Der Herr des kleinen Unterschieds

5.5.2008, 00:00 Uhr
Der Herr des kleinen Unterschieds

© Aslanidis

Das jetzige Rundfunkmuseum in der Fürther Kurgartenstraße ist in der einstigen Verwaltungszentrale des Grundigkonzerns untergebracht. Wo nun die Cafeteria liegt, residierte Max Grundig selbst. Es hat also eine gewisse Konsequenz, wenn man einen der bedeutendsten deutschen Manager der Akustik- und Unterhaltungsindustrie genau in den Räumen ehrt, wo er einmal wirkte und wo man heute der Geschichte jener Apparate gedenkt, die er produzieren ließ. Zur Ehrung ist Anlass, denn Max Grundig wäre am 7. Mai 100 Jahre alt geworden. Deswegen trägt die Ausstellung den schlichten Titel «Happy Birthday, Max Grundig».

Die Geburtstagspräsentation ist von angenehmem Understatement. Sie versteckt Biografie und Unternehmensgeschichte quasi zwischen all den technischen Exponaten des Museums. Wie bei einer Schnitzeljagd entdeckt der Besucher über vier Stockwerke hinweg immer neue Stationen von Grundigs Lebens- und Werkshistorie und sieht sich mit den vielfältigen Produkten konfrontiert, die in seinen Fabriken gefertigt wurden.

Im Treppenhaus zum Beispiel dokumentieren Fotos die Architekturgeschichte der Unternehmensstandorte. Ohne Protzerei, mit nahezu verblassten Konturen, erzählen Transparente vom Aufstieg des Konzernherrn, von seiner Kreativität, von der Verbreitung der Fabrikate. Der Niedergang wird verständlicherweise diskreter behandelt. Zeitzeugen kommen in Video-Einspielungen zu Wort. Kopierte Zeitungen und Illustrierte gewähren Einblicke in die Zeitgeschichte. Es gibt sogar kleine Rauminszenierungen des Alltagslebens in den 50er oder 60er Jahren.

Im Sonderausstellungsraum der 5. Museumsebene trifft man sie dann geballt an, die kultischen Rundfunkgeräte von Grundigs Fließbändern: den «Heinzelmann» im Gipsgehäuse als Bausatz zum Selberbasteln, den schweren Musikschrank mit Plattenspieler unter dem Radiodeckel und all die wuchtigen Radioempfänger mit ihren magischen Augen, leuchtenden Skalen und geheimnisvollen Senderaufschriften wie Hilversum oder Beromünster.

Karin Falkenberg hat als Kuratorin der Ausstellung keine kritische Schau zur deutschen Industriegeschichte ausgebreitet. Aber ihr ist eine sympathisch fränkische Hommage an einen Unternehmer gelungen. An einen Unternehmertypen, der derzeit ausstirbt. Das zeigte sich an der Emotionalität, mit der Grundigs langjähriger Chefsekretär Rolf Heinlein beim kleinen Festakt zur Ausstellungseröffnung seines einstigen Arbeitgebers gedachte. Das zeigte sich auch in der Bilanz, die Karl-Heinz Kleinschnittger von der Max-Grundig-Stiftung zog. Trotz Niedergang und Insolvenz ist die Marke Grundig noch in der Welt, auch wenn unter ihrem Label heute in der Türkei produziert wird. Und immer noch finanziert die Stiftung medizinische Forschung.

Mit Max Grundig ist von Fürth keine Heuschrecke ausgeflogen. Vielmehr war da einer kreativ und hat etwas geschaffen, was bis heute geblieben ist. Im Rundfunkmuseum kann man ihn bis zum 19. Oktober getrost zwischen seiner Technik suchen.

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