Ein Goldregen für die Region

20.9.2009, 00:00 Uhr

Claudia Losch

Der Weg zu Claudia Losch führt übers Internet. Hier findet man eine Werbeagentur mit gleichem Namen. Und umfangreiche weitere Nachfragen ergeben, dass sich dahinter wirklich die zehnfache deutsche Meisterin verbirgt. Die 50-jährige Kugelstoß-Olympiasiegerin von 1984 lebt in Nordstemmen in der Nähe von Hildesheim. Hier trainiert sie Kindergruppen des örtlichen Vereins.

24 Jahre alt war die nervenstarke Leichtathletin aus Wanne-Eickel, als sie in Los Angeles mit 20,48 m und einem Zentimeter Vorsprung vor der Rumänin Mihaela Loghin Kugelstoß-Gold gewann. «Mir wäre lieber gewesen, wenn die gesamte Weltelite am Start gewesen wäre», meint sie im Rückblick.

Barcelona 1992 sollte nochmals zu einem Höhepunkt werden. Doch nach enorm guten Trainingswerten sorgte eine eingerissene Plantarsehne unter dem rechten Fuß für das vorzeitige Ende ihrer Laufbahn. Die Athletin, die in der Zeit zuvor nach Bandscheibenvorfällen, Muskelrissen und einer Knieoperation stets den Anschluss an die Weltelite wiedergefunden hatte, hatte nach über zehn Jahren Hochleistungssport genug von der Fronarbeit auf dem Trainingsplatz. «Mein Körper will nicht mehr. Der Verschleiß ist zu groß», sagte sie bei ihrem Abschied. Wichtig ist ihr auch heute noch eine Aussage: «Ich habe nie gedopt. Alle meine Leistungen sind stets ohne Anabolika-Hilfe zustandegekommen.»

Stolz ist Claudia Losch nicht nur auf ihre sportlichen Erfolge, sondern vor allem auf die Auszeichnung mit dem Rudolf-Harbig-Preis 1990, den der Deutsche Leichtathletikverband für vorbildliche Haltung und Leistung verleiht.

An ihre Fürther Zeit erinnert sie sich gerne. «Dort herrschte eine familiäre Atmosphäre, der Verein unterstützte mich nach Kräften.»

«Der Sport ist für mich Vergangenheit. Er hat mir viel gebracht, ich habe die Welt kennengelernt, habe mir die Fähigkeit angeeignet, mein Leben zu planen. Vermissen möchte ich aber die Leichtathletikjahre auf keinen Fall», sagt sie.

Pasquale Passarelli

Der heute 52-jährige Pasquale Passarelli schrieb mit seinem Olympiasieg Ringergeschichte. Sein Kunststück, im Bantamgewichtsfinale (griechisch-römisch) gegen den japanischen Weltmeister Masaki Eto eine 8:3-Führung in den letzten anderthalb Minuten mit einer fast unmenschlichen Kraftanstrengung in der Brücke auf Kopf und Füßen verteidigen zu können, hat diesen Kampf legendär werden lassen.

Nach einem klassischen Hüftschwung des Japaners, war seine Position eigentlich hoffnungslos, da sein Gegner ihm Arm und Kopf einklemmte. Eto erhöhte in der Schlussphase den Druck, quetschte dem Deutschen, der seine letzten Kräfte mobilisierte, fast den Brustkorb ein. Nach 85 Sekunden in dieser prekären Lage nutzte Passarelli fünf Sekunden vor dem Ende eine kurze Entspannung des Japaners und konnte sich ruckartig auf den Bauch drehen.

