Erlangen: Trauergruppe für junge Leute im E-Werk

18.10.2016, 14:30 Uhr
Erlangen: Trauergruppe für junge Leute im E-Werk

© Hans-Joachim Winckler

Schwerstkranke und sterbende Menschen nicht allein lassen — das ist das erklärte Ziel der Hospizarbeit. Doch nicht nur Sterbende brauchen Hilfe, sondern auch diejenigen, die einen Menschen verlieren. Der Erlanger Hospiz Verein bietet Einzelbegleitungen an, hat aber auch betreute Gruppen als Anlaufstelle für Erwachsene und Kinder.

Neu hinzugekommen ist letztes Jahr im Mai die Trauergruppe für Jugendliche und junge Erwachsene – ein Angebot, das in dieser Form bayernweit einmalig ist. Als Treffpunkt hat man das E-Werk gewählt, um die Schwelle für junge Leute so niedrig wie möglich zu halten. Jeden ersten Mittwoch im Monat finden die offenen Treffen statt, Betroffene können also jederzeit hinzustoßen. Ein Team von vier ausgebildeten, ehrenamtlichen Trauerbegleitern gestaltet zusammen mit den Teilnehmern die Abende.

„Das Angebot wird angenommen“, freut sich Marion Pliszewski, 2. Vorsitzende des Hospiz Vereins. Junge Leute zu so etwas zu motivieren, sei besonders schwierig. „Mit Trauer haben sie nicht so viel am Hut“, meint sie. Trauer bedeute, sich verletzlich zu zeigen, während man doch eher cool auftreten wolle. Außerdem sei die Jugendzeit auf Zukunft angelegt. Doch durch den Tod würden auch junge Leute „damit konfrontiert, dass das Leben endlich ist“. Ein Beispiel: Wenn ein Freund bei einem Unfall stirbt, löst dies Gedanken aus wie „das hätte auch ich sein können“ — eine Vorstellung, die lieber verbannt wird.

Der Auseinandersetzung mit Tod und Trauer stellen sich die vier Trauerbegleiter, die mit ihrer Initiative Anlaufstelle für andere sein wollen, immer wieder aufs Neue. Zwei von ihnen sind selbst noch sehr jung, „toll, dass sie sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren“, sagt Marion Pliszewski. Sie selbst empfinden ihre Arbeit als Bereicherung, wie etwa der angehende Lehrer David Ganek (28), der in früheren Jahren auch schon in der Sterbehilfe mitgearbeitet hat. Die 25-jährige Eva-Maria Stelzer wiederum befasst sich über die Gruppe „Trauerwerk“ hinaus derzeit sehr intensiv mit dem schwierigen Thema. Ihre Doktorarbeit im Fach Psychologie macht sie im Rahmen eines Forschungsprojekts über die Trauer von Eltern, die ihr Kind verloren haben.

Für das „Trauerwerk“ suchen die Trauerbegleiter weiterhin nach geeigneten Wegen, präsent zu sein — erst kürzlich haben sie Postkarten mit dem entsprechenden Logo in Kneipen verteilt. „Wir wollen, dass noch mehr Leute davon erfahren“, sagt David Ganek. Inzwischen hat sich eine kleine, feste Teilnehmergruppe etabliert, es gibt aber immer wieder auch Wechsel. So kam eine Jugendliche zum ersten Mal drei Tage, nachdem ihr Vater im Hospiz gestorben war, und blieb danach weg, um sechs Monate später zurückzukehren. Ihr ging es schlecht, sie sei in den letzten Monaten in ein Loch gefallen, erklärte sie.

Alle Teilnehmer, so erzählt David Ganek, müssten sich mit dem Sterben von nahestehenden Menschen auseinandersetzen. Mit den letzten Stunden, so wie ein junger Mann, der miterlebte, wie seine Mutter erstickte und deswegen jetzt in einer Therapie sei. In der Trauergruppe festzustellen, dass andere Ähnliches erlebt haben, könne zusätzlich helfen. Und man könne auch lernen, so Ganek, dem Film im Kopf, der nicht abreißt, etwas entgegenzusetzen. Die schönen Erinnerungen an den verstorbenen Menschen hervorzuholen.

www.trauerwerk-erlangen.de

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