Fürth will um «Jahrhundertchance« kämpfen

5.5.2009, 00:00 Uhr

Wie berichtet, weigert sich einer der Hauseigentümer in der Rudolf-Breitscheid-Straße, noch dazu ein wichtiger, sein Anwesen zu verkaufen. Damit wurden rund eineinhalb Jahre währende Planungen praktisch obsolet - und die eingereichten Architektenentwürfe auch. Irgendwie passte es in die Situation, dass die Wettbewerbsjury keinen ersten Preis vergab, sondern nur zwei zweite und einen dritten Preis.

Dennoch geben Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD), Wirtschaftsreferent Horst Müller (CSU) und Stadtbaurat Joachim Krauße nicht auf. Schließlich fließe nach wie vor jährlich Kaufkraft in Höhe von über 100 Millionen Euro von Fürth nach Nürnberg ab, weil die Innenstadt zum Einkaufen zu unattraktiv sei, so Jung. Das City-Center könne den Bedarf nicht befriedigen, und juristische Auseinandersetzungen zwischen den mehreren hundert Eignern verhindern die dringend nötige Sanierung.

Wirtschaftsreferent Müller bestätigte, dass er für den Fall der Fälle immer an einen «Plan B« gedacht habe. Doch fertige Pläne und einen startbereiten Investor könne er nun nicht aus dem Hut zaubern - auch wenn sich nicht zuletzt aufgrund der Medienberichte über die Entwicklungen in Fürth neue potenzielle Investoren gemeldet hätten. Doch klar ist: «Plan B« wird von den Dimensionen her kleiner ausfallen als die vom bisherigen Investor Sonae Sierra geplanten 25000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Allerdings müsse der Plan immer noch so groß sein, dass ein Einkaufszentrum Sinn macht. Vier Wochen haben sich Sonae Sierra und die Stadt nun gegeben, um über eine Alternativlösung nachzudenken.

Vor dem Bau- und Wirtschaftsausschuss des Fürther Stadtrates scheute sich OB Jung nicht, den verkaufsunwilligen Hausbesitzer mit deutlichen Worten zu überziehen. «Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich wenig Verständnis dafür habe, wenn es in der Hand eines Einzelnen liegt, in dieser Zeit eine Investition von 150 Millionen Euro, die Hunderte von Arbeitsplätzen schafft, zu verhindern.« Leider sei dies von der Rechtsordnung gedeckt. «Für ein Hundeklo kann man enteignen, für eine Investition in dieser Größenordnung nicht.« Er fühle sich an die Diskussion um einen Parkplatz erinnert, den ein Nürnberger Richter für wichtiger erachtet habe als ein Saturn-Elektrokaufhaus, so Jung. Das steht mittlerweile in direkter Nachbarschaft zum Kulturforum - doch erst nach zermürbender Prozessiererei. Und wie damals, so überlegt die Fürther Stadtspitze nun, ob es möglich ist, um ein Objekt herum zu bauen.

Die Vertreter der Parteien im Ausschuss waren sich jedenfalls klar, dass alles versucht werden müsse, um die «Neue Mitte« doch noch realisieren zu können. SPD-Fraktionschef Sepp Körbl nannte die Entwicklung «fast tragisch«, CSU-Kollege Joachim Schmidt sprach von einer «großen Chance«, die vertan worden sei; Dagmar Orwen (Grüne), selbst Einzelhändlerin in der Fürther Innenstadt, sieht die «Neue Mitte« ebenfalls als dringlich an, FDP-Vertreter Kurt Georg Strattner sprach von einer «Jahrhundertchance« und offenbarte, dass er nun leider nicht mehr für das Seelenheil des besagten Hausbesitzers beten könne und FW-Stadträtin Heidi Lau bat OB Jung fast flehentlich, sein «großes Verhandlungsgeschick« zu nutzen, um den Hauseigentümer doch noch umzustimmen - doch der lehne jegliche Kontaktaufnahme ab, wie Jung erklärte.

Was wohl Ludwig Erhard dazu zu sagen gehabt hätte?

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