Der Sohn italienischer Eltern, die 1963 als Gastarbeiter nach Ludwigshafen kamen, hatte mit elf Jahren mit dem Ringen begonnen, in dem es auch seine Brüder Thomas als neunfacher deutscher Meister und Claudio als Weltmeister 1989 zu bemerkenswerten Erfolgen brachten. 1981 wurde Pasquale Welt- und Europameister, errang zwischen 1978 und 1984 sechs deutsche Titel. 1982 schloss er sich der SV Johannis 83 Nürnberg an. 1988 kehrte Passarelli zu seinem Stammverein KSV Wiesental zurück. Als Funktionär und Trainer in Kirrlach, Berghausen und Karlsruhe war Passarelli ab den Neunzigerjahren tätig, kümmerte sich um die Jugendarbeit.

Im November 1986 bestritt er seinen letzten Kampf für die Nürnberger Staffel, stand in der folgenden Saison nicht mehr zur Verfügung, weil er sich die lädierten Arm- und Handknochen operieren ließ. Im Frühjahr 1988 kehrte der damals 31-Jährige zum KSV Wiesental zurück, um sich eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Er wohnte in Waghäusel und ist seit Kurzem als Immobilienmakler in Hambrücken im Kreis Karlsruhe tätig.

Karlheinz Radschinsky

Fünf Wochen vor den Olympischen Spielen in Los Angeles schienen sich alle Träume in Nichts aufzulösen: Gewichtheber Karlheinz Radschinsky hatte sich einen Muskelfaserriss im Rücken zugezogen. Die Sportmediziner machten dem Athleten wenig Hoffnung. Doch eine 14-tägige Intensivbehandlung und unter starken Schmerzen absolvierte Trainingseinheiten vollbrachten das Wunder: Der Mittelgewichtler aus Postbauer-Heng konnte zum Höhepunkt seiner Karriere antreten.

Der ehemalige Elektromechaniker und Inhaber eines Fitnessstudios in Lauf/Pegnitz ging nervös in den Wettkampf. Beim Aufwärmen hatte er nur 135 kg geschafft. «Das war ein Schock», erzählt er. Doch als es ernst wurde, war er auf die Minute topfit. Mit 150 kg im Reißen verschaffte er sich 2,5 kg Vorsprung vor seinen schärfsten Konkurrenten. Er wollte eigentlich mehr auflegen lassen und den deutschen Zweikampf-Rekord von 352,5 kg verbessern, doch die Bundestrainer rieten ab. Im ersten Stoßversuch vergrößerte er den Abstand auf fünf kg, doch dann begann das Zittern. Die nächsten beiden Anläufe, in die Nähe seiner damaligen Bestleistung von 205 kg zu kommen, scheiterten. Aber auch die Konkurrenten konnten sich nicht steigern. Mit einem Riesen-Luftsprung feierte Radschinky die Goldmedaille, von der er schon als 20-Jähriger geträumt hatte.

Der Oberpfälzer hätte eigentlich Schwimmer werden sollen. Sein Vater Heinz, in der Abteilungsleitung der Neumarkter ASV-Schwimmer tätig, wollte, dass er im nassen Element schneller sein sollte. Er schickte seinen 16-jährigen Sohn deshalb zum Krafttraining. Dort wurde sein Talent entdeckt. Bei den ASV-Hebern verdiente er sich die ersten Sporen, im Stützpunkt Oberasbach machte er weitere Fortschritte, bevor er sich dem Bundesligisten MTV Fürth anschloss.

Fortan führte der Athlet aus Postbauer-Heng ein unstetes Leben, tingelte als Kraftprotz durch Diskotheken, brachte aber das Kunststück fertig, sich dennoch auf den Sport zu konzentrieren. 1987 stellte er mit 160,5 im Reißen und 362,5 kg im Zweikampf deutsche Rekorde auf.

Heute betreibt er ein Immobilienunternehmen in Chemnitz und trat bis vor Kurzem bei Seniorenwettkämpfen auf. Der vierfache Vater und dreifache Opa trat noch 2006 für den ASV Neumarkt in der Bayernliga an, brachte als 53- Jähriger bei einem Körpergewicht von 77 kg 240 kg (Reißen 105 kg, Stoßen 135 kg) zur Hochstrecke.

KLAUS WESTERMAYER