Allein unter Männern: Die einzige Frau beim USK

6.1.2010, 00:00 Uhr
Allein unter Männern: Die einzige Frau beim USK

© Michael Matejka

Schränke, Betten, ein Tisch. Die Unterkunft in der Kornburger Straße ist aufs Wesentliche reduziert. Andrea Heindls Zimmer hat den spröden Charme einer abgewohnten Jugendherberge. Sie hat das obere von zwei hölzernen Stockbetten bezogen. Das andere ist verwaist. Im Gegensatz zu ihren Kollegen muss Heindl ihr Zimmer mit niemandem teilen. Das ist das einzige Privileg, das die 21-Jährige genießt. Wobei das Einzelzimmer nicht nur Vorteile hat. «Allein ist es immer so langweilig.«

«Ich wollte nie etwas Besonderes sein.«

Andrea Heindl ist groß, schlank und blond. Die Haare reichen ihr bis zum Kinn. Sie trägt ihren dunkelblauen USK-Overall. Während des Interviews sitzt sie im Büro ihres Chefs. Als ihr Heinz Prießmann, der Leiter des Unterstützungskommandos (USK), etwas zu trinken anbietet, wirkt sie ein wenig verlegen. Vom Chef bedient zu werden, ist im hierarchisch organisierten Polizeiverband die Ausnahme.

Heindl selbst ist eine Ausnahme. Sie ist es wider Willen. So ganz wohl ist ihr nicht dabei, in den Mittelpunkt gerückt zu werden. «Ich wollte nie etwas Besonderes sein.« Jetzt ist sie die einzige Frau in einer Männerdomäne, beim über 120 Mann starken USK der Bereitschaftspolizei. Seit Februar gehört sie zu der Sondereinheit, die Festnahmen durchführt und Beweise sichert, die bei brenzligen Demos, riskanten Fußballspielen oder Razzien im Einsatz ist. «Als junger Mensch will man doch etwas Action haben«, meint sie. Alles, nur keinen Bürojob.

Heindl fühlt sich wohl in der Männerwelt

Es drängt immer mehr Frauen zur Polizei. Doch in Sondereinheiten und in der Führungsetage kommen die wenigsten an. Die Zahl der Bewerberinnen für das Unterstützungskommando geht gegen null. Für 2010 hat sich keine einzige Frau beworben. «Ich sehe kein Land«, sagt Prießmann. Er sagt es bedauernd. Er findet, dass seine Truppe ein paar Frauen vertragen könnte. Trauen sich die Frauen nicht? Wenn Männer unter sich seien, dann gehe es rauer zu. «Ich denke schon, dass das für viele abschreckend ist«, vermutet Heindl. «Für Zartbesaitete ist das jedenfalls nichts.« Und für sie? «Ich hatte Angst davor, nicht akzeptiert zu werden. Aber das ist überhaupt nicht eingetreten«, sagt Heindl erleichtert.

Am Anfang hielten ihr die Kollegen noch die Tür auf. Die Höflichkeitsgesten gaben sich schnell. Heindl fühlt sich wohl in der Männerwelt. « Ich habe früher schon nur mit Jungs gespielt«, erzählt sie und grinst. «Ich bin hier gefordert wie die anderen auch.« Sie wuchtet die schweren Kisten mit Ausrüstung in den Polizeibus oder lädt die Ramme ein. «Der Zugführer achtet darauf, dass ich nichts Besonderes bin.«

Beim Fitness-Training wird kein Unterschied gemacht

Fitness zählt viel beim USK. Der Aufnahmetest bringt viele Bewerber an ihre körperlichen Grenzen. Für Frauen ist er schwerer, weil zwischen den Geschlechtern kein Unterschied gemacht wird. Nicht beim Laufen, Bankdrücken, nicht bei den Klimmzügen. «Jeder muss dieselbe Anzahl machen«, sagt die 21-Jährige. Heindl trainierte hart, um den Test zu bestehen. Richtig an die Substanz ging die fünf Monate dauernde Ausbildung im USK-Nachwuchszug. Bepackt mit schwerer Ausrüstung, mit Schutzwesten, die mit Platten beschwert wurden, alles in allem mit 15 Kilogramm Gepäck am Körper, ging es zum Beispiel die Steintribüne treppauf und treppab.

Neben theoretischem und taktischem Wissen wurde die Fitness auf Vordermann gebracht. Heindl plagte sich. «Ich wollte nicht, dass die anderen wegen mir etwas nicht schaffen.« Abends, als sie Bett lag, spürte sie ihren maladen Körper. «Dir tut alles weh.« Den anderen geht es genauso. Das schweißt zusammen. Heindl stammt aus einem Dorf in der Oberpfalz mit gerade mal 600 Einwohnern. Sie wuchs mit drei Schwestern auf und machte ihre mittlere Reife an einer Klosterschule. War’s dort so schlimm, dass sie die Mädchenwelt mit der Männertruppe tauschen wollte? «Jungs führen nicht diesen Zickenkrieg«, meint sie nur.