Bedrohter Nebenkläger, verängstigte Zeugen

22.2.2011, 12:30 Uhr
Bedrohter Nebenkläger, verängstigte Zeugen

© Weigert

Am Dienstag wurde das Überwachungsvideo gezeigt, das die Tat des 24-jährigen Angeklagten Peter R. belegt. Schon zuvor hatte er vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eine Rangelei im U-Bahnhof Plärrer Ende April 2010 eingeräumt. Allerdings bestritt er, gegen den Kopf des 17 Jahre alten Opfers getreten zu haben. Dieser wurde bei dem Vorfall lebensgefährlich verletzt und fiel ins Koma.  

Der Richter hielt zu Beginn des Prozesstages eine kurze Rede, kam dabei auch darauf zu sprechen, wie Linksautonome das Haus und die Kanzlei von Peter R.s Verteidiger mit Farbbeuteln attackierten.

Doch die Verhandlung vor Gericht zieht viel weitere Kreise: Inzwischen wurde auch der Nebenkläger von Rechtsextremisten bedroht. Und drei Zeugen sind nach dem vielen Trubel um den Prozess so verängstigt, dass sie nicht einmal mehr ihre Personalien öffentlich angeben wollen.

Prozess politisch aufgeheizt

Bereits am Donnerstag hatten Tumulte die Verhandlungen gestört: Im historischen Saal 600 des Nürnberger Justizgebäudes wurden zwei Zuhörerbänke aus ihrer Verankerung gerissen und mehrere Türen beschädigt, berichteten Augenzeugen. In Sprechchören riefen Vertreter der linken Szene minutenlang "Nazis raus" und "Kein Platz für Nazis". Selbst langjährige Justizmitarbeiter erklärten, sie könnten sich an keine so schweren Tumulte in dem Gericht erinnern.

Der Fürther Peter R. soll der rechten Szene angehören, sich im „Freien Netz Süd“ bewegen, einer Verbindung von Neonazis und NPD-Parteigängern, die vom Verfassungsschutz seit Jahren beobachten wird. Das Opfer, so heißt es in einer Erklärung des „Soli-Komitees“, ist Kurde und Anhänger der linken Szene, persönlich kannten sich die Männer bis zu der schrecklichen Tat nicht.


Am 28. April 2010 trafen sie sich zufällig in der Nürnberger U-Bahn: Angeblich äußerte sich das spätere Opfer über die „Thor-Steinar“-Tasche von Peter R.s Freundin – eine Marke, die besonders im rechten Spektrum beliebt ist. Kampfsportler Peter R. soll daraufhin „aus Hass auf die linke Szene und aus Verärgerung über die Kritik“, wie die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung formuliert hatte, zugeschlagen haben. Er attackierte den jungen Mann angeblich mit Faustschlägen und Fußtritten.

Starker Polizeischutz

Bedrohter Nebenkläger, verängstigte Zeugen

© Eduard Weigert

Höhepunkt der brutalen Prügelorgie: Als das Opfer am Boden lag, soll ihm R. mit dem Fuß ins Gesicht getreten haben. Der Staatsanwalt wirft dem Angeklagten versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Beleidigung vor.

Der Kampfsportler aus der Neonaziszene war nach der Tat erst geflüchtet und hatte sich einen Tag später selbst der Polizei gestellt. Wegen des möglicherweise politischen Hintergrunds der Tat ist die Stimmung in der örtlichen Linkenszene aufgeheizt. Die Verhandlung findet unter starkem Polizeischutz statt.

Um die Geschehnisse an jenem Mittwochmittag aufzuarbeiten, hat das Gericht fünf Verhandlungstage angesetzt, mit mehr als 20 Zeugen und zwei Sachverständigen. Ein Urteil wird für den 3. März erwartet.