar auf einen moderne, fortschrittliche Polizei bauen, müsse aber alle technischen Methoden der Gegenwart und Zukunft daraufhin prüfen, ob sie sich zum Schutz der Bevölkerung nutzbar machen lassen. Hess zum Dank, Herold zur Verpflichtung, rief der Oberbürgermeister aus: „Stadtrat und Bürgerschaft waren und sind stolz auf ihre Nürnberger Polizei!“

„Ich wurde immer kollegial unterstützt“

Der Weg der Beamten aus „miesen, mitunter unwürdigen Unterkünften“ zu den Großraumrevieren und dem Präsidiumsneubau rechnete Kriminalhauptwachmeister Willi Rachinger als Personalrat zu den herausragenden Taten in der Amtszeit von Präsident Erich Hess. Er sprach jedoch auch von den hohen Erwartungen, die an den neuen, „mit Tatkraft und Ideen wohlversehenen“ Chef geknüpft sind, und verhieß im gleichen Atemzug: „Seine kluge Art, sich Sympathien und Freunde zu verschaffen, und sein guter Stil der Zusammenarbeit versprechen für die Zukunft viel Glück und Erfolg.“

Bewegt dankte Präsident Hess für das hohe Lob, das seiner Arbeit bei dieser Gelegenheit gezollt wurde. Er habe seine Tätigkeit in Nürnberg jedoch um so leichter ausüben können, als er von allen Seiten unterstützt worden sei, „Worum mich viele meiner Kollegen in der Bundesrepublik beneidet haben“.

Beifall für den „ersten Mann“

Als wesentliches Ziel bezeichnete es der neue Präsident, den anerkannt hohen Leistungsstand der Polizei nicht zu erhalten, sondern zu steigern. Die Kripo müsse sich künftig – bei dem sinkenden Beweiswert des Geständnisses und der abnehmenden Bedeutung von Zeugenaussagen – mehr auf nachprüfbare Sachbeweise konzentrieren, die technische und wissenschaftliche Methoden für das Denken und die Arbeitsweise voraussetzen. Der Schutzpolizei, die heute zu 80 v. H. mit dem Verkehr beschäftigt ist, falle die Aufgabe zu, ihren Namen wieder mehr Ehre zu machen, nämlich dem Schutz der Bevölkerung zu dienen. „Dem Bürger ist weniger mit Aufklärungserfolgen als vielmehr mit der Verhütung des Verbrechens gedient“, erklärte Dr. Herold.

Langer Beifall seiner leitenden Beamten mag dem ersten Mann der Nürnberger Polizei gezeigt haben, daß er mit ihrer Gefolgschaft rechnen darf. Seine Arbeit wird in der Bevölkerung um so mehr Widerhall finden, je stärker seine Mitarbeiter dem Leitsatz folgen, daß die Polizei für den Bürger da ist, nicht aber der Bürger ihr Befehlsempfänger.

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