Hospiz im Landkreis geplant

15.12.2014, 06:00 Uhr
Hospiz im Landkreis geplant

© Foto: Winckler

Laut seniorenpolitischem Gesamtkonzept, dem eine kontinuierliche Bedarfsplanung für die auch im Landkreis zusehends alternde Bevölkerung zugrunde liegt, bräuchte der Landkreis bereits jetzt sieben Hospizbetten. Bis 2030 wären es bis zu 13 Betten. Die Stadt Fürth mit eingeschlossen, in der etwa genauso viele Menschen leben, würde sich dieser Bedarf noch verdoppeln, rechnet Hanke vor.

Ginge es nach der bayerischen Staatsregierung, wäre der Bedarf mit den 32 Plätzen, die es in Nürnberg und Erlangen bereits gibt, für ganz Mittelfranken abgedeckt. Ein Bett für 60 000 Menschen erachtet der Freistaat Hanke zufolge als ausreichend — ein Schlüssel, mit dem sich Bayern im deutschlandweiten Vergleich an die allerletzte Stelle setzt. Eingeschlossen wäre ein zumutbarer Anfahrtsradius von 50 Kilometern. Für Angehörige eines Sterbenskranken kaum akzeptabel, wie Hanke findet.

Zumal die vorhandenen Hospizplätze ohnehin nicht reichen: Hanke zufolge müssen die Einrichtungen Nürnbergs und Erlangens doppelt so viele Anfragen ablehnen, wie sie bedienen können. Den tatsächlichen Bedarf vor Ort macht er an den vier Hospizappartements, die der Fürther Verein in Kooperation mit der Awo in deren Seniorenheim in Zirndorf seit 2006 betreut, fest: Im Schnitt 64 Patienten konnten die vier Schwestern jedes Jahr bei einer gemittelten Verweildauer von 19 Tagen betreuen, 55 Anfragen mussten mangels Platz abgelehnt werden. Bei aller Uneinigkeit über eine fundierte Bedarfsermittlung geht Hanke anhand dieser Belegung davon aus, dass ein Haus mit acht Betten für die Region Fürth inklusive des östlichen Landkreises Neustadt/Aisch eine adäquate Versorgung gewährleisten könnte.

Während das Defizit der Appartements unterm Dach des Helene-Schultheiß-Heims der Hospizverein über generöse Spender aufbringt, immerhin 55 000 Euro im Jahr, muss der Defizitausgleich bei einer eigenständigen, stationären Einrichtung auf verlässliche Basis gestellt sein: „Andernfalls machen die Krankenkassen nicht mit“, erklärt Hanke. Sie übernehmen nur 90 Prozent der Kosten. Zehn Prozent, so ist es geregelt, sind vom Betreiber der Einrichtung zu tragen, womit der Gesetzgeber verhindern will, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen auf die Idee kommt, am Sterben zu verdienen.

20 Cent je Bürger

So sucht Hanke derzeit Unterstützung für ein Partnerschaftsmodell, über das kreisangehörige Kommunen sowie die Stadt Fürth das Betriebsdefizit langfristig decken. Würde, so Hankes Rechenmodell, jede Kommune pro Einwohner 20 Cent im Jahr aufbringen, wäre das 72 000-Euro-Defizit, mit dem zu rechnen sei, abgefedert. Nicht berücksichtigt sind dabei die Investitionen für einen Neubau. Sie hofft Hanke über ein „im Fürther Raum sehr ausgeprägtes Mäzenatentum“ zu stemmen: „Wir haben viele Menschen, die um ihre Großzügigkeit keine großen Worte machen“.

In punkto Betriebskostenbeteiligung tut man sich auf kommunaler Ebene offensichtlich schwerer. Ammerndorf etwa will nicht pauschal Ja sagen, sondern allenfalls für Patienten aus dem eigenen Ort aufkommen. Generöser zeigt sich Obermichelbach, das, wie auch Langenzenn, Bereitschaft signalisierte, eine Pauschale aufzubringen. Puschendorf hat jüngst beraten, eine Entscheidung jedoch vertagt. Zu viele Unklarheiten machten die Gemeinderäte Bürgermeister Wolfgang Kistner zufolge noch aus. Zudem biete das Altenheim der Diakoniegemeinschaft bereits Sterbebegleitung. Und auch mit dem Standort Langenzenn — die Zennstadt-Spitze hat Hanke zufolge bereits ein Grundstück angeboten — ist Kistner nicht einverstanden. „Bei uns könnte man das genauso ansiedeln.“

Dass eine Beteiligung keiner Kommune auferlegt werden kann, ist auch Hanke klar. Rein kommunalrechtlich sind Städte und Gemeinden dazu nicht verpflichtet. Dem unbenommen erachtet es Hanke „als Pflicht der Bürgerschaft, sich um ihre Sterbenden zu kümmern“, wenn das im privaten Umfeld nicht mehr möglich ist — etwa weil der Schwerstkranke einen Pflegeaufwand benötigt, der ambulant nicht mehr zu leisten ist, oder, was oft genug vorkomme, Angehörige völlig ausgebrannt sind.

Oder mitunter auch deshalb, um einem Sterbenden den nötigen Abstand zu ermöglichen, um sich unabhängig von den Erwartungen der Familie und deren „Übermaß an Liebe“, das ihn möglicherweise ungewollt am Leben festhalten lasse, zu distanzieren, wie Hanke aus der Praxis berichtet.

Fraglos, dass auf der letzten Strecke Lebensweg eine intensive psychosoziale Begleitung der Schwerstkranken und ihrer Angehörigen erforderlich ist. Doch bei allen Überlegungen zur Refinanzierbarkeit eines Hospizes bleibt dieser Aspekt unberücksichtigt. „Dafür ist im Gesundheitssystem kein Geld vorhanden“, erklärt Hanke.

In der Hospizarbeit gewährleisten diese Begleitung auch geschulte Ehrenamtliche, allein den Bewohnern der Zirndorfer Appartements stehen ein Dutzend Helfer zur Seite. Und dieses Engagement setzt auch eine stationäre Einrichtung voraus, „anders ist diese Aufgabe gar nicht zu bewältigen, das gibt unser Sozialsystem nicht mehr her“, so Hanke.

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