1. Oktober 1967: Jagd auf Autoräuber

1.10.2017, 08:25 Uhr
1. Oktober 1967: Jagd auf Autoräuber

© Ulrich

Ein bewaffneter Autoräuber hielt gestern nachmittag die Polizei in Atem. Über hundert Beamte jagten mit 35 Streifenwagen einen etwa 40jährigen Mann, der im Wald bei Fischbach den 46jährigen Handelsvertreter Heinrich A. aus Boxdorf überfallen hatte und mit dem grünen Volkswagen seines Opfers über die Autobahn in Richtung Tennenlohe geflüchtet war. Obwohl bereits dreißig Minuten nach der Tat der nördliche Landkreis Fürth hermetisch mit Polizeiposten abgeriegelt war, konnte der Täter entkommen. Er stellte das Fahrzeug fast vor der Haustür des Handelsvertreters ab, "tarnte" sich als Anhalter und fuhr mit einem Lastwagen in Richtung Neunhof davon.

Der Räuber hatte es offenbar nur auf das Auto abgesehen, denn als Kriminalbeamte später die Tür des VW öffneten, atmete der Besitzer erleichtert auf. Die braune Aktentasche mit 1500 Mark in bar und Geschäftsunterlagen befand sich noch auf dem Rücksitz.

Heinrich A. hatte gegen 12.45 Uhr seine Kundenbesuche unterbrochen und am Brunner Weg, etwa 500 Meter hinter Fischbach, eine kurze Rast eingelegt. "Ich saß in meinem Wagen und aß ein Vesperbrot", berichtete der Handelsvertreter der Kripo. "Plötzlich sprang ein Mann auf mich zu, riß die Wagentür auf und richtete eine Pistole auf mich." Mit den Worten "Komm raus, komm raus!" forderte er den ahnungslosen und überraschten Boxdorfer auf, seinen VW zu verlassen. "Ich war derart erschrocken", erinnerte sich der Überfallene, "daß ich einen Moment noch sitzenblieb." Als der Unbekannte jedoch erneut mir der Pistole drohte, verließ Heinrich A. sein Auto. Der Täter sprang hinter das Steuer. Weil der Zündschlüssel steckte, konnte er sofort starten und davonrasen.

"Ich habe den Burschen am Waldrand stehen sehen", meinte der Vertreter, "aber ich dachte, es ist ein Pilzsammler. Er kam mir deshalb auch nicht verdächtig vor." Gleich nach dem dramatischen Überfall, bei dem der Dieb seinen grauen Pullover tief ins Gesicht gezogen hatte, hielt Heinrich A. einen Nürnberger Autofahrer an und fuhr mit ihm zur Autobahnpolizei Fischbach. Die Beamten verständigten ihre Kollegen von der Landespolizei Feucht, die sofort eine Großfahndung nach dem Täter auslösten.

Dem flüchtenden Burschen waren eine knappe Stunde später die Polizeihauptwachtmeister Franz H. (33) und Harald B. (24) aus Zirndorf dicht auf den Fersen: sie hatten, mit Maschinengewehren bewaffnet, bei Mannhof ihren Posten bezogen, als plötzlich der grüne VW an ihnen vorbeipreschte. Die Beamten gaben Vollgas und nahmen die Verfolgung auf. Dazu sagte Harald B.: "Ich kam auf etwa 150 Meter an das Auto heran. Mit etwa 120 Stundenkilometern raste ich dem Wagen zwischen Stadeln und Steinach hinterher. Aber in der kurvenreichen Ortschaft habe ich ihn aus den Augen verloren." Wie seine Kollegen später feststellten, war der Dieb nach links in Richtung Boxdorf abgebogen, wo er bei der alten Ziegelei das Auto abstellte – nahe der Berliner Straße, in der der 46jährige Handelsvertreter wohnt.

Die nächste Station der Flucht hat eine Klasse von 30 Schulkindern beobachtet, die gerade von einem Ausflug zurückkehrten. Zwei Buben sahen, wie aus einem in Richtung Neunhof fahrenden Lastwagen eine Sonnenbrille geworfen wurde. Polizeihauptwachmeister Harald B., der den Räuber deutlich gesehen hat, war überzeugt davon: "Das ist die gleiche Brille, die der Bursche getragen hat." Vermutlich wollte sie der Täter deshalb beseitigen, weil ihm zu diesem Zeitpunkt die Polizei bereits gefährlich nahe gekommen war. Die Beamten suchen jetzt dringend den Lastwagenfahrer, der den Täter vermutlich an der Kreuzung der Zufahrtstraße von Boxdorf mit der B 4 mitgenommen hat.

Der Täter ist etwa 40 Jahre alt, 180 cm groß, untersetzt und hat ein rundes, volles Gesicht. Er trug eine graue Hose, beigen bis braunen Lamberjack, eine gestrickte Pudelmütze mit Quaste und einen grauen Pullover. Hinweise nimmt die Polizei entgegen.       

Verwandte Themen


Keine Kommentare