Gostenhof ist seit 3300 Jahren bewohnt

21.9.2011, 07:59 Uhr
Gostenhof ist seit 3300 Jahren bewohnt

© Michael Matejka

Als im Herbst 2010 die Pläne für den „Wohnpark Bärenschanzstraße“ mit 108 Mietwohnungen, 18 Reihenhäusern plus Supermarktfiliale und Kindertagesstätte nach dreijähriger Abstimmung endgültig abgesegnet waren, stand im Genehmigungsbescheid, dass auf dem 5000 Quadratmeter großen Areal Ausgrabungen nötig sind. Laut Stadtarchäologe John P. Zeitler vermutete man keine Sensationen auf dem Grundstück, das lange militärisch genutzt wurde und von 1805 bis 1918 als Standort des 1.Reiter-Regiments diente.

Gesucht wurden Überreste des „Bleiweißgartens“ von 1825. Danach fahndeten die Experten aber vergebens, als Mitte Februar 2011 die Arbeiten auf dem Areal begonnen hatten, das die Bayerische Versorgungskammer bebauen lässt. Das sechsköpfige Ausgrabungsteam von Jan Hafner stieß dafür im Bereich der Willstraße nach dem Abtragen der oberen Erdschicht schnell auf viele längliche, helle Muster, die an Pflanzgruben erinnerten.

Umfassend dokumentiert

Für Zeitler drängte sich der Verdacht auf, dass dies Ausläufer einer besonderen Landwirtschaft waren, die genauer untersucht werden mussten. Seit August läuft Teil zwei der Ausgrabungen im hinteren Bereich — und die Vermutungen haben sich bestätigt: Fast 400 Pflanzgruben wurden inzwischen entdeckt und markiert. 80 hat man genauer unter die Lupe genommen und überall sehr ähnliche Wurzelmuster registriert.

Für John P. Zeitler deutet alles darauf hin, dass der Deutsche Orden, der 1208 die Fläche vom König zur Bewirtschaftung seines Klosters (im Umfeld des heutigen Jakobsplatzes) erhalten hatte und um später um 1350 eine Art Monokultur im kleinen Dorf Gostenhof betrieb. Der Fund gilt als bedeutend, weil Vergleichbares in Europa nur in Belgien bekannt sei; Hopfen (wie dort) oder Wein schließt Zeitler allerdings wegen der flachen Wurzeln aus, er tippt auf Meerrettich.

Bis November wird die Suche (auch nach Teilen des Bauernhofs) fortgesetzt, alles umfassend dokumentiert und später publiziert. Zu den herausragenden Fundstücken zählen auch Tonscherben, die aus der Bronzezeit stammen und 3300 Jahre alt sind, so Zeitler. Für ihn der Beleg, dass Menschen schon weit früher als vor 700 Jahren im heutigen Multikulti-Stadtteil gelebt haben.



Im Übrigen sind die Archäologen auch auf einen Veteranen der Automobil-Ära gestoßen: Das ausgebrannte, verrostete Wrack eines DAF-F5-Oldtimers lag in einem Bombentrichter des 2.Weltkriegs. Momentan steht es am Rand des Ausgrabungsfeldes — die gut erhaltene Kühlerabdeckplatte wurde bereits in den Fundus aufgenommen. Für das Wrack hofft man auf das Interesse des Audi-Konzerns; erste Kotakte sind laut Hafner geknüpft. Die Ausgrabungen sollen trotz der Bedeutung der Entdeckungen zügig vorangehen. Man wolle die Bauarbeiten nicht unnötig verzögern, heißt es; im Juli 2012 sollen die ersten Mietwohnungen bezogen werden.

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