Aus dem Bauerndorf wurde ein Firmenzentrum

22.5.2015, 17:28 Uhr
Aus dem Bauerndorf wurde ein Firmenzentrum

© Foto: Hermann Rusam

Scherbenfunde legen heute ein entsprechendes Zeugnis ab. Der
Ortsname „Tennenlohe” ist ein alter Rodungsname. Das Grundwort „-lohe” ist allerdings nicht, auch wenn das des öfteren behauptet wird, von „lodernder Flamme” (wie in „Waberlohe”) abzuleiten. Es bedeutet nach dem bekannten Namensforscher Herbert Maas „lichter Weidewald”. Eine andere Auffassung vertritt Johannes Bischoff, der auf „lo” oder „lou” zurückgreift, was „Sumpfwiese” bedeutet. „Tennen” geht auf „Tanne” zurück, hatte aber in Nürnberg auch die Bedeutung von „Nadelbaum” schlechthin.

Eldorado für Vogelfänger

Unmittelbar südwestlich des heutigen Schlosses grub Dr. Raschke 1964 Reste einer alten Turmhügelburg aus, 1265, das heißt vor 750 Jahren wurde dann der Ortsname der wohl etliche Jahrzehnte älteren Siedlung erstmals urkundlich erwähnt. Damals trat ein burggräflicher Dienstmann namens Conradus de Tenninloch als Zeuge auf. In der Folgezeit wechselten die Besitzer des Schlosses oft.

Das am Waldrand gelegene Tennenlohe scheint zeitweise geradezu ein Eldorado für Vogelfänger gewesen zu sein. Auf dem Pfinzing-Atlas von 1594 ist in der Nähe des Dorfes ein halbes
Dutzend Vogelherde eingetragen, wo einst mit Schlagnetzen Singvögel für den anschließenden Verzehr gefangen wurden. Einer davon war „Der Tezels Zu Tennenlo Herdt”. Er gehörte dem damaligen Schlossbesitzer Hans Christoph Tetzel.

Wie die beiden Brennpunkte einer Ellipse bildeten Schloss und Kirche die beiden Dominanten im Grund- und Aufriss des Dorfes. Nach der Zerstörung des Schlosses im dreißigjährigen Krieg erfolgte 1690 ein Neubau durch die Familie Peller. Sein heutiges Aussehen erhielt das Gebäude 1777/82 durch den Nürnberger Patrizier Jakob Gottlieb Volckamer. Den stattlichen zweigeschossigen Barockbau mit seinen Voluten und dem Mansardendach zieren im Inneren noch einige alte Stuckdecken. Seit dem 19. Jahrhundert dient das Schloss als Gaststätte mit dem naheliegenden Namen „Zum Schloss”.

Typisch protestantisch

Das den Ort viele Jahrhunderte in besonderer Weise prägende Gebäude ist zweifellos die Kirche. Sie war bis zur Reformation eine Tochterkirche von Bruck. 1421 wurde bereits eine Frühmesse erwähnt. Der heutige Bau mit dem von einem gotischen Spitzhelm bedeckten schlanken Turm stammt aus dem 15. Jahrhundert. Das Langhaus wurde 1766/68 barock umgestaltet.

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© Foto: Dietrich Puschmann

Aus gotischer Zeit stammt das Sakramentshäuschen. Das Innere mit seiner Doppel-Empore zeigt sich als typische protestantische Predigtkirche, erscheint doch 1528 Johann Rinner als erster Pfarrer der nun selbstständigen evangelisch-lutherischen Pfarrei. Über dem Torbogen sieht man in einer Rokoko-Kartusche die drei Wappen der Reichsstadt Nürnberg, der die Kirche unterstand. Erst 1973 erhielt die Pfarrei den Namen „Sankt Maria Magdalena”.

Von den alten Amtsgebäuden sei noch das Tennenloher Forsthaus erwähnt, ein stattlicher Sandsteinbau von 1732. Tennenlohe war nämlich seit alten Zeiten der Sitz einer der zehn Forsthuben des Sebalder Reichswaldes. Hier hatte der reichsstädtische Erbförster seinen Wohnsitz. Die Forsthuben waren Dienststellen des reichsstädtischen Rates, der im Auftrag des Königs den Reichswald zu verwalten hatte.

Wie alle Dörfer um Nürnberg hatte auch Tennenlohe immer wieder unter schlimmen Kriegszeiten zu leiden. Aus dem ersten Markgrafenkrieg wird berichtet, dass der Markgraf, als er mit seinem „ganczen heer” von Norden kam, „vil Dorffer” abbrennen ließ, „von Pruck (= Bruck) bys herein gen Puch (= Buch). Eines dieser Dörfer war von der Lagebeschreibung her sicher auch Tennenlohe.

