Ende einer Ära: Marek Mintal vor dem Abschied vom Club

21.12.2010, 23:00 Uhr
Ende einer Ära: Marek Mintal vor dem Abschied vom Club

© dpa

Fußball ist Lust. Leidenschaft, Temperament, Einsatz. Herz. Und Tore, natürlich Tore. Leidenschaft und Tore, Freude am Fußball: Das ist – Marek Mintal. Seit Max Morlock hat man in Nürnberg keinen Fußballspieler mehr so geliebt wie den Slowaken, der für die jüngere Geschichte seines Vereins steht wie kaum ein anderer: nie aufgeben, in schwärzesten Stunden nicht, nach vorne schauen – mit immer neuer Lust an diesem Spiel. Mit Herz für den Club.

Man kann sich den 1.FC Nürnberg ohne Marek Mintal irgendwie gar nicht mehr vorstellen – und wird es jetzt doch versuchen müssen. Und Marek Mintal ohne Nürnberg? „Gute Frage“, sagt Mintal drei Tage vor Weihnachten im Gespräch mit dieser Zeitung und macht eine kleine Pause – „sehr gute Frage“.

Die Antwort ist aber ganz einfach. „Ich will Fußball spielen“, sagt Marek Mintal. Nicht nur noch für ein paar Monate, und nicht immer nur für ein paar Minuten. Darüber hat er mit seinem Verein, für den er seit siebeneinhalb Jahren spielt, gesprochen. Und der 1.FC Nürnberg hat Marek Mintal, dessen Kontrakt mit dieser Saison ausläuft, einen Anschlussvertrag angeboten – „in einer mit Marek noch abzustimmenden Position“, wie Sportdirektor Martin Bader erklärt.

47 Minuten in 17 Spielen

Ehrenwert findet das auch Mintal – aber seine Position hat er für sich klar definiert. „Ich habe keinen Grund, mit dem Fußballspielen aufzuhören“, erklärt er. Den Jugendtrainer Marek Mintal wird es deshalb beim 1.FC Nürnberg zumindest vorerst nicht geben, nicht ab 1.Juli 2011. Den Spieler Marek Mintal aber auch nicht. „Noch zwei, drei Jahre“, sagt er, will er auf dem Platz stehen – und nicht weiterhin auf der Ersatzbank sitzen.

Marek Mintal hat die Zahl im Kopf: „47 Minuten in 17 Spielen“ – das war seine Einsatzzeit in der gerade abgelaufenen Hinrunde, und obwohl Trainer Dieter Hecking versichert, Mintal sei „in jeder Minute wertvoll“, hat sich keine Position mehr gefunden für diesen außergewöhnlichen Spieler, der seinen Club, als Zweitliga-Torschützenkönig 2003/04, zurück in die Erstklassigkeit schoss und der ein Jahr später der einzige Nürnberger Torschützenkönig der Bundesliga-Historie war. Ohne sein Tor zum 1:1 im Finale gegen den VfB Stuttgart wäre der 1.FC Nürnberg vielleicht gar nicht DFB-Pokalsieger geworden im rauschhaften Sommer von Berlin 2007. Mintal erlebte den Schlusspfiff unter Schmerzen, weil ihn Stuttgarts Fernando Meira böse aus dem Spiel getreten hatte. Er strahlte trotzdem und nahm Meiras Entschuldigung an. Einen „in seinem Naturell unglaublich positiven Menschen“, nannte Trainer Hans Meyer diesen Marek Mintal, der „in seiner Bescheidenheit und seinem Fleiß ein riesiges Vorbild“ sei.

Der Bruch der Karriere, die nach drei Operationen am im September 2005 gebrochenen Mittelfuß immer wieder neu begann, erfolgte, als es ganz und gar nicht danach aussah. Im Frühjahr 2009 schoss Mintal seinen Club mit 17 Toren zurück in die Bundesliga, er glänzte wie zu schönsten Zeiten. Aber der späte Treffer zum 1:2 im ersten Saisonspiel gegen Schalke 04 am 8. August war sein bis heute letztes Bundesligator. Fortan versicherte Trainer Michael Oenning diesen besonderen Spieler seiner besonderen Wertschätzung – und nahm ihn zum Ende der Hinrunde trotzdem wiederholt aus dem Team.

Am 30. Januar dieses Jahres setzte Oennings Nachfolger Hecking auf Mintal, der beim wegweisenden 3:1-Sieg in Hannover stark spielte und das Führungstor vorbereitete. Das nächste kleine Comeback schien perfekt. Aber nur noch zwei Mal unter Hecking stand Mintal anschließend in der Startformation. Man hört im Club nur gute Worte über Marek Mintal, Worte des Respekts, der Anerkennung, des Dankes. „Marek genießt bei uns eine riesige, gar nicht hoch genug zu veranschlagende Wertschätzung“, sagt Sportdirektor Bader; selbst über die außerordentliche Ehre eines Abschiedsspiels im Frankenstadion dachte man zuletzt laut nach.

Aber ein neuer Profivertrag für Mintal stand nie zur Diskussion; die Wertschätzung findet keinen Niederschlag mehr in den sportlichen Planungen, und das ist Mintal natürlich nicht entgangen. Er würde auch nie ein schlechtes Wort über seinen Verein sagen, im Gegenteil. Zum Publikumsliebling ist Marek Mintal auch geworden, weil er die Identifikation mit dem 1.FC Nürnberg vorlebt; für viele junge Spieler ist er ein Vorbild. Die Stadt ist längst die zweite Heimat des Torjägers aus Zilina, hier sind seine Söhne Jakub und Sebastian aufgewachsen, hier fühlte er sich „vom ersten Tag an fantastisch“. „Aber Sie wissen ja selbst, was man in ein paar Minuten Einsatzzeit zeigen kann“, sagt er: „Nichts.“

„Ich bin fit und gesund“

Mintal ist jetzt 33 Jahre alt, da spielt die Zeit nicht mehr für ihn. „Wenn man dann irgendwann ein Jahr lang fast gar nicht mehr gespielt hat, fragen sich andere Vereine doch auch, wo es vielleicht ein Problem gibt“, sagt er, und: „Es ist der Trend, auf 18-, 19- oder 20-Jährige zu setzen – das kann super laufen wie Dortmund oder auch bei uns.“ 22 Punkte, sagt Mintal, „das ist toll, klar“ – aber natürlich auch ein Trend, der in Nürnberg nicht auf ihn zuläuft.

Nur: „Ich bin fit und gesund, ich war nicht verletzt, ich fühle mich sehr gut“ – und bereit für eine neue Herausforderung. „Es gibt ja Vereine, die auf erfahrene Spieler setzen“, sagt Mintal – den FC Augsburg vielleicht, den FSV Frankfurt, den FC Ingolstadt. Es hat zuletzt einige Gerüchte gegeben, mehr noch nicht; und persönlich, versichert Marek Mintal, habe er noch mit keinem Klub gesprochen.

Das tut sein Berater, „und dann sehen wir, was passiert“. Dass es der Abschied vom Club wird, dürfte damit sicher sein, und möglichlicherweise schon im Januar wird Mintal wieder regelmäßig Fußball spielen. „Am liebsten in der Bundesliga“, wie er sagt, „aber warum sollte ich Nein zur zweiten Liga sagen?“ Hauptsache spielen. Vielleicht sogar einmal gegen den 1.FC Nürnberg – richtig vorstellen mag man es sich noch nicht.

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