Der Mensch lebt nicht von der Wurst allein

30.12.2011, 18:21 Uhr
Der Mensch lebt nicht von der Wurst allein

© Joachim Sobczyk

  Was macht eigentlich Schorsch Boggnsagg? Über zehn Jahre hat man nichts gehört von dem mumpfligen Metzger mit Laden in Schweinau. Und nun das: Boggnsagg lebt in Scheidung und betreibt mit seiner neuen Flamme Tanja Dremmel (Kornelia Lüdorff) einen Wurst-Wohlfühl-Counter im toten Winkel einer riesigen Shopping-Mall. Obacht: Und die steht auch noch in Fürth.

Viel schlimmer kann’s also nicht mehr kommen für Bernd Regenauers 1996 erstmals im Radio präsenten Metzgermeister Boggnsagg, der es schon vor elf Jahren auf die Bühne des Stadttheaters schaffte. Damals noch mit anderem Konzept: Mit viel Tempo wurden kurze Sketche nacheinander abgefeuert.

Dieses Mal hat sich der Kabarettist eine Story ausgedacht, inszeniert hat sie Regisseur Jürg Schlachter (sic!): Boggnsagg, natürlich von Regenauer selbst verkörpert, ist mit den Gegebenheiten im Einkaufstempel überfordert. Gleichzeitig zum Fleisch muss er in seiner neuen Postagentur auch noch Briefmarken verkaufen, denn der Mensch lebt nicht von der Woschd allein. Im Nacken sitzt ihm außerdem Mall-Manager Herr Limburger (Ercan Karacayli) und fordert schlappe 40000 Euro, die der schockierte Schorsch innerhalb von vier Wochen abzuliefern hat... Ob und wie er das schafft, davon handelt „Hirn reloaded“ — und das ist entschieden zu wenig. Über zweieinhalb Stunden (mit Pause) trägt die Geschichte schlichtweg nicht. „Darf’s a weng mehr sein?“ gilt eben nicht für alle Lebenslagen. Eine gute Stunde kürzer wäre das Ganze eine runde Sache ohne Redundanzen geworden.
 

Irgendwie sympathisch


Denn irgendwie ist er einem ja sympathisch, dieser bodenständige Boggnsagg, der sich nicht nur mit durchgeknallten Kunden rumschlagen muss. Etwa dem nationalkonservativen Beamten Erwin Nüsterlitz (Knut Fleischmann, sic!). Oder mit Öko-Trine Clarissa Taubertal und Event-Managerin Valerie Dupont (beide Julia Kempken), die eine wie die andere ziemlich überkandidelt.

Autor Regenauer hechelt dabei alle Themen durch, die schon zuhauf verarbeitet wurden (auch von ihm selbst, etwa in den Nützel-Programmen): Wellness, Bachblüten, Schwingungsgeschwafel; Denglisch, Technikwahn, das Event, das kein End nimmt. Da sind gute Gags dabei, keine Frage. Aber vieles wird unnötig ausgewalzt, nicht nur die ständigen Verballhornungen der Nachnamen (Limburger mutiert zum Edamer und Obatzdn).

Wie gesagt, Sitzfleisch braucht man in dieser Metzgerei schon, aber das Bühnenbild (Andrea Loewen), Einfälle wie das Vor- und Zurückspulen der Szene und der Einsatz von Videoanimationen (Roger Libesch) trösten über manche Länge hinweg. Für Fans gibt’s außerdem ein spaßiges Wiederhören mit „Tschuldigung“ Herrn Metz (Uwe Stiller), der mehrfach reinschneit und fragt, ob so absurde Dinge wie Sattelschlepper für Rennpferde vorrätig seien: „Hätt ja sei könner, dann Adee!“. Ach ja, die Kult-Frage „Wou issn is Hirn?“ wird natürlich auch geklärt. Immer noch da wo’s hie ghörd.

Termine bis 25. Januar und dann wieder im Juni, Kartentelefon 0911/9742400