BGH prüft Urteil im Erlanger Tiefgaragen-Mord

25.11.2010, 11:28 Uhr
BGH prüft Urteil im Erlanger Tiefgaragen-Mord

© Anestis Aslanidis

Zeugen aus dem Ge­fängnis, Aussagen unter Hypnose, eine Ex-Freun­din, die dem Angeklag­ten ein falsches Alibi ver­schaffte, für ihn log und sich im Gerichtssaal ver­haften ließ — der Prozess um den Mord an Susan­ne M. im März 1999, elf Jahre nach der Tat, hatte das Zeug zum Fernseh-Krimi. Mit seinem Urteils­spruch im Januar 2010 folgte die Schwurge­richtskammer des Land­gerichts Nürnberg-Fürth nach mehrmonati­ger Hauptverhandlung nicht der Argumentation der Staatsanwaltschaft.

Der Ankläger zeigte sich überzeugt, dass der Angeklagte mit dem Mord an Susanne M. den sexuellen Missbrauch an seiner Tochter vertu­schen wollte. Doch der Angeklagte wurde aus Mangel an Beweisen, getreu dem Grundsatz „In dubio pro reo“ — im Zweifel für den Angeklagten — freige­sprochen. Es fehle an einem Tatnach­weis und einem nachvollziehbaren Motiv, sagten die Richter und verur­teilten den Angeklagten lediglich wegen des sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter zu vier Jahren Frei­heitsstrafe. Folgt bald die Fortsetzung?

Nun erhielten die damaligen Prozessbetei­ligten, Oberstaatsanwalt Wolfgang Gründler, Opferanwältin Andrea Kühne und Strafverteidiger Peter Doll eine Ladung zum Termin vor dem 1. Strafsenat des BGH in Karls­ruhe. Dies heißt jedoch nicht, dass am 1. Februar 2011 der Mordfall an Susanne M. automatisch neu aufge­rollt wird. Hintergrund ist vielmehr der Umstand, dass die Staatsanwalt­schaft, die Nebenklage und daraufhin auch die Verteidigung gegen das Ur­teil des Nürnberger Schwurgerichts Revision eingelegt hat. Die Anklagebe­hörde hatte ihr Rechtsmittel damit begründet, dass in der Urteilsbegrün­dung des Schwurgerichts Indizien widersprüchlich und lückenhaft ge­würdigt wurden.

Zum Verständnis: "Revision" meint die bloße Prüfung der Rechtsfragen, ohne Beweisaufnahme. Am Ende könnte der Fall jedoch zur erneuten Verhandlung an das Landge­richt zurückverwiesen werden. Rein statistisch betrachtet ist dies jedoch unwahrscheinlich: 83 Prozent aller Revisionen werden von den obersten Richtern des BGH verworfen. Etwas Besonderes ist die öffentliche Verhandlung im Februar gleichwohl: Normalerweise wird über eine Revi­sion nämlich schriftlich entschieden, die Prozessbeteiligten werden nicht geladen. Anders ist dies, wenn die An­klagebehörde Revision einlegt: Dann muss mündlich verhandelt werden, wie die Strafprozessordnung vor­schreibt.