Erfolg für Neonazis auf dem Weg ins Fürther Rathaus

10.3.2013, 10:00 Uhr
Erfolg für Neonazis auf dem Weg ins Fürther Rathaus

© Günter Distler

Die Liste der Funktionäre und Gründungsmitglieder der „Bürgerinitiative“ liest sich wie das Who-is-who der fränkischen Neonazi-Szene. Stella Ruff, die Vorsitzende, ist nach einem vom Amtsgericht Fürth für das Verfahren angeforderten Bericht des Kommissariats Staatsschutz bei der Kriminalpolizeiinspektion Fürth (liegt der Redaktion vor) seit 2003 als Angehörige der rechtsextremistischen Szene im Raum Fürth bekannt.

Aktuell gehöre sie zum Umfeld des bekannten Rechtsaktivisten Matthias Fischer. Bei zahlreichen Veranstaltungen der rechten Szene trat sie als Rednerin auf.

Tanja Fischer, die zur zweiten Vorsitzenden gewählt wurde, gehört nach Polizeierkenntnissen seit den 90er Jahren zur rechtsextremistischen Szene, wo sie zunächst im Skinhead-Umfeld tätig war und auch Aktivistin der mittlerweile verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“.

Schriftführer Kai Zimmermann wird als einer der führenden Aktivisten des „Freien Netz Süd“ angesehen und ist laut Polizei bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Unter anderem wegen Körperverletzung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt.

Beisitzer Frank Müller verkehrt laut Polizeibericht seit über zehn Jahren in der rechtsextremistischen Szene im Großraum Nürnberg und sei strafrechtlich „erheblich“ in Erscheinung getreten. Unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Zahlreiche „politisch motivierte“ Straftaten

Zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe, die sich laut Satzung um die „Wahrung der Interessen der deutschstämmigen Fürther Bürgerinnen und Bürger“ kümmern will, gehören weitere Aktivisten, die ebenfalls eine lange Geschichte im rechtsextremen Szenario haben und zum Teil lange Haftstrafen verbüßten.

Mit dabei war auch Sebastian Schmauß, der, wie berichtet, für die „Bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg“ im Nürnberger Stadtrat sitzt. Auch er ist mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Versammlungsleiter an diesem Abend war Matthias Fischer. Der hat, wie berichtet, seit Ende der 90er Jahre bis 2009, zahlreiche „politisch motivierte“ Straftaten begangen, die mehrere Freiheitsstrafen zur Folge hatten. Zuletzt wurde er vom Amtsgericht Forchheim wegen Volksverhetzung verurteilt.

Aufgrund dieser Erkenntnisse versagte das Amtsgericht Fürth der Gruppe Anfang Dezember letzten Jahres den Eintrag ins Vereinsregister. Begründung: Der Vereinszweck sei gesetzwidrig und verstoße gegen die verfassungsmäßige Grundordnung.

Der Verein legte Beschwerde ein. Darin argumentierte er, das Amtsgericht mische sich in die Angelegenheiten des bayerischen Innenministeriums ein und spreche ein „vorgezogenes Vereinsverbot“ aus. Kein einziges im Stadtgebiet Fürth verteiltes Flugblatt der „Bürgerinitiative“ sei bisher Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung durch die Ermittlungsorgane gewesen. Der Vorwurf antisemitischer Propaganda sei haltlos

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg, bei dem die Beschwerde landete, kassierte jetzt die Entscheidung des Fürther Gerichts. Sowohl die in der Stadt und im Umland von Fürth verteilten Flugblätter als auch der Internetauftritt der Gruppe mögen zwar geschmacklos und abwegig erscheinen, so das OLG. Sie halten sich laut dem Zivilsenat aber „noch im Rahmen legitimer Meinungsäußerung“.

Urteil endgültig

Auch die Kenntnisse der Polizei würden an der Berurteilung nichts ändern. Und wenn eine Gruppe im Verfassungsschutzbericht erwähnt wird, führe das nicht automatisch zur Verfassungswidrigkeit.

Die OLG-Entscheidung ist endgültig, es gibt kein Rechtsmittel. Im Fürther Rathaus herrscht angesichts der Entwicklung Ernüchterung. Mit dem Eintrag ins Vereinsregister hat die „Bürgerinitiative“ ihre Möglichkeiten mit Blick auf die Kommunalwahlen 2014 deutlich erweitert. Stadt-Pressesprecherin Susanne Kramer: „Wir halten das Urteil für sehr bedauerlich, denn aus unserer Sicht waren die Ablehnungsgründe des Amtsgerichts sehr stichhaltig.“

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