3. Februar 1967: Die Weiber regierten

3.2.2017, 07:00 Uhr
3. Februar 1967: Die Weiber regierten

© Kammler

Schon am frühen Morgen zogen sie bunt kostümiert los, überfielen Geschäftsleute, Vereins-Vorstände und Rathaus-Größen, fesselten ungeniert Staatsbürger in Uniformen. Erst spät in der Nacht beendeten sie das turbulente Treiben und kehrten zu Ehemann und Kindern nach Hause.

3. Februar 1967: Die Weiber regierten

© Gerardi

Im Sturm nahm der weibliche Elferrat der Karnevals-Gesellschaft "Gelb-Rot" Noris Badensia die Standort-Kommandatur in Erlenstegen. Angeführt von ihrer Präsidentin Barbara Sörgel, kletterten die Frauen durch ein Parterre-Fenster im Garten und besetzten alle Zimmer der exclusiven Villa. Verzweifelt versuchte Major Gerd Wolf, die weibliche Brigade mit Feuerwerkskörpern aufzuhalten. Doch vergebens. Er wurde ebenso verhaftet, wie der Kommandeur des Verteidigungs-Kreiskommandos 632, Oberstleutnant Wilhelm Schoepf.

In Anbetracht der vielen Teppich-Klopfer, mit denen die "Gelb-Roten" auf ihre Opfer einschlugen, gab der Standortälteste jeglichen Widerstand auf. Bereitwillig ließ er sich abführen. Dabei stimmte er den Gefangenenchor an. Im Panzerschrankraum, wo Oberfeldwebel Günter Hopf um seine geheimen Pläne bangte, wurde der gesamte Stab eingesperrt. Erst mit Sekt und Bier konnte er sich wieder freikaufen. Frohlockte der Oberstleutnant bei einem vergnügten Tänzchen: "Alles aus eigener Tasche bezahlt".

Humor, Entschlußkraft und Tatendrang bewies auch die "Konkurrenz" von der „Alten Großen Nürnberger Karnevals-Gesellschaft 1904“ beim Sturm auf das Rathaus. Kurzes Federlesens machten Präsidentin Grete Bohneberg und ihre Begleiterinnen mit Bürgermeister Franz Haas. Der OB-Stellvertreter hatte sich hinter einer Strohpuppe verschanzt. Auf einem Pappschild stand zu lesen: "Als Vogelscheuche verbiete ich den Zuflug von gräßlichen Vögeln und kreischenden Weibern".

Als Franz Haas zur Schere griff, war er ehrlich überrascht: zum Vorschein kam seine Frau Friedel, die ihn um 7 Uhr heimlich verlassen hatte und seitdem als Vogelscheuche verkleidet vor dem Dienstzimmer ihres Gatten ausharrte. Als Ersatz für ein Küßchen („heute nicht“) erhielt er von der Elferrats-Präsidentin ein hohes Lob: "Franz, ich gratuliere dir zu so einer Frau". Dann machte der Elferrat kehrt, besuchte viele liebe Bekannte und stürmte am Abend in den "Deutschen Hof", wo die traditionelle Weiberfastnacht der AK 04 beschwingt über die Bühne ging.

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