Im zweiten Markgrafenkrieg ließ der Markgraf Albrecht Alkibiades, der von seinen Zeitgenossen „fürstlicher Mordbrenner” genannt wurde, am 13. Mai 1552 neben zahlreichen weiteren Ortschaften des Knoblauchslandes auch Tennenlohe einäschern. Die „Markgräflichen” zündeten an mehr als zwölf Stellen den Reichswald an, der fünf Tage lang brannte.

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© Foto: Stadtbibliothek Nürnberg

Den Bauern gegenüber verhielt sich der Markgraf so bestialisch, dass selbst Kaiser Karl V. seine „tierische, unchristliche und türkische“ Kriegsführung scharf verurteilte. Schlimme Zeiten brachte dann nochmals der dreißigjährige Krieg mit Einquartierungen, Brandschatzungen und Seuchen. Im März 1628 brach Wallensteinsches Kriegsvolk die Kirche in Tennenlohe auf und plünderte sie aus. Später kam es zu Streifzügen und Erpressungen durch die Forchheimer Festungstruppen, so dass ein geregelter Ackerbau unmöglich wurde. Weitgehend unbeschädigt blieb jedoch das 1609 erbaute Wirtshaus „Zum roten Ross“.

Die Spannungen mit den hohenzollernschen Markgrafen hielten die Jahrhunderte über an. Georg Gärtner berichtet von einem Zwischenfall
am 5. März 1511, als zwei nürnbergische Untertanen in Tennenlohe Hochzeit halten wollten. Um dies zu verhindern, besetzte der markgräfliche Zolleinnehmer zusammen mit dem Amtsknecht und mehreren Bewaffneten die Gastwirtschaft, in der diese Hochzeit stattfinden sollte.

Als die zum Schutz der Hochzeit abgestellten „Einspänner“ (= berittene Stadtsoldaten) die Markgräflichen zum Abzug zu bewegen versuchten, „ist der Amtskommissarius aus Baiersdorf mit einer viermal so starken Schar bewaffneter Mannschaft unter klingendem Spiel herangezogen, griff sofort die Nürnberger an, deren verschiedene, einige gefährlich verwundet wurden, und verjagte sie“.

Dann plünderten sie das Wirtshaus, raubten ein Pferd und schleppten einen gefangenen nürnbergischen
Soldaten mit davon. Immerhin war die Klage des reichsstädtischen Rates erfolgreich: Kaiser Joseph erteilte an den Markgrafen Christian Ernst die Anweisung, „bei Strafe von 20 Mark Goldes, sich hinfüro dergleichen gewalttätiger Ein- und Uebergriffe zu enthalten“.

1796 kam Tennenlohe zum Fürstentum Brandenburg-Bayreuth, 1810 zum Königreich Bayern. Nach der Volkszählung von 1811 lebten in 45 Wohngebäuden 351 Einwohner, 1892 waren es bereits 400 in 72 Häusern. Bis ins 19. Jahrhundert blieb Tennenlohe eine von der Tal-Aue des Hutgrabens durchzogene locker bebaute Streusiedlung, die sich um etwa zehn größere Bauernhöfe gruppierte. Noch heute gibt es vier Vollbauernhöfe
und zwei Nebenerwerbslandwirte. Geschlossen blieb der Dorfkern um die Kirche.

Umrahmt vom Reichswald

Im zweiten Weltkrieg erlitt Tennenlohe am 16. April 1945 durch Beschießung Schäden an der Kirche, und drei Scheunen brannten nieder. Nach dem Krieg setzte eine intensive Bautätigkeit ein, so dass heute der gesamte Bereich zwischen der Weinstraße im Norden, der Bundesstraße 4 im Osten und der Autobahn im Südwesten zu einem nahezu geschlossenen Wohn- und Gewerbegebiet geworden ist. Mehrere bedeutende Firmen haben dort ihren Standort gefunden, wie etwa das Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen sowie das Innovations- und Gründerzentrum Nürnberg-Fürth.

Bei der Eingemeindung Tennenlohes in die Stadt Erlangen 1972 betrug die Einwohnerzahl 2520. Inzwischen ist sie auf etwa 4470 gestiegen. Seit der Truppenübungsplatz geräumt wurde, können auch wieder Wanderer den Wald nördlich des Naturschutzgebietes Böhmlach betreten. Als Attraktion ist das Walderlebniszentrum am Franzosenweg zu empfehlen, wo regelmäßig Führungen angeboten werden. Es ist ein großes Glück für die Tennenloher, dass ihr Ort im Noden und Osten unmittelbar an die grüne Lunge des Sebalder Reichswalds grenzt.

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