Schon in der Steinzeit ein besonderer Berg

2.3.2013, 00:00 Uhr
Schon in der Steinzeit ein besonderer Berg

© Hermann Rusam

Von welcher Himmelsrichtung man sich dem Moritzberg auch nähert: Schon aus großer Entfernung hebt sich seine markante Silhouette deutlich vom Horizont ab. Mit seinen 603 Metern Höhe bildet der Berg, welcher der Jurastufe vorgelagert ist, das „weithin sichtbare Wahrzeichen unserer Gegend“ (Georg Gärtner).
Von seinem geologischen Aufbau haben wir im Juni de vergangenen Sommers berichtet – heute wenden wir uns seiner reichhaltigen Kulturgeschichte zu, die weit in die Vergangenheit zurück reicht. Der Berg hieß früher Leinbürg, wie das heutige Dorf zu seinen Füßen. Dabei kommt das Wort „lein“ nicht etwa von Lehm – es bedeutet vielmehr Fels.
In unserem Zusammenhang ist das Grundwort „-bürg“ – das sich auch bei der Ehrenbürg, der Houbürg oder bei der Gelben Bürg findet – von besonderer Bedeutung, denn auf all diesen Bergen hatten die Kelten Befestigungswälle gebaut. So liegt die Vermutung nahe, dass auch der Gipfel des Moritzbergs einst von einem solchen Ringwall umgeben war. Doch durch Steinbrucharbeiten – der Moritzberg bot das für Nürnberg nächstgelegene Kalkvorkommen – wurde die ganze Kante der Gipfelfläche abgetragen. Über 70 Prozent des Gipfelplateaus fielen dem Abbau zum Opfer. Damit verschwanden auch die letzten Reste etwaiger Besiedlung oder Wälle.

Hügelgräber längs des alten Weges

Da auch die Humusdecke der Gipfelfläche weitgehend zerstört ist, wird nur an ganz wenigen Stellen Vorgeschichtliches gefunden, vorwiegend im Nordteil des Plateaus. Jungsteinzeitliche Funde sind so spärlich wie Funde aus der Bronzezeit. Für die Urnenfelderzeit lässt sich eine stärkere Besiedlung feststellen, Dann aber folgt eine Phase der Fundleere. Erst für den Übergang von der späten Hallstattzeit in die frühe Latènezeit ist wieder eine stärkere Besiedlung belegt. Insgesamt ist die Anzahl der Funde – obwohl sie immerhin beweisen, dass der Moritzberg schon in der Steinzeit besiedelt war – eher enttäuschend. Auf einen alten Weg, der von Norden her geradeaus zum Gipfel des Moritzberges führte, deuten vier oder fünf in einer Reihe liegende Hügelgräber südlich von Weigenhofen hin.

Schon in der Steinzeit ein besonderer Berg

© Grafische Sammlung der Stadtgeschichtlichen Museen

Im Jahr 1419 ließ der wohlhabende Nürnberger Patrizier und Senator Herdegen Valzner, seines Zeichens Münzmeister sowie Besitzer von Brunn, Gleißhammer, Letten und Valznerweiher, „auf dem Berg bei Leimburg eine Kapelle in St.Mauritius Ehren erbauen“ und bedachte sie mit einigen Einkünften. Der heilige Mauritius galt als Nothelfer für hufkranke Pferde. Nach dem Kapellenbau bürgerte sich statt „Leinbürg“ der Name „Moritzberg“ ein – der Name „Moritz“ ist die deutsche Version von „Mauritius“.

Die Kapelle entwickelte sich zu einer berühmten Wallfahrtsstätte. Selbst hundert Jahre nach Nürnbergs Übertritt zum evangelischen Glauben im Jahre 1525 strömten noch immer Scharen von bäuerlichen Pilgern (vor allem aus der Oberpfalz) zum heiligen Mauritius. In der Hoffnung auf die Heilung ihrer kranken Pferde nagelten sie zahlreiche Hufeisen an die
Kirchentür. Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts soll sich dieser Brauch gehalten haben. In jüngerer Zeit belebten Hobbyreiter diese Tradition wieder, in der abgewandelten Form des Mauritiusritts.
Die Chorturmkirche war nach dem Aussterben der Familie Valzner an die Fürer von Haimendorf gekommen. Die Kapelle ist noch immer eine sogenannte Eigenkirche und gehört Marie Luise, geborene Fürer von Haimendorf, und ihrem Gatten Dr. Bolko Edler von Oetinger. Im Inneren beherbergt sie einen Hauptaltar, jeweils neben dem Triumphbogen einen Seitenaltar sowie zahlreiche mit Wappen geschmückte Epitaphe und Totenschilde der Fürer.
Besondere Beachtung verdient die Figur des heiligen Mauritius aus der Anfangszeit des 16. Jahrhunderts. Sie stammt vielleicht vom VorgängerAltar. Mauritius war ein Schwarzer oder, wie man damals zu sagen pflegte, ein Mohr. Die Legende erzählt, dass er der Anführer der nur aus Christen bestehenden Thebäischen Legion war. Ende des dritten Jahrhunderts erlitt er den Märtyrertod, weil er sich weigerte, den alten Göttern zu opfern.

