Folklore-Fans hoben die Hand zum „Wolfsgruß“

27.12.2010, 19:00 Uhr
Folklore-Fans hoben die Hand zum „Wolfsgruß“

© Thomas Scherer

Für die Demonstranten, die auf Initiative der Linkspartei vor der Stadthalle gegen die Veranstaltung protestierten, ist das wenig überraschend. Schon im Vorfeld hatten sie auf den rechten Hintergrund der Organisatoren, der nationalistischen „Türk Federasyonu“, aufmerksam gemacht und sich bis zuletzt vehement dafür eingesetzt, dass die Stadt das „Folklorekonzert“ unterbindet.

Doch Rechts- und Ordnungreferent Christoph Maier sah auch nach Rücksprache mit dem bayerischen Verfassungsschutz „keine Hinweise dafür, dass es sich um eine verkappte politische Kundgebung mit volksverhetzendem Inhalt handelt“. Stattdessen versprach der Fürther Ortsverein der „Türk Federasyonu“, der die Halle angemietet hatte, der Stadt eine Art musikalisches Familienfest, bei dem auf türkisch-nationalistische Symbole verzichtet werden sollte.

Ein Versprechen, das allerdings nicht ganz eingehalten wurde. Statt politischer Slogans oder gar Agitation standen in der mit rund 1000 Besuchern gut gefüllten Halle tatsächlich Folklore- und Tanzdarbietungen sowie türkische Volksmusik auf dem Programm. Selbst als Bühnendeko hatten die Veranstalter statt einschlägiger Symbole lediglich die deutsche und türkische Flagge verwendet.

"Was soll das jetzt mit der Partei?"

Doch spätestens bei den für deutsche Ohren schmalzig anmutenden Lobliedern auf die Schönheit der anatolischen Heimat reckten viele Zuhörer die Hand zum „Wolfsgruß“ in die Höhe, dem Zeichen, das Anhänger der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) bis heute verwenden. Sänger Mustafa Yildizdogan stimmte selbst das Wahlkampflied seiner Partei an. Eine Aktion, die nicht bei jedem im Publikum gut ankam: „Was soll das jetzt mit der Partei? Ich bin hier, um Musik zu hören“, meinte etwa Özkan (26). Sein Kumpel Mehmet (21) pflichtete ihm bei.

Denn obwohl Yildizdogan als Haus- und Hofbarde der MHP bekannt ist, heulen längst nicht nur die als „Grauen Wölfe“ bekannten Nationalisten mit, wenn er singt. Yildizdogans Liebes- oder Heimatlieder sind auch auf normalen türkischen Musiksendern zu hören. Zur Unperson macht ihn seine Gesinnung am Bosporus nicht: Wie in Italien oder Österreich sind rechte Parteien auch in der Türkei politisch „salonfähig“.

Daher können Özkan und Mehmet den Protest der Gegner vor den Toren nicht nachvollziehen: „Es geht hier doch nur um Musik und Folklore?“ Ein Eindruck, den Cemal Cetin, Vorsitzender des europäischen Dachverbands der türkischen Föderationen, mit seiner Rede freilich trübte: Erst warf er den Gegnern der Veranstaltung vor, in „überholten Feindbildern aus dem Kalten Krieg verhaftet“ zu sein und bekundete die Verbundenheit der Föderation zur deutschen Rechtsordnung und zu den „alevitischen und kurdischen Brüdern“. Doch dann schwenkte er um und übte ausgiebig Kritik am Europa-Kurs der derzeitigen türkischen Regierung.