Kirchweih nach Bartholomäi

Die Moritzberg-Kirchweih findet alljährlich am 24. August, dem Sonntag nach Bartholomäi statt. Die Predigt hält der Pfarrer aus Leinburg. Der Kirchweihschutz an der „Capelln zu St.Moritz auf dem Leinberg“ wurde einst von der Reichsstadt Nürnberg ausgeübt. Der Chronist Truckenbrod berichtete 1786 von einem eigenartigen Brauch: „Die Kirchweih wird mit einer Kinderei solennisiert, indem der erste, der sich auf dem Berg einfand, mit einem Schweins- oder Schwartenmagen regalieret werden soll.“
Die Kirchweih war außerordentlich beliebt. 1790 zählte man rund tausend Gäste. Mit der Kirchweih war stets ein kleiner Jahrmarkt verbunden. In einem anonymen Bericht von 1815 heißt es anschaulich: „Wir verließen diese Kirche mit ihren Seltenheiten und bewunderten die Menge Menschen, welche sich unterdessen außen auf der Ebene gesammelt hatten. Eine ansehnliche Linie Brotverkäufer war das erste, was uns beim Heraustritt aus der Kirche zunächst in die Augen fiel; hinter denselben befanden sich Bratwürste- und Obstverkäufer und die übrige Ebene war mit feilgebotenen Sachen, meistenteils Gerätschaften für Bauern, als Hüte, Schuhe,
Peitschen, Pferdegeschirre, Halfter, Dreschflegel, Mückengarne usw. im Überfluß angefüllt. Die beträchtliche Menge von Bauern, welche sich unter den Anwesenden befanden, versahen sich hier nun mit allen nötigen Bedürfnissen ihrer Landwirtschaft.“
Truckenbrod berichtete, dass Ende des 18. Jahrhunderts noch immer ein Mann in der Klause der Kapelle gewohnt hat, den man „Bruder“ nannte. Die Klause ist längst zum Wirtshaus geworden.

Streit um das Erz

Aus dem um 1740 abgefassten Baumeisterbüchlein des Endres Tucher geht hervor, dass die Nürnberger den Kalk zum Betrieb der Kalköfen bei Leinburg und Diepersdorf am Gipfel des Moritzberges brachen. Noch heute ist ein über fünf Meter hoher Kalkofen aus dem 16. Jahrhundert in einem Wäldchen zwischen Rockenbrunn und Diepersdorf zu finden. Das Eisenerz des Doggersandsteins wurde bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bergmännisch abgebaut. Um die Schürfungsrechte an den Doggererzen gab es schwere Auseinandersetzungen zwischen der Reichsstadt Nürnberg und dem Markgrafen von Ansbach. Doch schon Ende des 17. Jahrhunderts wurde der Abbau beendet.
Mitte des 19. Jahrhunderts plante König Ludwig I. von Bayern, auf dem weithin sichtbaren Berg ein bayerisches Nationalheiligtum erbauen zu lassen. 1841 legte der Architekt Carl Alexander von Heideloff die Plänef ür einen monumentalen neugotischen Bau vor. Inmitten eines gewaltigen zehneckigen Kastells (mit zehn runden Türmen, nach der Zahl der Heerhaufen des Deutschen Bundes) sollte ein Tempel errichtet werden, der den Altar des Vaterlandes barg. Als Krönung des Tempels war eine 100 Fuß (rund 30 Meter) hohe Statue der Germania gedacht, „gestützt auf das teutsche Schwert und mit der Linken ein Bündel Pfeile emporhaltend, deren Spitzen bei Nacht zu Fest- und Kriegsflammen lodernd dargestellt werden können“.

Doch für die Ausführung fehlte es am nötigen Geld. 1903 entstand dann der Plan einer besteigbaren Bismarcksäule, die als Aussichtsturm dienen sollte. Auch diese Pläne zerschlugen sich. Immerhin nahmen sie den Gedanken eines Aussichtsturms vorweg, mit dessen Ausführung der „Verschönerungsverein Moritzberg und Umgebung“ 1910 begann. Das starke Wachstum der Bäume ringsum machte 1964 eine Aufstockung nötig. Die Aussicht reicht bis zur Fränkischen Schweiz, zum Fichtelgebirge, zum Steigerwald, zum Hesselberg, ja sogar bis zur Wülzburg bei Weißenburg. So bleibt der Moritzberg der „Hausberg der Nürnberger“.

 

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